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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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schrecklichen Ausdruck von Verlust, den er darin gesehen hatte, zu vergessen. Ihre gesamte Vergangenheit war verloren und ihre gesamte Zukunft auch. Nie würde sie Anulkas Kinder sehen. Selbst eine Ewigkeit, die verging, reichte nicht aus, um das zu ändern. Für ihn hatte die Heimat immer existiert, und an anderen Stellen gab es noch andere, irgendwo in der Galaxis. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn auch nur eine Makrowelt stürbe.
    Nach einiger Zeit setzte er sich auf und sah zu Anulka hinüber. Sie lag tot in dem warmen Nachmittag, und die Sonnen schienen hell auf ihren blutigen Kopf. Er konnte die rote Wunde unter ihrem Kinn gerade noch erkennen. Neben ihrem Kopf stand eine Lache trocknendes Blut.
    „John!“ rief eine brechende Stimme.
    Er drehte sich um und sah John Blakfar, der sich ein Dutzend Meter vor ihm entfernt auf dem Boden wand. John stand mühsam auf, stolperte zu ihm hin und fiel neben dem alten Mann auf die Knie.
    „Du hättest hier sein müssen, um sie zu beschützen“, flüsterte Blakfar laut. „Du hättest mit deiner Flugmaschine helfen können.“ Der Alte hustete. John bemerkte Wunden in der Brust und am Kopf. Blakfar lag in seinem eigenen Blut; der staubige Boden hatte schon viel davon aufgesaugt.
    „Ich hole den Gleiter und bringe dich zu einer der Krankenstationen im Schürfgelände.“
    „Bevor du zurückkommst, bin ich tot.“
    „Ich versuche es trotzdem.“
    Blakfar packte sein Handgelenk.
    „Ich gehe jetzt, bleib still liegen“, sagte John. Er spürte, wie sich Tränen aus seinen Augen drängten, mehr um Blakfar als um Anulka. Die Erkenntnis überraschte ihn und machte ihn zornig.
    „Laß mich nicht allein sterben“, sagte Blakfar und schnappte nach Luft.
    „Nein, nein, auf keinen Fall.“
    „Rette ein paar von den Kindern … wenn sie noch am Leben sind.“
    „Mach’ ich, mach’ ich“, sagte John und sah sich um.
    Der alte Mann schloß die Augen. John hielt seine Hand. Er hatte noch einen Pulsschlag, aber sein Bewußtsein hatte er verloren.
    John zwang sich aufzustehen. Wenn er den Gleiter erreichen könnte, blieb vielleicht noch Zeit, um Blakfars Leben zu retten. Er sah zu Anulka hinüber. Er wußte, daß er es nicht fertigbringen könnte, näher an ihren Körper zu gehen. Wenn ihre Augen offenstanden, würde er sie nie vergessen können.
    Er hob sich mit dem Gleiter aus der Lichtung. Sein Körper rannte irgendwie noch immer auf dem langen Weg, der mit jedem Schritt länger zu werden schien. Er hatte ein Gefühl, als wolle sein Herz zerspringen, bevor er die Lichtung erreichte. Die Schmerzen in seiner Brust und seinem Magen kamen zurück und breiteten sich in Armen und Beinen aus. Jeden Augenblick konnte sich die geschmolzene Flüssigkeit verfestigen und seine Bewegung einfrieren.
    Er raste herab auf das Dorf zu, brachte den Gleiter über dem Kreis von Steinen zum Schweben und setzte dann neben Blakfar auf.
    Er kletterte hastig heraus, eilte zu dem Alten und fühlte seinen Puls. Die Hand war kalt, aber es war noch ein Pulsschlag zu spüren. Blakfar öffnete die Augen, und im gleichen Augenblick erstarb der Pulsschlag, und der Kopf fiel zur Seite. John bemerkte das verkrustete Blut im Haar des alten Mannes.
    John rannte zu dem Gleiter zurück und kletterte hinein. Ungeschickt drückte er mit dem Daumen das Rufsignal für Blackfriar.
    Keine Antwort.
    Er versuchte es mit Miklos.
    „Ja?“ fragte eine Stimme nach einigen Momenten.
    John öffnete zum Sprechen den Mund, aber seine Kehle war so trocken, daß nichts herauskam. Er schluckte heftig und versuchte es noch einmal.
    „Miklos – hier hat ein Massaker stattgefunden. Ich glaube, der größte Teil der Dorfbewohner ist tot. Können wir schnell einen Froster hier herunterschaffen?“
    „Für wie viele, John?“
    „Zwei Leute“, sagte er und empfand sofort die Ungerechtigkeit.
    „Wenn sie schwere Kopfverletzungen irgendwelcher Art haben, tun wir es nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Zu schwer zu reparieren. Hinterher sind es andere Menschen, und außerdem haben sie zu viele Funktionsprobleme. Wir schaffen es sowieso nicht, jemanden in weniger als zwei Stunden herzuschaffen. Sind sie jetzt tot?“
    „Ja“, sagte John. Der Zorn stieg in ihm hoch.
    „Vergiß es.“
    „Verdammt noch mal, komm hierher!“
    „John, es ist zu spät. Wir bekommen nicht schnell genug eine Genehmigung. Sie haben Kopfverletzungen, stimmt’s?“
    „Darüber können wir uns später Gedanken machen.“ Die Zeit lief vor ihm

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