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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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kletterte den Hang hinauf und trat wieder auf den Felsen. Er wußte dabei ganz genau, daß er einer Rückkehr zu dem Dorf auswich. Als er zu der Kante kroch, sah er, daß dichter Rauch von der Siedlung aufstieg. Weit entfernte Schreie kämpften um Gehör, während der Wind den Rauch durcheinanderwirbelte und ihm die Sicht auf den lehmgestampften Platz versperrte.
    Er drehte sich um, hastete zu dem Pfad zurück und rannte bergabwärts. Es war ihm klar, daß er auf dem gewundenen Pfad mindestens fünfzehn Minuten brauchen würde. Er entschied sich aber dagegen, zu dem Gleiter zurückzukehren, der ihn in Minuten zu dem Dorf gebracht hätte, wäre er in der Lichtung gewesen.
    Die Angst ließ ihn verkrampft laufen. Hatte eines der Häuser Feuer gefangen? Welches Haus brannte? Die Welt schmolz weg, als er daran dachte, daß er Anulka verlieren könnte, und die Entfernung wurde zur einzigen Realität.
    Endlich lief er über ebenes Gelände auf die Bäume und Felsen zu. Äste strichen an ihm vorbei, und er brach in das Dorf. Reiter steckten Hütten in Brand. Andere plünderten die Räucherkammer und die Lagerhäuser für Vorräte. Laute Schreie vermischten sich mit dem Brüllen des Feuers. Die Angreifer waren große, bärtige Männer aus der Ebene, mit dicken Tierhäuten bekleidet. Eine Gruppe von nervösen Pferden wirbelte eine Staubwolke auf, während die Männer die Tiere mit Beute beluden. Die Nachmittagssonnen, die gerade aus ihrer Finsternis kamen, warfen gelbe Strahlen durch den Staub.
    John hörte ein Pferd schnauben und sah zu, wie ein Reiter und sein Tier auf ihn zukamen. Der berittene Angreifer schwang eine Lederschnur mit Steinen, die an ihrem Ende festgebunden waren. Die Steine pfiffen durch die Luft und erwischten John am Brustkorb. Sie warfen ihn auf den Rücken. Halb betäubt beobachtete er eine Anzahl von Reitern, die abstiegen, um die Tür einer Hütte einzutreten, in der sich einige Dorfbewohner verschanzt hatten.
    John stand mühsam auf und torkelte durch den Staub auf seine eigene Hütte zu. Seine Brust schmerzte mit jedem Atemzug. Er schmeckte Blut und spuckte es aus. Als er um die Pferde herumging, sah er, wie Anulka herausgerannt kam und ihr zerrissenes Hemd festhielt. Ein Mann lief hinter ihr her und schwang eine Keule.
    John stolperte über einen Stein und fiel auf das Gesicht. Blut und Staub mischten sich in seinem Mund. Als er aufsah, schlug die bärenähnliche Gestalt Anulka mit seiner Keule auf den Hinterkopf, als sie versuchte, auf dem Bauch wegzukriechen. Der Mann ließ die Keule fallen und zog sein Messer. John versuchte, etwas zu rufen, aber der Mann wälzte sie herum und schnitt ihr die Kehle durch.
    John versuchte krampfhaft aufzustehen, aber seine Hände versagten ihm den Dienst, und er stürzte nach vorne. Der Schmerz in seiner Brust war wie geschmolzenes Metall, das in seinen Magen floß. Er lag mit dem Rücken zum Himmel, und die gesamte Masse des Planeten kam in seine offenen Arme und drückte ihn in Bewußtlosigkeit, als er versuchte, ihn zu umarmen.
     
    Als er die Augen öffnete, waren die Schmerzen in seiner Brust und seinem Bauch dumpfer, und es wurde ihm klar, daß der Schock des Schlags schlimmer gewesen war als der Schaden, den er tatsächlich angerichtet hatte. Er lag noch immer mit dem Gesicht nach unten im Staub. Als er den Kopf drehte, um auf einer Wange zu liegen, sah er Anulka. Bis auf den sich senkenden Staub und das Knistern der brennenden Stämme wirkte das Dorf friedlich. Dann bemerkte er den Geruch von verbranntem Fleisch, der sich mit dem von verkohltem Holz vermischte.
    Plötzlich spürte er Peitschenschläge auf seinem Rücken. Er drehte sich um und sah Anulkas Mutter, ein blutverschmiertes Gespenst, das einen Holzstab hob, um weiter auf ihn einzuschlagen. Ihre Lippen waren fest geschlossen, und ihr Gesicht war zerschlagen und mit Schmutz bedeckt. Jeder zweite Schlag ging daneben und traf den Boden neben ihm. „Was tust du denn?“ brachte er mit einem Flüstern heraus. Sie hob wieder den Stock und brach auf ihm zusammen. Einen Augenblick lang beobachtete er ihr Gesicht. Ihre blutunterlaufenen Augen waren weit aufgerissen und sahen ihn vorwurfsvoll an. Ihre Lippen bewegten sich, aber kein Ton kam aus ihnen heraus. Einen Augenblick später sah sie an ihm vorbei in einen schrecklichen Abgrund. Ein Speichelfaden lief aus ihrem Mund in den Staub, als er sie wegschob.
    Er legte sich zurück und starrte in den Himmel. Er versuchte das Gesicht der alten Frau und den

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