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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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obwohl er sicher war, daß es sich bei Blakfar nicht um einen Klon handelte. Diese Menschen waren nicht in der Lage, von irgend jemandem einen Klon anzufertigen. Seine Augen waren blau und die von Frank grau – trotzdem trugen sie den gleichen Ausdruck, und auch die Stimmen waren sich ähnlich.
    John sah Anulka an, und sie lächelte ihm zu. Ein langer Schatten, der von der Westseite der Schlucht geworfen wurde, kroch auf das Lager zu. Die Sonnen begannen ihre Finsternis, verdunkelten sich, tauchten die Schlucht in Zwielicht und nahmen Unkraut und Gras die gestohlenen Farben ab.
    John stand auf und machte den anderen verständlich, daß er gehen mußte. Anulka stand auf und nahm ihn bei der Hand. Er wartete ungeduldig darauf, den Gleiter zu erreichen, damit er jemandem von dem berichten konnte, was er gefunden hatte. Blakfar sagte etwas zu Anulka, und sie ging vor ihm her den Pfad entlang. Dann stand der Alte auf, und John bemerkte, daß in seinem Gesicht ein Ausdruck von Verlust trat. John wurde klar, daß Blakfar es lieber sehen würde, wenn der Besucher aus dem Weltraum bliebe. Der alte Mann wußte, was das bedeutete. Irgendwo jenseits seines Himmels war die Vergangenheit von Macht und Fülle noch Realität und nicht nur in Büchern und Geschichten vorhanden, sondern lebendig, und hier war ein Besucher, der dies alles zurückbringen konnte. John erkannte, daß der große Mann sich Mühe gab, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Es war schließlich möglich, daß er den Besucher nie wiedersah. John spürte, wie sich ein Pflichtbewußtsein in die Neugier mischte, die ihn auf Lea geführt hatte.
    „Ich komme wieder, Blakfar“, sagte er. Er nahm die Hand des Alten und hielt sie einen Augenblick lang fest, um ihn zu beruhigen. Als der Ausdruck von Verzweiflung in dem gealterten Gesicht sich löste, wandte sich John zum Gehen.
    „Tomas Blakfar!“ rief der alte Riese hinter ihm her. Das Echo hallte durch die Ruinen. John sah zurück und winkte. Der Alte lächelte ihm zu. Nein, den Namen würde er nicht vergessen. Er drehte sich um, und beinahe wäre er über einen Geröllbrocken gestolpert. Dann spürte er ein merkwürdiges Gefühl in seiner Nase und nieste. Jemand lachte hinter ihm. Er drehte sich um und sah, wie Blakfar die beiden jungen Männer wütend ansah, die noch beim Feuer saßen. John fühlte ihr Mißtrauen, als er sich umdrehte, um Anulka zu folgen.
    Der Rückweg nach oben war schwieriger als der Hinweg. Er hatte das Gefühl, daß Anulka mehr auf ihn achtete als auf dem Hinweg, auch wenn sie sich nicht umsah, um sich von seiner Sicherheit zu überzeugen. Er war fest entschlossen, ihr nicht zu zeigen, daß er Angst hatte. Sie schien in sich hineinzulachen, als wisse sie etwas, von dem er keine Ahnung hatte.
    Es schien eine Ewigkeit von Schwitzen und Luftschnappen zu dauern, bis sie endlich auf der obersten Ebene aus dem Turm kletterten. Sie ging vor ihm her auf den Gleiter zu, blieb stehen und drehte sich um. Als er näher kam, lächelte sie ihm zu. Er blieb nahe bei ihr stehen, und sie sah ihn sehr genau an.
    Sie berührte mit einer kräftigen, langknochigen Hand seine Wange. Sie legte ihm die Arme um den Hals, zog ihn an sich und küßte ihn schnell, dann noch einmal langsamer und ein drittes Mal sorgfältig und intensiv. Mit jedem Mal wurde ihm ihre Berührung vertrauter, und er wurde mehr von seinen Gefühlen überrascht. Er zog sie an sich und hielt sie fest. Ihr Geruch, der Geschmack ihres Mundes, die Weichheit ihres schwarzen Haars und die ungebrochene Haut ihres Gesichts drangen in sein Bewußtsein ein. Wieder küßte sie ihn, und die Moschuswärme ihrer Erregung hüllte ihn ein. Sie wusch sich nicht, wie er das zu Hause tat, und ein Bad kannte sie nicht, das wußte er. Vielleicht trug sie Krankheiten an sich. Sie war ein wildes Geschöpf aus der Wildnis um die Stadt, und sie nahm ihn in ihren Besitz. Als er sie küßte, konnte er nicht unterscheiden, ob sie ihm oder er ihr gehörte. Die Türme drehten sich, und er fiel neben ihr auf das sonnenwarme Metall, verständigte sich mit Gesichtsausdruck und Geste mit ihr, und seine Ängste vergaß er.
    „Möchtest du hineingehen?“ fragte er und deutete auf den Gleiter.
    Sie schüttelte den Kopf zu einem Nein. Er stand auf, kletterte in den Gleiter, holte seine Decke heraus und breitete sie neben ihr aus. Sie zog ihm die Kleider aus, dann ihre eigenen, und ihm schien, als sei das warme Licht der Sonnen die einzige Bedeckung, die er jemals brauchen

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