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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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gewünscht, zu Weihnachten zu Hause zu sein, und Gott hat meine Gebete erhört.«
    Da war sie wieder, diese Kraft, die in ihm steckte, und dieser Kampfgeist, der ihn die beiden Stufen an der Eingangstür überwinden ließ, ohne dass man ihn tragen musste.
    Paul und Corinna kamen im Flur auf ihn zu. Er warf sich ihnen förmlich entgegen, riss dabei fast sein Infusionsgestell um, küsste sie beide und ging darauf mit ihnen ins Wohnzimmer.
    »Ich muss mal einen Rundgang durch die Wohnung machen«, sagte er. »Kann mich schon fast nicht mehr erinnern, so lange war ich nicht mehr hier.«
    Zuerst begab er sich ans Fenster auf der Gartenseite. Wie ein Wintermärchen sah der Garten aus. Dick mit Schnee bezuckert waren die Zweige, auf den Pfosten der Zaunpfähle saßen weiße Käppchen und die Kerzen der kleinen Tanne, die ich dekoriert hatte, leuchteten schon.
    »Wunderbar hast du das gemacht, Johann«, lobte er mich. Er hatte sich meinen neuen Vornamen sofort gemerkt, obwohl ich mich selbst noch gar nicht an ihn gewöhnen konnte.
    Anschließend gingen wir durch das Haus, sogar mein Gästezimmer ließ er sich zeigen, bevor er wieder im Wohnzimmer auf die Couch sank.
    »Alles ganz prima«, freute er sich. »Ich glaube, es wird ein sehr schönes Weihnachtsfest.« So schwach er war, seine Augen leuchteten und in seiner Stimme lag so viel Stärke, wie ich es selten bei einem Kranken erlebt hatte.
     
    Ich selbst fühlte mich deplatziert. Wie eine unbarmherzige, eiskalte Hand legte sich der Gedanke an Ulrichs Eltern um meinen Hals, die auch zum Fest kommen wollten. Ich wünschte mich weit weg, in ein fernes, sonniges Land, um seinen Eltern nicht begegnen zu müssen. Bestimmt fanden sie es seltsam, dass ich hier bei seiner schönen jungen Frau wohnte, während er im Krankenhaus lag. Mittlerweile war mir auch klar, weshalb Isabell am Vorabend bis zum Umfallen gekocht und vorbereitet hatte: Ihre Schwiegermutter war im Anmarsch und das versetzte jede junge Frau in Aufruhr. Alles musste perfekt vorbereitet sein, zumal der Mann krank und nur über die Feiertage zu Hause war.
    Währenddessen lag Oskar die ganze Zeit auf seinem Kuschelkissen unter dem Küchentisch und schien von der vorweihnachtlichen Aufregung gar nichts mitzubekommen. Als es dann aber an der Haustür klingelte, war er hellwach und stand mit hoch erhobenem Schwanz in der Eingangshalle. Stimmen kamen den Zugangsweg entlang. Das müssen Ulrichs Eltern sein, dachte ich. Im nächsten Augenblick schoss Oskar zur Tür und bellte.
    »Oskar, komm her!«, rief ich, aber er hörte nicht und sprang Ulrichs Mutter an, die hinter Isabell ins Haus gekommen war.
    »Ihr habt einen Hund?«, fragte Frau Brenner verwundert. »Davon habt ihr ja noch gar nichts erzählt.« Ein gewisser Vorwurf lag in ihrer Bemerkung.
    »Der gehört Johann«, erklärte Isabell, versäumte es allerdings, mich vorzustellen. So stand ich unbeholfen in der Diele und wusste nicht, wo ich meine Hände lassen sollte. Das änderte sich zum Glück, als Ulrichs Mutter ihren dunkelblauen Wintermantel auszog.
    »Darf ich Ihnen behilflich sein?«, bot ich an und griff nach dem Mantel, was sie mit einem dankbaren Lächeln quittierte. »Johann König«, stellte ich mich vor. »Ich nehme an, Ihr Sohn hat Ihnen von mir erzählt.«
    »Ja, er erwähnte etwas«, sagte sie und nahm ihren Hut vom Kopf, sodass ihre schneeweißen Haare zum Vorschein kamen. Sie musterte mich kurz, wobei ich sah, dass Ulrich seine blauen Augen von ihr hatte. Dann eilte sie ins Wohnzimmer, wo ihr Mann noch in voller Montur neben Ulrich auf der Couch saß. Er drückte seinem Sohn gerade die Hand und ich sah, dass er mit den Tränen kämpfte.
    »Nun zieh dich doch erst einmal aus, Vater«, sagte Ulrich. »Das ist übrigens Johann, von dem ich euch erzählt habe. Ich bin froh, dass er Isabell hilft.«
    Ich nahm Ulrichs Vater Hut und Wintermantel ab und trug beides zur Garderobe. Irgendwie war ich froh, für einen kurzen Augenblick allein zu sein. Am liebsten hätte ich Weihnachten bei der Garderobe gefeiert, mich unter den Mänteln verkrochen, einfach geschlafen, bis dieses Fest vorbei war und der Alltag wieder einkehrte.
    Nach dem ersten Trubel der Begrüßung erhob sich Ulrichs Vater wieder, ein stattlicher Mann mit hellgrauen Haaren, dessen dunkelbraune Augen mild und freundlich schauten und überhaupt nicht zu seinem markanten, scharf geschnittenen Gesicht passten.
    »Ich hätte es fast vergessen, wir haben ja noch etwas im Auto«, sagte er und der

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