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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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mir doch gedacht«, sagte er. »Also, ich vereinbare den Termin mit dem ZDF. Das wird bestimmt ein Erfolg.« Er griff zum Hörer und beorderte einen Streifenwagen vor das Gebäude. »Man wird Sie nach Hause bringen. Sie hören von mir.«
    Rotfux schien regelrecht vergnügt zu sein. Ich hatte ihn noch nie so strahlen gesehen.
    »Ich hoffe, dass es ein Erfolg wird, Herr Kommissar«, sagte ich und drückte seine kräftige Hand, die er mir entgegenstreckte.
     
    Bereits zwei Wochen später saß ich in der Talkshow beim ZDF. Isabell und die Kinder sahen sich die Sendung natürlich an und ganz Aschaffenburg sprach über mich. Der Andrang bei meinen Audienzen verdreifachte sich. Aus ganz Deutschland reisten sie mit Bussen an, um den König von Aschaffenburg zu erleben, wie ich jetzt allenthalben hieß.
    Außerdem bekam ich Fanpost, ganze Körbe voll. Viele Frauen schrieben mir, die sich in mich verliebt hatten, und einige behaupteten sogar, sie würden mich kennen. Seltsamerweise kam ihre Post aus allen Himmelsrichtungen. Berlin, Hamburg, München, alle größeren Städte waren dabei. Sogar Briefe aus Frankreich gingen ein, aus Straßburg und aus Paris.
    Zunächst freute ich mich einfach über die positive Resonanz. Doch bald begann es in meinem Hirn fieberhaft zu arbeiten. Kannte mich eine der Frauen tatsächlich? Sie hatten Bilder beigefügt, aber ich konnte mich an keines der Gesichter erinnern. Jedoch war etwas seltsam: Die Briefe aus Frankreich konnte ich spielend lesen, obwohl sie auf Französisch geschrieben waren. So merkte ich, dass ich fließend Französisch sprach, was ich bisher nicht gewusst hatte.
    »Vielleicht stammst du aus Frankreich?«, spekulierte Ulrich, als ich ihm das erzählte. »Vielleicht hat sich deshalb bisher niemand gemeldet?«
    Der Gedanke ließ mich nicht mehr los.
    Und etwas Weiteres war seltsam: Der Brief aus Straßburg trug keine Absenderangabe und enthielt kein Bild. Lediglich eine Handynummer war angegeben, unter der ich mich melden sollte, und zwar erst abends nach 23 Uhr. Irgendwie machte mich das neugierig. Zwar fragte ich mich, ob es gut war, mich zu melden. Wer sagte mir, dass es sich nicht um einen üblen Scherz handelte, vielleicht auch um eine Falle, in der ich wieder verschwinden sollte. Dennoch, auch wenn nur eine geringe Hoffnung bestand, etwas über mich herauszufinden, wollte ich es versuchen. Ich war den ganzen Tag unruhig, hätte am liebsten die Uhren in Brenners Haus persönlich mit der Peitsche vorangetrieben, stellte mir vor, wie es wäre, wenn ich die Stimme am Handy tatsächlich kannte.
    Endlich war es so weit. Ich wählte. Zunächst Stille, dann ein Knacken, endlich Tuten, schließlich eine freundliche, jugendliche Stimme: »Hallo!«
    »Hier«, ich hielt inne, »hier König, … hier der König aus Aschaffenburg«, meldete ich mich.
    »Oh, Bertram, bist du es? Ich habe dich im Fernsehen gesehen. Wie geht es dir?«, sagte die Stimme aus Straßburg.
    »Bertram?«, murmelte ich erstaunt.
    »Ja, Bertram, weißt du denn nicht mehr? Das Weingut, unser letzter Urlaub, bevor du verschwunden bist. Ich vermisse dich so!«
    Die Stimme kam mir tatsächlich bekannt vor. Aber ich konnte mich nicht erinnern, jemals Bertram geheißen zu haben. Verzweifelt versuchte ich, etwas aus dem hintersten Winkel meines Gehirns zurückzuholen, ohne Erfolg.
    »Sind Sie sicher, dass Sie mich kennen?«
    »Ob ich sicher bin?« Die junge Frau klang entrüstet. Sie schien meine Frage sehr persönlich zu nehmen, war beleidigt, dass ich sie nicht kannte, konnte sich nicht vorstellen, dass ich gar nichts mehr wusste. Nachdem ich ihr erklärt hatte, dass ich mich nicht einmal an meinen Namen erinnern konnte, sagte sie nur: »Diese Schweine!«
    »Es war also kein Unfall?«, flüsterte ich.
    »Nein, kein Unfall, sie verfolgen uns«, antwortete sie leise. »Ich muss jetzt Schluss machen. Sie sind mir auf den Fersen. Ruf morgen noch mal an.«
    Damit war das Gespräch beendet, das mir mehr Rätsel aufgab, als es Hinweise lieferte.
    Isabell, die das Telefonat mitbekommen hatte, sah mich neugierig an.
    »Und?«, fragte sie. »Kennt sie dich?«
    »Ich weiß nicht, sie nannte mich Bertram.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Ich konnte sie nicht fragen. Sie schien sehr in Eile zu sein.«
    Oskar lag auf dem Teppich im Wohnzimmer und sah mich mit seinem treuen Dackelblick schräg von unten an. Als ich in seine Richtung schaute, begann er erst langsam, dann immer schneller mit dem Schwanz zu wedeln und kam freudig

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