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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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Fernseher ist nicht nur irgendetwas, Mama. Er verbindet uns mit der Welt, mit der wirklichen Welt. Das hier ist eine stinkige Bruchbude, die Gegend ein einziges Rattenloch voller Mistbauern. Monate, vielleicht Jahre werden wir sie am Hals haben. Fernsehen aber ist Leben, mein Leben, unser Leben, unser Land.«
    Maggie und Frederick fühlten sich plötzlich schuldig. Was sollten sie ihrem Sohn entgegnen? Warren hatte ein Recht auf Heimweh. Daran war nicht zu rütteln. Und das entschuldigte auch seine sprachlichen Entgleisungen. Er war gerade mal acht gewesen, als gewisse Ereignisse sie gezwungen hatten, die Vereinigten Staaten zu verlassen. Von den vieren hatte er am meisten darunter gelitten. Um das Thema zu wechseln, fragte Belle nach dem Namen der Stadt.
    »Cholong-sur-Avre, Normandie«, antwortete Fred, bemüht um ein akzentfreies Französisch. »Jetzt habt ihr all den Amerikanern etwas voraus, die von der Normandie zwar schon gehört haben, aber nicht einmal wissen, wo diese Scheißgegend liegt.«
    »Und wofür ist diese Scheißgegend berühmt? Außer dass unsere Jungs ’44 hier gelandet sind?«, fragte Warren.
    »Für den Camembert«, versuchte es der Vater.
    »Den gab’s in Cagnes-sur-Mer auch«, bemerkte Belle. »Aber da gab’s wenigstens auch Sonne und Meer.«
    »Und in Paris gab’s auch Camembert«, fuhr Warren fort, »und das war immerhin Paris!«
    An ihre Ankunft in Paris vor sechs Jahren erinnerten sich die vier gern. Doch dann hatten die Umstände sie gezwungen, an die Côte d’Azur zu ziehen, wo sie vier Jahre blieben, bis die Vorsehung sie nach Cholong-sur-Avre ins Departement Eure verschlug.
    Sie trennten sich, um die Räume, die sie noch nicht gesehen hatten, in Augenschein zu nehmen. Fred blieb in der Küche hängen, er inspizierte den leeren Kühlschrank, öffnete ein paar Einbauschränke und strich mit der flachen Hand über das Cerankochfeld. Zufrieden mit der Arbeitsfläche – denn wenn die Lust ihn überfiel, eine Tomatensoße zu machen, brauchte er eine Menge Platz – strich er über das Korbgeflecht der Barhocker, die Fliesen der Spüle und den Messerblock. Die Klingen der Messer überprüfte er mit den Fingerkuppen. Den ersten Kontakt nahm Frederick stets mit den Händen auf. Egal, ob es sich um ein Haus oder eine Frau handelte.
    Im Badezimmer probierte Belle vor einem prachtvollen, leicht fleckigen Spiegel mit Mahagonirahmen verschiedene Posen aus; eine kleine Lampe aus mattem Glas in Form einer Rose, in die man eine schnöde Glühbirne geschraubt hatte, verschönerte das Schmuckstück. Und für Belle würde dieser Spiegel bald unverzichtbares Accessoire. Maggie ihrerseits stieß die Fenster in ihrem Schlafzimmer auf, packte die Bettlaken aus, angelte sich die zusammengefalteten Decken vom Kleiderschrank und roch daran. Sie erklärte sie für sauber und breitete sie aus. Nur Warren wanderte von einem Zimmer zum nächsten und fragte: »Hat irgendjemand den Hund gesehen?«
    Der aschgraue Australische Schäferhund, den Fred »Malavita« getauft hatte, begleitete die Blakes seit ihrer Ankunft in Frankreich. Maggie hatte gute Gründe gehabt, dieses haarige Etwas mit hochstehenden Ohren zu erwerben. Das niedliche Willkommensgeschenk sollte den Kindern eine Freude machen, sie über das Verlassen ihrer Heimat hinwegtrösten, damit sie so auf eine recht kostengünstige Weise den Eltern diesen Schritt verziehen. Dank ihrer auffälligen Zurückhaltung – der Hund war eine Sie – war Malavita von allen problemlos akzeptiert worden. Malavita bellte nie, fraß mit Feingefühl, meistens nachts, und verbrachte den Großteil des Tages schlafend, mit Vorliebe in einem Keller oder Trockenraum. Einmal am Tag erklärte man sie für tot oder mindestens für vermisst. Der Hund führte das Leben einer Katze, und niemand hatte daran etwas auszusetzen. Warren fand sie schließlich wie erwartet zwischen einem alten Heizkessel und einer neuen Waschmaschine im Keller. Die Gute hatte wie alle anderen ihren Platz im neuen Heim gefunden und war als Erste eingeschlafen.
    *
    Die französische Lebensart hatte nie Einzug in das Frühstücksritual der Blakes gehalten. Fred stand beizeiten auf, denn er wollte seine Kinder mit vollem Magen aus dem Haus gehen sehen; er schenkte ihnen seinen väterlichen Segen, manchmal auch einen Zuschlag aufs Taschengeld oder eine seiner Lebensweisheiten. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, kletterte er guten Gewissens wieder ins Bett zurück. Frederick Blake, obwohl schon fast

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