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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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Kreis, um sich das genauer anzusehen. Als John zwölf Meter entfernt von dem Mann landete, kroch er weg. John hob die Kuppel, kletterte in den trockenen Wind hinaus und hörte mühsames Atmen. Er ging zu der Gestalt hin und blieb stehen. Der Mann fiel von allen vieren auf die Seite und starrte ihn an. Es war Jerad.
    „Ich wollte nicht, daß sie getötet wird!“ Er streckte die Hand aus, um John von sich fernzuhalten. „Ich habe nicht gewußt, daß es so viele Tote gibt. Ich habe es nicht aufhalten können!“
    „Du hast sie hergeführt, damit sie unsere Vorräte rauben!“
    „Sie haben mich aufgenommen, als ich heimatlos war.“
    „Das ganze Dorf!“
    John hörte, wie sein Gebrüll den Wind übertönte. Jerad rollte herum auf seinen Rücken. Seine braunen Augen, von Staub und Schmerzen voller Tränen, starrten nach oben. „Ihr Leben hättest du ihnen lassen können. Es hätte dich nichts gekostet, wenn du das getan hättest!“
    „Sie haben gesagt, wir tun ihnen einen Gefallen, wenn wir sie umbringen, nachdem wir ihnen die Vorräte abgenommen haben. Das Dorf wäre nicht über den Winter gekommen.“
    „Ich hätte sie durchgebracht!“ brüllte John.
    Jerad sagte nichts und schaute in den Himmel. John ging zu seinem Kopf und trat dagegen, als sei es ein Ball. Er spürte, wie die Schläfe nachgab. Jerads Mund öffnete sich, und ein Gurgeln kam aus seiner Kehle. John trat wieder zu.
    Er sah nach Osten und erkannte Pferde am Horizont. Die reiterlosen Tiere folgten den Überlebenden. Die Sonnen begannen ihre Nachmittags-Finsternis und ließen einen seiner beiden Schatten vom Boden verschwinden. Er hustete sich den Staub aus dem Hals, drehte sich um und ging zu seinem Gleiter zurück. Er kletterte unter die Kuppel und schloß den Wind aus. Die leisen Stimmen in seinem Kopf blieben.
     
    Die beiden Sonnen zogen in der Dämmerung mit Feuerarmen aneinander. Das tiefe Blau der Welt füllte sich mit Sternen; die Rot- und Gelbtöne der untergehenden Sonnen rissen eine frische Wunde in den westlichen Himmel und warfen ein blutiges Licht auf den weißblauen Gletscher unter den Gipfeln.
    Anulka, Anulka, rief er in sein bodenloses, frisch geöffnetes Ich hinunter, ich habe dich getötet. Meine Ankunft hat Jerad verbannt. Ich bin der Grund für seine Bitterkeit und deinen Tod, und so viele andere, die ich nie kennengelernt habe, sind auch meine Opfer …
    Er war mit der Hoffnung hergekommen, hilfreich sein zu können. Das Dorf war gerächt – es gab nur kein Dorf mehr, keine Gemeinschaft, die er zu etwas Besserem hätte anheben können.
    Durch Feuer verbunden berührten die Sonnen die Berge, senkten sich umschlungen in die löschende Kälte von Schnee und Fels. Einen Augenblick später waren sie nur noch ein Lichtschimmer hinter dem Gebirge und überließen den Himmel dem stärker werdenden Licht des großen Haufens.
    Die Nacht wurde heller und begann zu brennen. Sie schleuderte Lichtspeere von den Sternen durch die Kuppel des Gleiters.
    Blakfar, Anulka, vergebt mir.
    Verläßt du uns? fragten die leisen Stimmen.
    Ja, sagte John lautlos und sah in das kalte Sternenlicht hoch. Und plötzlich war er wieder allein. Die Stimmen waren still, als hätten sie ihm vergeben. Er hob die Hände vor sein Gesicht und weinte.

 
20. Heimat
     
    Er lag auf dem Felsen und schlief auf einem Stück weichem Moos. Die wärmende Sonne drang durch seine Augenlider, als die Mittagsfinsternis zu ihrem Ende kam. Der Wind wehte sanft, gerade genug, um ihn angenehm abzukühlen. Er öffnete die Augen, und es fiel ihm ein, daß Anulka tot und er zu Hause war. In der Wohnung, die er mit Margaret geteilt hatte, herrschte vollkommene Stille. Seine Augen folgten der Decke, die sich sanft zu der Wand senkte. Das Tageslicht ergoß sich durch das Einwegfenster rechts von ihm in das Zimmer. Lea war weg, als er in den Blautönen des Zimmers schwebte. Die reduzierte Schwerkraft des Bettes und das Fehlen von Decken und Bekleidung kamen ihm fremd vor, aber er hatte tief und lang geschlafen und eine Ruhe gefunden, wie er sie seit Monaten nicht mehr erlebt hatte.
    Niemand hatte ihn seit seiner Rückkehr besucht, und er wollte auch niemand sehen. Er streckte sich und dachte an die Intelligenzen von Menschheit II, die alles wußten, was je gewußt worden war. Er dachte an Wheeler, dessen durch die Verbindung mit ihnen erweiterter Geist sich in einem Universum von supraleitenden Mustern bewegte. War er in der Lage, die Prüfung zu bestehen, in der körperliche und

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