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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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zu spüren. Auf den Schirmen um sie herum war die Wirklichkeit abgeschaltet worden. Das Band von gelben Sternen war verschwunden. Die dunklen Halbkugeln waren verschwunden. Vor und hinter ihnen, über und unter ihnen war der Raum grau. Die Begleitwelt war nur noch eine undeutliche geometrische Figur in dem Feld. Das Grau selbst war von unterschiedlicher Intensität und Textur. Es schien mit kurz aufblitzenden Lichtpunkten angefüllt zu sein, die millionenfach immer häufiger auftraten, bis sie wie glitzernder Sand aussahen.
    „Was ist das?“
    „Das wissen wir nicht sicher“, sagte Wheeler. „Vielleicht durchfliegen wir etwas, das woanders feste Materie ist.“
    Die Lichtpunkte verschmolzen, und das Grau des Alternativraums wurde ein wenig heller, zu einem unendlichen Nebel, in dem es wie bei einem weit entfernten Gewitter aufblitzte. Abrupt veränderte er sich zu einer flachen Ebene am unteren Rand der Schirme. Die Makrowelten schienen auf einer harten, grauen Räche vorwärts zu gleiten.
    „Wie lange noch?“
    „Eine oder zwei Schiffsstunden. Wir dürfen nicht zu nahe an Sol herauskommen. Wir müssen uns genug Platz für das Bremsmanöver lassen. Am besten wäre es, wenn wir in den Tachyon-Raum bei null Komma fünf Prozent der Lichtgeschwindigkeit eintreten und ihn bei der gleichen Geschwindigkeit auch wieder verlassen würden.“
    „Rob, eines mußt du mir sagen: Hast du Zweifel an unserer Lebensart?“
    „Sicher habe ich die.“
    „Was wird aus uns werden?“
    „Wir sind Kinder und tasten uns von einer Zielgruppe zur nächsten. Wir scheinen uns darüber ziemlich sicher zu sein, daß wir nicht in unsere Wiege, die natürlichen Welten, zurückkehren wollen. Das ist alles, was ich zur Zeit sagen kann. Später, wenn das Makroleben erst einmal lange existiert hat, werden wir nach meiner Einschätzung nicht mehr menschlich sein, wie wir das jetzt kennen, wie die Bewohner der natürlichen Welten es kennen. Wenn wir beide dann noch am Leben sind, werden wir uns vielleicht nur mit Verblüffung daran erinnern, daß wir damals so waren, wie wir jetzt sind.“
    „Meinst du, wir beide sind dann noch am Leben, du und ich? Was werden wir sein?“
    „Siehst du, John, es ist schwierig, in größeren Zeiträumen als ein Jahrhundert zu denken, auch wenn man ein unendlich langes Leben hat. Tausend Jahre werden bewußte Veränderungen bringen, biologisch wie geistig. Wir haben noch keine Ahnung, wie fremde Kulturen, außerirdische Kulturen, uns berühren werden.“
    „Wenn es welche gibt.“
    „Es gibt sie, dessen bin ich mir sicher.“
    „Wenn wir sie erreichen können.“
    „Das werden wir.“
    John überlegte sich, wie er wohl Anulka vergessen könnte. Zeitspannen, lange genug für einige ganze Leben, würden in dem Abgrund seiner persönlichen Zukunft verschwinden. Plötzlich wollte er dort sein, unvorstellbar gealtert und verändert, damit der Schmerz der Erinnerung verschwunden war. Dennoch hatte ein Teil von ihm geschworen, nie zu vergessen.
    „Rob, was fühlst du am deutlichsten?“
    „Ich lebe“, sagte Rob Wheeler, „weil die ganze Welt lebt, weil das Universum sowohl unerträglich als auch fesselnd, sowohl merkwürdig als auch erhaben und verdächtig richtig ist, so wie es ist.“
    „Und das hält dich aufrecht?“
    „Ja, unter anderem. Du hast nach den großen Problemen gefragt.“
    „Gibt es sonst nichts Großes?“
    „Liebe und Freundschaft. Liebe wird nach einem Jahrhundert sehr privat. Sie hat eine Chance darauf, ohne die Drohung des Todes kommen und gehen zu können, weil sie Zeit hat. Ich habe Olivia seit zwei Dekaden nicht gesehen, aber wir wissen beide, daß wir wieder Zusammensein werden.“
     
    Als sie zwei Stunden lang im Überraum gewesen waren, stellte sich plötzlich das schwindelerregende Gefühl ein, als stürze man ab.
    „Wir kommen heraus“, sagte Rob.
    John erwartete, das Band von gelben Sternen wieder auftauchen zu sehen, welches das Universum in zwei Halbkugeln aufteilte. Aber das Grau blieb und glitzerte manchmal.
    „Was ist los?“ fragte John.
    „Ich weiß es nicht.“
    „Wir kommen nicht raus.“
    „Wir fliegen an Sol vorbei“, sagte Wheeler.
    Die Lichtpunkte wurden heller, als würde jemand ein riesiges Feuer anzünden.
    „Was ist, wenn wir nicht herauskommen?“ fragte John. Er stellte sich ein endloses Leben ohne Sterne, ohne natürliche Welten und ohne junge Intelligenzen vor, die von Bereichen jenseits ihres Himmels träumten. Das wäre kein Universum, in dem

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