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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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aufgeschnitten wäre wie diese Stadt.
    Anulka führte ihn in das kleine Lager, und er erkannte die beiden Männer, die direkt beim Feuer saßen. Sie waren gestern bei ihr gewesen. Neben dem Zelt stand ein Holztisch, dessen Platte mit alten Büchern und Behältern beladen war. Anulka forderte ihn mit Gesten auf, sich neben das Feuer zu setzen. Als er sich niederließ, ging sie in das Zelt hinein.
    Der Mann, der mit ihr herauskam, war kräftig gebaut und hatte sein weißes Haar gerade nach hinten gekämmt und mit einem Stück Schnur zusammengebunden. Er trug ein schwarzes Hemd aus feinem Stoff. Seine weiten Hosen bestanden aus grobem Stoff und wurden von einem breiten braunen Gürtel gehalten. Er ging zum Feuer, zog seine braunen Stiefel an und stampfte mit ihnen fest auf den Boden, um sie sich anzupassen. Dann drehte er sich um und sah John unverwandt an. Das Gesicht war faltig und die Haut wie Leder, aber hinter der dunklen Bräune versteckte sich etwas Bekanntes.
    Anulka deutete auf den alten Riesen und sagte: „Blakfar.“
    „Jonbulero“, sagte der große Mann. Er lächelte und öffnete John begrüßend die Handflächen.
    Sonnenlicht strömte in die Schlucht, erhellte Tausende von Innenräumen auf der rechten Seite des Schnitts und frischte die Farben von Gras und Unkraut auf.
    Blakfar setzte sich schwer auf den Stuhl neben dem Tisch. „Alte Bücher“, sagte er, und deutete auf sie. „Stadtbücherei, sternig.“ Sein Russo-Anglic war veraltet, offensichtlich aus Büchern gelernt. „Außerirdisch?“ fragte er, deutete zum Himmel und dann auf John. John verblüffte es, die Sprache als eine Reihe vertrauter Geräusche zu hören, die sein eingepflanztes Gedächtnis zu Strukturen und einzelnen Worten werden ließ und zum Leben erweckte.
    John nickte. Er machte sich langsam mit der Vorstellung vertraut, daß dies hier zumindest ein Verwandter Blackfriars war, ein planetengealterter Abkömmling des Mannes, der ein Sternenschiff durch das große Dunkel von Tau Ceti hierhergeführt hatte. John empfand es fast so – er hatte einen alten Freund wiedergetroffen, der sich trotz der Jahrhunderte und der unvorstellbaren Kräfte, die auf ihn eingewirkt hatten, nicht verändert hatte.
    Anulka breitete eine Decke neben dem Stuhl aus, und Blakfar forderte ihn zum Sitzen auf. John gehorchte und wiederholte in seinem Kopf die einfache Frage, die Blakfar verstehen sollte.
    John deutete auf die Stadt um sie herum, und dann zum Himmel. „Was ist hier passiert?“
    Der grauhaarige Mann nickte mit einem traurigen Lächeln. In seinen Augen lag Schmerz, die Erinnerung an Stolz und Leistung, die jetzt nur noch in denen lebte, die in der Lage waren, durch die alten Worte zu stolpern.
    Anulkas zwei Begleiter sahen John argwöhnisch an. Sie haben Angst vor mir, dachte er.
    Blakfar sagte: „Himmelsschiff von Ceti … vor mehr als hundert Vätern … wir haben das Schiff im Himmel gelassen … Städte gebaut … Krieg, Krankheit …“
    John hörte genau zu, verstand den alten Mann aber immer weniger. Er schnappte hier und da ein Wort auf, genug, um zu wissen, daß Städte verlassen worden und wissenschaftliche Fähigkeiten verlorengegangen waren, als die Bevölkerungszahl geringer wurde. Diejenigen, die jetzt noch am Leben waren, waren von der natürlichen Ökologie vollständig abhängig. John bezweifelte, daß mehr als eine Million Menschen auf dem Planeten lebten.
    Sie hatten Neues gelernt, sagte Blakfar, aber die Familie seines Vaters lebte dafür, die alten Fertigkeiten am Leben zu erhalten, für den Fall, daß sie einmal gebraucht wurden. Jedes Frühjahr kam er zu den Ruinen der Stadt, um sich aus ihnen Wissen zu holen. „Ich bin Blakfar“, schloß er.
     
    Während der gesamten, im Singsang vorgetragenen Geschichte stand auf den Gesichtern von Anulka und der beiden Männer am Feuer ein Ausdruck von Ehrfurcht und Bewunderung. Sie saß mit gekreuzten Beinen neben John auf der Decke und sah den alten Mann unverwandt an. Der Fluß der Worte hatte auch auf John seine Wirkung nicht verfehlt, und es dauerte einen Augenblick, bis ihm klarwurde, daß Blakfar zum Ende gekommen war.
    „Du …“ sagte Blakfar und suchte nach einem Wort.
    John nickte.
    „Ich verstehe.“
    Anulka lächelte, als sei sie stolz darauf, daß sie ihn für den alten Mann entdeckt hatte.
    John dachte an Franklyn Blackfriar. Würde er helfen wollen, wenn er von seinem Verwandten erfuhr? John sah sich Blakfar genauer an. Die Familienähnlichkeit war deutlich,

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