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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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Moment ihn und die Stadt in den Nebel davonblasen. Der Augenblick ging jedoch vorbei, und er stellte sich fester auf die Füße.
    Der Regen war nun ein feiner Dunst, der Wind verlor seine Kraft. Er wischte sich über das Gesicht und ging auf den Turm zu. In der Seite klaffte ein großes Loch. Er nahm seinen Mut zusammen und schaute hinein. Die Dunkelheit war undurchdringlich.
    Er drehte sich um und ging zu dem Gleiter zurück. Das Gewitter verzog sich jetzt, und der Himmel klärte sich auf. Er sah zu den Sonnen hinauf, konnte aber nur einen Lichtfleck erkennen. Als er in den Gleiter kletterte, war aus dem Wind eine kühle Brise geworden.
    Das plötzliche Pfeifen des Funksprechgerätes machte ihm fast Angst. Er sprang in seinen Sitz und stellte die Verbindung her.
    „John, hier spricht Miklos. Ich wollte mich nur versichern.“
    „Ich bin in der Stadt zweitausend Kilometer südöstlich von euch und dreißig Kilometer nördlich vom Meer. Das ist hier alles ein Trümmerhaufen. Hier hat es seit ewigen Zeiten keine Staatsregierung mehr gegeben. Ich bin auf der oberen Ebene in der Nähe eines alten Turms gelandet. Es hat etwas geregnet.“
    „Ich weiß. Möchtest du heimkommen?“
    „Nein. Hast du deshalb angerufen?“
    „Sei vorsichtig“, sagte Miklos. „Wir können sterben wie jeder lebende Organismus.“ Er brach die Verbindung ab.
    John kletterte mit dem festen Entschluß aus dem Gleiter heraus, sich von der Warnung von Miklos keine Angst machen zu lassen. Er sprang von der letzten Stufe herab und drehte sich um, um den Turm anzusehen.
    Drei Gestalten standen vor dem großen Loch. Ihr Haar war lang und naß, und sie beobachteten ihn mit dunklen Augen.
    Unveränderte Menschen, dachte er, wie ich.
    Hinter ihm brach das Sonnenlicht durch die Wolken. Er drehte sich um und sah die mißgestalteten Sonnen, die im Westen untergingen und die Stadt in ein reiches zinnoberrotes Licht tauchten. Sie kamen ihm vor wie zwei aufgeplatzte Eidotter, die orangenrotes Plasma zwischen sich ausschütteten. Das Gewitter verzog sich nach Norden.
    Er drehte sich wieder zu den Fremden um und ging einen Schritt auf sie zu. Sie zogen sich zurück, blieben aber dann stehen.
    Er schaute genauer hin und erkannte, daß die mittlere der Gestalten eine Frau war. Sie trug ein plumpes Gewand aus einem groben Material, das mit schwarzen Fäden zusammengenäht war. Das Gewand reichte ihr bis unter die Knie; ihre Füße waren mit Stiefeln aus dem gleichen Material bedeckt, irgendeiner Art von Tierhaut. Sein Blick schien sie zu beunruhigen.
    Beide Männer waren kleiner als John. Er spürte, daß sie das Mädchen schützen wollten. Er hob seine Hand und lächelte.
    Langsam begann das Mädchen, die Hand zu heben. Einer der Männer sagte etwas zu ihr, aber sie lächelte und hielt ihre Hand oben. Beide Männer stellten sich plötzlich vor sie, aber sie sagte etwas in ärgerlichem Tonfall zu ihnen. Sie drängte sich an ihnen vorbei und trat vor.
    Sie blieb stehen und sah mit dunkelblauen Augen zu ihm hoch. Ihr schwarzes Haar schimmerte grünlich. Sie deutete auf den Gleiter hinter ihm, zum Himmel, und dann auf ihn. Er nickte, und das schien die Antwort zu sein, die sie erwartet hatte. Sie deutete auf sich selbst und sagte: „Anulka.“
    „Ich heiße John Bulero.“
    „Cheißejonbulero?“
    „Anulka“, sagte er und machte ihren Tonfall nach. Sie lächelte über seine Bemühungen, und für einen Moment vergaß sie ihre Begleiter.
    Plötzlich ging einer der Männer zu ihr und zog sie am Arm, während der andere sich zu dem Turm zurückzog. Anulka deutete auf die untergehende Sonne, dann nach Osten und dann auf den Platz, an dem er stand. Er vermutete, daß sie ihn morgen hier treffen wollte, und nickte.
    Darauf drehte sie sich um und folgte den beiden Männern. Sie kletterten durch das Loch in den Turm. Eigentlich könnte er mit ihnen gehen, dachte er, aber als er kam und durch den Durchbruch sah, gab sie ihm mit Gesten zu verstehen, daß er ihnen nicht folgen solle. Er sah ihr zu, als sie die Leiter an der Innenwand hinunterkletterte. Ihre Begleiter verloren sich in der Dunkelheit unter ihr. In dem Augenblick, bevor sie verschwand, sah sie noch einmal zu ihm hoch. Dieses Mal trug sie einen Ausdruck von Entschlossenheit auf ihrem Gesicht.
    Er versuchte, sich vorzustellen, was am Ende ihres Wegs nach unten auf sie wartete. Wie lebten diese Menschen, und was wußten sie über ihre Ursprünge? Was hatte sich im Verlauf der letzten tausend Jahre auf diesem

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