Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
dem Papier. Dem G folgte ein i , dann suchten seine Augen ein o und ein v . Schließlich fasste er sich ein Herz und schlug mit dem linken Ringfinger ein a an. Dem folgten zwei n , ausgeführt von zwei verschiedenen Fingern, und schließlich ein i , wieder mit dem bewährten rechten Zeigefinger. Fred las, was er geschrieben hatte, und war glücklich, keinen Fehler gemacht zu haben.
Giovanni
*
Man hatte Warren und Belle erlaubt, gemeinsam Mittag zu essen. Belle suchte ihren Bruder im Hof und fand ihn schließlich im überdachten Teil, zusammen mit seinen neuen Klassenkameraden. Es sah so aus, als ob Warren sich gerade vorstellte, tatsächlich aber fragte er die anderen aus.
»Ich habe Hunger«, sagte Belle.
Warren folgte ihr an einen Tisch, auf dem zwei Teller mit Rohkost auf sie warteten. Der Speisesaal glich dem von Cagnes aufs Haar, sodass sie darüber gar nicht erst sprachen.
»Zu unserem Haus ist es nicht weit«, sagte er, »wir könnten daheim zu Mittag essen.«
»Mama steckt den Kopf in den Kühlschrank und überlegt ewig, was sie kochen soll. Und Papa sitzt im Schlafanzug vorm Fernseher. Nein, danke.«
Warren aß als Erstes das, was er am meisten mochte, die Gurken, während Belle ihre Mahlzeit mit der ihr verhassten Roten Bete begann. Dabei bemerkte sie einen blauen Fleck im Gesicht ihres Bruders.
»Was hast du da am Auge?«
»Oh, gar nichts. Ich wollte beim Basketball eine Show abziehen. Wie ist deine Klasse?«
»Die Mädchen sind eigentlich cool. Bei den Jungs bin ich mir nicht sicher. Ich musste mich vorstellen, da habe ich …«
Warren hörte ihr nicht mehr zu, er war wieder in Gedanken. Seit dem Angriff auf ihn sammelte er Informationen und verglich sie miteinander. Nicht über seine selbst ernannten Erpresser, sondern über die, die ihm vielleicht dabei helfen könnten, aus den Jägern Gejagte, aus den Tätern Opfer zu machen, so wie es vor ihm viele seiner Cousins und Onkel auch getan hatten. Es war eine Sache des Blutes, und deshalb hatte er den Morgen damit verbracht, unverfängliche Fragen über jeden Einzelnen zu stellen. Wer ist das da? Wie heißt der Typ? Ist das sein Bruder? Schließlich hatte er einige Mitschüler in Gespräche verwickelt, um unbemerkt gezielte Informationen aus ihnen herauszukitzeln; er hatte sich sogar ein paar Notizen gemacht, und nach und nach entstand aus den vielen Details ein Gesamtbild, das aber nur Warren allein verstand.
Der, der humpelt, hat einen Vater, der Kfz-Mechaniker ist und der in der Werkstatt des Vaters von dem Typen aus der 3C arbeitet, der wohl bald geschasst wird. Der Kapitän des Basketballteams macht für eine bessere Note in Mathe alles. Der große Kerl aus der 2A3, der in die Klassensprecherin verknallt ist, ist sein Kumpel. Die Klassensprecherin ist die beste Freundin der Schwester des Hurensohns, der mir die zehn Euro geklaut hat. Dessen Handlanger hat Riesenschiss vor dem Informatiklehrer, der mit der Tochter des Bürochefs verheiratet ist, wo sein Vater arbeitet. Die vier Typen aus der Abi-Klasse, die immer zusammen abhängen, organisieren die Abschlussparty. Dazu brauchen sie das Soundsystem des Typen, der humpelt. Der Kleinste ist ein Mathe-Crack und Todfeind des Arschlochs, das mich vermöbelt hat.
Das Problem schien, zumindest was die Logik betraf, vor dem Eintreffen der Nachspeise gelöst, während Belle ihrem Bruder nach wie vor das Herz ausschüttete.
*
Maggie saß immer noch auf der Terrasse; sie studierte den Reiseführer und bestellte eine zweite Tasse Espresso.
Das Tympanon zieren Bilder aus dem Leben der Heiligen Jungfrau und aus der Leidenszeit der heiligen Cäcilia, die 232 n. Chr. in Rom geköpft wurde. Die Schnitzarbeiten in den massiven Holztüren zeigen Szenen der Feldarbeit während der vier Jahreszeiten. Ein Doppelturm, der in zwei Spitztürmen endet, überragt den Portalvorbau.
Eigentlich hätte sie jetzt aufstehen und in die Kirche gehen können, die sie dank ihres Reiseführers schon in- und auswendig kannte. Sie könnte im Kirchenschiff niederknien, sich sammeln, zu Jesus am Kreuz hochblicken, mit ihm reden und beten. All das hatte sie getan, bevor sie Frederick, der damals noch Giovanni hieß, kennenlernte. Nachdem sie ein Paar geworden waren, war der Besuch einer Kirche oder auch nur ein Blick zum Gekreuzigten undenkbar geworden. Mit jedem Kuss auf Giovannis Lippen spuckte sie Christus ins Gesicht. Mit dem Jawort zu dem Mann ihres Lebens hatte sie ihren Gott beleidigt, und von ihrem Gott sagte man, dass
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