Maigret und der Treidler der Providence
nachdem die notwendigen Feststellungen getroffen worden waren, in die vom Ofen am weitesten entfernte Ecke gelegt und provisorisch mit einem braunen Wachstuch von einem der Tische bedeckt, der jetzt seine bloßen Bretter mit ihren auseinanderklaffenden Fugen zeigte.
Der Geruch war unverändert: Gewürze, Stallmief, Teer und billiger Wein.
Und der Untersuchungsrichter, der als einer der unangenehmsten Richter von Epernay galt – ein Clairfontaine de Lagny, der sich etwas auf sein Adelsprädikat einbildete –, putzte sein Lorgnon, mit dem Rücken zum Feuer.
Gleich am Anfang hatte er auf englisch gesagt:
»Ich nehme an, daß Sie es vorziehen, sich Ihrer Sprache zu bedienen …«
Er selbst sprach fehlerfreies Englisch, vielleicht eine Spur zu affektiert, mit einer unnatürlichen Mundstellung, wie man sie bei denen findet, die sich vergeblich bemühen, den Tonfall nachzuahmen.
Sir Walter hatte sich verneigt, langsam auf alle Fragen geantwortet, sich dem Protokollführer zugewandt, der mitschrieb, und von Zeit zu Zeit gewartet, bis dieser nachgekommen war.
Er hatte nur das wiederholt, was er schon bei seinen beiden Gesprächen mit Maigret gesagt hatte.
Zu diesem Anlaß hatte er einen marineblauen Reiseanzug von fast militärischem Schnitt angezogen, dessen Knopfloch nur eine einzige Schleife zierte: die des Verdienstordens.
In der Hand hielt er eine Mütze, deren breites, goldenes Wappenschild das Emblem des Yacht Club de France zeigte.
Es war eine ganz alltägliche Situation: ein Mann, der Fragen stellte. Und ein anderer, der sich jedesmal unmerklich verneigte, bevor er antwortete.
Und trotzdem empfand Maigret eine gewisse Bewunderung, zugleich aber auch eine gewisse Demütigung bei dem Gedanken daran, wie er selbst an Bord der ›Southern Cross‹ eingedrungen war.
Sein Englisch reichte nicht aus, um alle Nuancen mitzubekommen. Aber er verstand zumindest den Sinn der letzten Worte, die gewechselt wurden.
»Ich darf Sie bitten, Sir Walter«, sagte der Richter, »sich zu meiner Verfügung zu halten, bis diese beiden Fälle geklärt sind. Ich sehe mich außerdem einstweilen gehindert, die Zustimmung zur Beisetzung von Lady Mary zu erteilen.«
Eine knappe Verbeugung.
»Habe ich die Erlaubnis, Dizy mit meinem Schiff zu verlassen?«
Und mit einer Handbewegung deutete der Colonel auf die Schaulustigen, die draußen herumstanden, auf die Umgebung, ja sogar auf den Himmel.
»Mein Haus ist in Porquerolles. Ich brauche allein eine Woche, um die Saône zu erreichen.«
Jetzt war es der Richter, der den Kopf neigte.
Sie gaben sich nicht die Hand, aber das war ganz korrekt. Der Colonel sah kurz in die Runde, schien weder den Arzt zu bemerken, der ein gelangweiltes Gesicht machte, noch Maigret, der den Kopf abwandte, und grüßte den Vertreter des Staatsanwalts.
Einen Augenblick später durchmaß er die kurze Strecke, die das Café de la Marine von der ›Southern Cross‹ trennte.
Er ging nicht einmal in die Kajüte hinein. Wladimir war auf der Brücke. Er gab ihm einige Befehle und stellte sich ans Ruder.
Und zur großen Verblüffung der Schiffer sah man, wie der Matrose in seinem gestreiften Sweater in den Maschinenraum hinabstieg, den Motor anwarf und von Deck aus mit einem präzisen Ruck die Haltetaue von den Pollern hochspringen ließ.
Einige Augenblicke später entfernte sich gestikulierend eine kleine Gruppe in Richtung Landstraße, wo die Wagen warteten: Das war die Staatsanwaltschaft.
Maigret blieb allein auf der Uferböschung zurück. Er hatte endlich seine Pfeife stopfen können und steckte seine Hände mit einer vulgären Geste in die Taschen, vulgärer als gewöhnlich, und brummte:
»Also wirklich!«
Mußte er nicht alles wieder von vorn anfangen?
Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft hatte nur einige Details ergeben, deren Bedeutung noch nicht abzuschätzen war.
Zunächst einmal, daß die Leiche Willy Marcos außer den Würgemalen auch Quetschungen an den Handgelenken und am Oberkörper aufwies. Nach den Ausführungen des Arztes mußte man die Hypothese eines Angriffs aus dem Hinterhalt fallenlassen und statt dessen von einem Kampf mit einem Gegner von außergewöhnlicher Kraft ausgehen.
Zum anderen hatte Sir Walter erklärt, daß er seine Frau in Nizza kennengelernt habe, wo sie, obwohl von einem Italiener namens Ceccaldi geschieden, immer noch dessen Namen getragen habe.
Der Colonel hatte sich ziemlich vage ausgedrückt. Seiner absichtlich nicht sehr präzisen Aussage war zu entnehmen,
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