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Maigret und der Treidler der Providence

Maigret und der Treidler der Providence

Titel: Maigret und der Treidler der Providence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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der Jagdhund, der mit vollgefressenem Pansen im Hof herumstrich, lief auf jeden Besucher zu und sprang vor Freude um dessen Beine herum.
    Als er die Tür öffnete, stand der Kommissar dem grauen Pferd des Besitzers gegenüber, das wie immer nicht angebunden war und die Gelegenheit benutzte, im Freien spazierenzugehen.
    Die Stute mit der Wunde an den Knien lag noch immer mit traurigem Blick in ihrer Box.
    Maigret scharrte mit dem Fuß im Stroh, als hoffte er, etwas zu finden, das ihm bei seiner ersten Durchsuchung der Örtlichkeit entgangen wäre.
    Zwei- oder dreimal wiederholte er mißgelaunt:
    »Also wirklich!«
    Und er war fast entschlossen, nach Meaux zurückzufahren, wenn nicht gar nach Paris, um Schritt für Schritt den Weg zu verfolgen, den die ›Southern Cross‹ genommen hatte.
    Es lag alles mögliche herum: alte Zügel, Teile vom Pferdegeschirr, Zaumzeug, ein Kerzenstummel, eine zerbrochene Pfeife …
    Von weitem erblickte er etwas Weißes, das aus einem Heuhaufen herausragte, und ging ohne große Hoffnung darauf zu. Einen Augenblick später hielt er eine amerikanische Matrosenmütze in der Hand, die derjenigen von Wladimir glich.
    Der Stoff war mit Schlamm und Dreck beschmiert und zerknittert, als hätte jemand in allen Richtungen daran herumgezerrt.
    Aber vergeblich suchte Maigret in der Nähe nach weiteren Spuren. Man hatte frisches Stroh an die Stelle geworfen, an der die Leiche entdeckt worden war, um die grausige Erinnerung zu verwischen.
    »Bin ich verhaftet?«
    Er hätte nicht sagen können, warum diese Frage des Colonels ihm wieder in den Sinn kam, als er zur Tür des Pferdestalls zurückging. Dabei sah er Sir Walter wieder vor sich, zugleich aristokratisch und heruntergekommen, mit seinen großen, stets feuchten Augen, seinem ständig halbtrunkenen Zustand, seinem erstaunlichen Phlegma.
    Er rief sich das kurze Gespräch wieder in Erinnerung, das der Colonel und der wichtigtuerische Untersuchungsrichter miteinander geführt hatten, in diesem Schankraum mit den braunen Wachstuchdecken auf den Tischen, den die Magie einiger Intonationen, einiger formvollendeter Gesten für einen Augenblick in einen Salon verwandelt hatte.
    Und er befühlte diese Matrosenmütze, mißtrauisch, mit verschlossenem Blick.
    »Überstürzen Sie nichts!« hatte ihm Monsieur de Clairfontaine de Lagny gesagt und dabei leicht seine Hand berührt.
    Die Gans verfolgte den Grauschimmel auf Schritt und Tritt mit ihrem wütenden Fauchen. Und das Pferd senkte den großen Kopf und schnupperte an den Abfällen, die im Hof verstreut lagen.
    Zu beiden Seiten der Tür befand sich ein Eckstein. Der Kommissar setzte sich auf einen von ihnen, ohne die Mütze oder seine ausgegangene Pfeife loszulassen.
    Vor sich sah er nur einen riesigen Misthaufen, dann eine stellenweise durchlöcherte Hecke und jenseits davon Felder, auf denen noch nichts wuchs, und den Hügel mit seinen schwarzen und weißen Streifen, auf dem eine Wolke, die in der Mitte ganz schwarz war, mit ihrem ganzen Gewicht zu lasten schien.
    Von ihrem Rand fiel ein schräger Sonnenstrahl herab, der funkelnde Lichtflecken über den Misthaufen wandern ließ.
    »Eine reizende Frau«, hatte der Colonel gesagt, als er von Mary Lampson sprach.
    »Ein wirklicher Gentleman!« hatte Willy sich über den Colonel geäußert.
    Allein Wladimir hatte kein Wort gesagt und sich damit begnügt, zu kommen und zu gehen, Vorräte einzukaufen, Treibstoff zu besorgen, die Trinkwasserbehälter aufzufüllen, das Beiboot leerzuschöpfen und seinem Herrn beim Ankleiden behilflich zu sein.
    Auf der Straße ging eine Gruppe von Flamen vorbei, die sich laut unterhielten. Plötzlich bückte Maigret sich. Der Hof war mit unregelmäßigen Steinen gepflastert. Und zwei Meter vor ihm, zwischen zweien dieser Steine, war etwas in den Lichtschein der Sonne geraten und glitzerte.
    Es war ein goldener Manschettenknopf mit zwei Platinstreifen. Solche Manschettenknöpfe hatte Maigret am Vorabend an Willys Handgelenken gesehen, als der junge Mann sich auf seinem Bett zurückgelehnt, den Rauch seiner Zigarette zur Decke geblasen und unbekümmert drauflos erzählt hatte.
    Plötzlich interessierten ihn weder das Pferd noch die Gans noch all die anderen Dinge um ihn herum. Einige Augenblicke später drehte er die Wählscheibe des Telefons.
    »Epernay … Das Leichenschauhaus, ja! … Polizei!«
    Er war so aufgekratzt, daß einer der Flamen, der aus dem Café herauskam, stehenblieb und ihn erstaunt ansah.
    »Hallo … Hier

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