Malefizkrott
vorgekommen waren. »Fünfhun dert Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer und Spesen.«
Jetzt lachte Michel Schrader. »Was glauben Sie, was ich als Lehrer verdiene?«
»Sie sind Hochschulprofessor.«
»Das macht keinen nennenswerten Unterschied.«
Ich ließ meinen Blick wortlos durchs Zimmer schweifen. Lola blickte sich ebenfalls um und machte ein Gesicht, als wollte sie sagen: Du bist so was von peinlich, Pappo.
»Haben Sie denn so was überhaupt schon mal gemacht, Herr Nerz.«
Ich nahm meinen Trenchcoat und erhob mich, diesmal ohne gegen die Tischplatte zu treten. »Überlegen Sie es sich, Herr Schrader. Ich muss jetzt los. Wenn Ihnen die Drohbriefe ernsthaft Sorgen machen, dann gehen Sie zur Polizei. Die Internetfreaks vom LKA können ganz schnell rausfinden, wo sie herkommen.«
»Und wenn es nur ein Scherz ist?«
»Auch Scherze dieser Art haben strafrechtliche Konsequenzen. Falls Sie sich von der Polizei nicht ernstge nommen fühlen, dann empfehle ich Ihnen einen professi onellen Personenschutz.«
Michels verhärmtes Gesicht bekam Geizpickel. »Bitte, Herr Nerz. Vielleicht sind das alles nur Hirngespinste eines Vaters, der Schwierigkeiten hat, seine Tochter in die Welt zu entlassen. Man macht sich halt Sorgen. Mei ne Frau ist Schauspielerin … Marlies Schrader … Haben Sie sicher schon im Fernsehen gesehen. Je nun … In ihrer Branche geht man davon aus, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, ein siebzigprozentiges Risiko haben, einmal im Leben Opfer eines Stalkers zu werden. Ich werde nicht bei allen Lesungen dabei sein können. Abgesehen davon, das Lola ihren Papa nicht ständig dabeihaben will. Und ich bin auch nicht gerade …« Er lä chelte schief. Und dann kam die komplette Unterwer fung. »Ich bin kein Karatekämpfer. Ich war schon immer ein Stubenhocker. Ich lese lieber. Ich wäre meiner Tochter wahrlich kein guter Schutz. Ich möchte, dass jemand dabei ist, der … der … nun ja …«
»Ein Samurai?«
Der Vater lächelte. »Wenn Sie das so nennen wollen.«
»Aber das kostet halt.«
»Dann mache ich Ihnen einen Vorschlag. Für diese Lesungen bekommen wir ja auch was. Viel ist es zwar nicht … Ursprung wollte 200 bezahlen. Allerdings gesehen haben wir das Geld noch nicht.«
»Okay«, sagte ich. »Dann kriege ich jeweils achtzig Prozent des Honorars für die Lesung. Plus Fahrtkosten.«
»Ohaaa!«, entfuhr es Lola. Sie dehnte den Vokal schmerzvoll.
»Tja«, sagte ich mit altersweisem Augenaufschlag, »Sie haben die Geschäftswelt betreten. Da gibt es nichts mehr umsonst.«
»Geld, Geld, Geld! Alle wollen abfassen. Will ich die Hausis abschreiben, fragt der, was krieg ich dafür? Ich finde das voll trist.«
Siebzehnjährige und Geld. Das ganz große Geld mochte Lola noch am Fiedel vorbeigehen, aber 200 Euro konnte sie umrechnen in Jeans, Shirts, Schuhe und Motorroller.
»Sie sind sowieso noch nicht geschäftsfähig«, bemerk te ich.
Lola ließ sich in den Sessel zurückfallen und zog sich in sich zurück.
»Einverstanden«, sagte Michel Schrader. »Dann machen wir das so.« Er zog ein Blatt aus den Klarsichthüllen in seinem Ordner. »Ich habe da schon mal einen Vertrag vorbereitet. Sie verpflichten sich …«
Ich lachte nur. »Kommen Sie mal runter!«
»Ich dachte, damit Sie was in der Hand haben.« Seine Mimik wurde pfiffig. »Falls ich nicht zahle.«
»Sie zahlen!« Ich griff mir ins Jackett und zog einen USB-Speicher hervor. »Und hier möchte ich jetzt die Drohbriefe draufhaben.«
»Wozu?«
»Um was in der Hand zu haben, Herr Schrader.«
»Ich weiß nicht …«
»Ich kann mich auch in Ihr Wireless-Netzwerk einloggen und Ihren Computer und den Ihrer Tochter absaugen.«
»Unser System ist selbstverständlich passwortgeschützt.«
Ich schnalzte mit der Zunge und lächelte. »Wo hat der Drohbriefschreiber Lolas E-Mail-Adresse her?«
Eine winzigen Moment nur war er verunsichert. »Jugendliche hinterlassen doch überall Spuren im Netz. Lola ist natürlich in Facebook …«
»Da ist meine E-Mail-Adresse verborgen, Pappo. Das habe ich dir schon ixig Mal erklärt. Da klickt man den Namen an. Und dann stünde hier Facebook als Absender. Ist aber nicht. Additional muss der bei Facebook angemeldet sein.«
Ich kannte zwar einen, der sich ohne eigenes Profil in Facebook bewegte, auch in den verborgenen Profildaten, aber das erwähnte ich nicht.
»Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten«, sagte ich. »Bei dem Autor dieser Zeilen handelt es sich um eine Person aus Lolas
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