Mainfall
aber zu verstehen, dass ich mich natürlich auch daran nicht erinnern konnte.
»Am Trevi-Brunnen«, antwortete sie. »Ich kam dort vorbei und habe mich neben dich auf den Brunnenrand gesetzt. Du hast mir vom ersten Augenblick an gefallen. Und noch am selben Abend haben wir uns verabredet.«
»Weißt du, weshalb ich in Rom war?«
»Ich glaube, du wolltest in Rom einen Roman schreiben. Du hast dir überall Notizen gemacht. Aber ich habe nicht viel nachgefragt, denn für mich zählte nur unsere Liebe.«
Ich gab mich damit zufrieden und zog die Bettdecke ein Stück weit über mich. Dann musste ich eingeschlafen sein, meine linke Hand auf ihrem Bauch und mein Bein neben ihrem.
Am nächsten Vormittag fuhren wir in die Stadt.
»Ich werde dir Rom zeigen«, freute sich Gina. »Du wirst alles wiedererkennen und wenn nicht, siehst du es eben mit neuen Augen.«
Ich wunderte mich, wie schnell wir im Zentrum waren. Von der Station Lido Centro etwa eine Viertelstunde mit dem Zug, umsteigen bei der Metrostation EUR Magliana und schon wenig später kamen wir beim Kolosseum wieder an die Erdoberfläche.
»Erkennst du es?«, fragte Gina, als wir Hand in Hand die Metro-Station verließen.
»Ich denke schon«, sagte ich. »Es kommt mir sehr bekannt vor.«
Gina war glücklich darüber, obwohl ich nicht wusste, ob ich das Kolosseum tatsächlich kannte oder nur aus dem Reiseführer, den ich inzwischen über Rom gelesen hatte. Wir mussten fast eine ganze Stunde anstehen, um in das Kolosseum zu gelangen, aber Gina machte das nichts aus. Sie hielt Händchen mit mir, gab mir ab und zu einen Kuss, umarmte und drückte mich immer wieder, sodass die Zeit in der endlos langen Menschenschlange bis zu den Kassen der Arena wie im Flug verging. Dann führte sie mich durch die beiden Etagen des Kolosseums, die für Besucher zugänglich waren. Gina war begeistert von den Überresten dieses antiken Theaters, das mehr als 50.000 Zuschauern Platz bot und in dem vor mehr als 1.000 Jahren Gladiatorenkämpfe stattgefunden hatten.
Den Rest des Tages zogen wir ziemlich planlos durch Rom. Es war mir eigentlich auch egal, was wir besichtigten. Das Forum Romanum und den Palatin durchwanderten wir am Vormittag, die Gässchen der Altstadt bei der Spanischen Treppe am Nachmittag. Zwischendurch aßen wir Pizza, die man in Rom an jeder Straßenecke kaufen konnte. Und abends saßen wir schließlich müde auf der Spanischen Treppe und beobachteten die Touristen, die sich hier versammelt hatten.
Gina hatte ihre Sandalen ausgezogen und entspannte ihre hübschen Füße an der frischen Luft. Es war noch angenehm auf den Stufen, welche die Wärme des Tages gespeichert hatten. Oberhalb der Treppe, auf der Piazza Trinità dei Monti, boten Maler ihre Bilder feil oder versuchten, Kunden für Porträts zu finden. Von dort ging der Blick über die Kuppeln der Stadt und ich spürte, dass ich hier etwas näher am Herzen der Erde war als anderswo.
»Hast du keine Angst, dass dich jemand erkennen könnte?«, fragte ich Gina leise.
»Eigentlich nicht«, sagte sie und rückte ihre dunkle Sonnenbrille zurecht. »Aber du hast recht, vielleicht sollten wir jetzt lieber gehen. Es ist schon reichlich spät.«
In der Metro fiel sie mit ihrer Sonnenbrille überhaupt nicht auf, da viele Römer eine trugen. Ich fragte mich, ob alle fremdgingen oder warum sie im Neonlicht der U-Bahn ihre Brillen trugen.
Am nächsten Tag besuchten wir die Katakomben.
»Wir nehmen einen Picknickkorb mit«, verkündete Gina begeistert. »Es wird dir dort sicher gefallen.«
Ich wusste zwar nicht, was mir an den Katakomben so gefallen sollte, diesen unterirdischen Höhlengräbern, aber ich wollte mich gern überraschen lassen.
Gegen 11 Uhr am Vormittag erreichten wir mit dem Bus der Linie 1 die Piazza dei Navigatori und gingen von da an das letzte Stück zu Fuß zu den Katakomben der Domitilla. Schon von Weitem waren Reisebusse zu sehen. Also wussten wir, dass wir richtig waren.
Wir hatten Glück. Gerade als wir den Eingang der Katakomben erreichten, begann eine deutschsprachige Führung.
»Wenn Sie schnell hinuntergehen, kommen Sie noch mit. Ihren Korb können Sie hier abstellen. Der behindert Sie unten nur«, sagte das Mädchen an der Kasse.
Wir beeilten uns und standen wenig später mitten in einer Touristen-Gruppe aus dem Rheinland.
»Dat wär für mich abber zu eng«, witzelte ein besonders dicker, älterer Herr, als er die schmalen Grabnischen in den Gängen der Katakomben sah, die
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