Malerische Morde
hier bei Ihnen das Waschpulver?«
Nachdem der Mann ihm mit verhaltener Freundlichkeit den Weg gewiesen hatte, raunte Herbie Anja zu: »In deiner Pause in der Pommesbude auf der anderen Straßenseite.«
Auf Schritt und Tritt verfolgt von den gestrengen Blicken des Verkäufers, kaufte er schließlich ein Paket Waschpulver, bezahlte und verließ den Supermarkt.
In der Imbissbude postierte er sich an einem Stehtisch, so dass er nach draußen blicken konnte, trank einen Kaffee nach dem anderen und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.
Gut, dass du jetzt endlich Waschpulver hast. Dein gelbes Shirt wird es dir danken. Jetzt brauchst du nur noch die Maschine dazu. Ist das überhaupt für Buntwäsche geeignet?
Anja kam nach etwa vierzig Minuten, gerade in dem Augenblick, in dem Herbie zum siebenunddreißigsten Mal auf die Uhr geblickt und begonnen hatte, sich Sorgen zu machen.
Er ließ sie nicht aus den Augen, bis sie durch die Tür in den Vorbau der Imbissbude eintrat.
Sie wirkte verstört und angespannt, als sie sich zu ihm an den Stehtisch gesellte. »Du machst doch jetzt keinen Scheiß mit den Bullen, oder? Ich meine, ich hab doch nichts mit dem ganzen Mist zu tun, der da abgelaufen ist.«
Herbie beschwichtigte sie: »Jetzt beruhige dich erst mal. Kaffee?«
Sie nickte. Als er mit zwei Bechern Kaffee an den Tisch zurückkehrte, zupfte sie nervös an einer ihrer gelben Haarsträhnen herum.
Sie sprachen leise miteinander. Das Radio dudelte, und alle paar Minuten kamen Leute herein und wünschten lautstark »Mahlzeit«. Sie konnten reden, ohne dass jemand mitbekam, worum es bei ihrem Gespräch ging.
»Angefangen hat das irgendwann im vorigen Jahr, als die Nati mir von diesem Maler erzählte. Vom Hermann. Sie sagte: ›Das ist ein total cooler Opa, der richtig geil malen kann, und der drückt auch richtig Asche ab, wenn man ihm ein bisschen den Arsch hinhält.‹ Entschuldige, aber genau so hat sie’s gesagt.«
Herbie nickte interessiert und forderte sie auf, fortzufahren.
»Ich hab natürlich direkt gefragt, ob das denn mit Anfassen ist und so. Ich kannte doch die Nati. Verstehst du, was ich meine? Die war kein Kind von Traurigkeit. Ich glaube, die war damals in der Schule die Allererste, die’s mit ’nem Typen richtig gemacht hat. Egal. Also, sie sagte dann zu mir: ›Nee, keine Panik, das ist nur Kunst. Der malt nur seine Bilder und lässt uns völlig in Ruhe.‹ Naja, und da hab ich gedacht, wenn der die Nati malt, dann hab ich ja wohl auch nix zu verbergen. Nix gegen die Nati, aber ein Bombenschuss war die ja nicht gerade. Darf man so was sagen, jetzt, wo sie tot ist?« Sie schlürfte ihren Kaffee und begann wieder mit ihrer Locke herumzuspielen.
»Und dann hast du auch Modell gestanden. Oft?«
»Zwei-, dreimal.« Und auf Herbies skeptischen Gesichtsausdruck hin bekräftigte sie das noch einmal. »Ehrlich! Wir waren in seinem Häuschen in Mirbach. Er wollte uns auch beide in freier Natur malen, aber da hab ich gesagt: ›Ohne mich. Nachher sieht uns einer.‹ Die Bude war ziemlich verkommen. Der lebte da ohne Frau.«
»Habt ihr gewusst, dass er verheiratet war?«
»Nee. Is mir neu. Ich hab nie ’ne Frau da gesehen.«
»Habt ihr sonst wen da gesehen?«
»Nö. Eigentlich nicht. Nee, halt mal, da war irgendwann so’n Typ, der Bilder abgeholt hat. Bilder von anderen Malern, die dieser Hermann überarbeitet hat, oder so. Restauriert wird er sie haben. Ich versteh da ja nix von.«
»Ein Dicker? Hieß der vielleicht Wallraff?«
»Oh, ja. Dick war der. Richtig fett. Wallraff? Kann ich mich nicht dran erinnern. Bert hieß der, glaube ich. Ja, Bert. Warte: Bert Pfeiffer? Nee, Pfeiffer war so ein anderer Name, der zwischen den beiden ein paar Mal fiel. Ich weiß noch, dass Nati so ein blödes Witzchen machte. Sie saß da halbnackt und sagte: ›Pfeiffer hin, Pfeiffer her, mir ist kalt. Jetzt ist Schluss mit Pfeiffer, sonst pfeif ich dir was, Hermann.‹ Und dieser Dicke hat ganz dreckig gelacht. Ich pfeif dir was, Hermann … Verstehste?«
Herbie setzte ein dummes Gesicht auf. »Pfeifen?«
»Ja, genau. Pfeifen … Pusten … Ach, egal, vergiss es.«
Julius verbarg sein Gesicht hinter den Händen.
Junge, Junge, du hältst sicher eine ›Zote‹ für eine bedrohte Pelztierart, stimmt’s?
»Da fällt mir übrigens ein, dass ich dieses Bild, das gestern in Daun geklaut worden ist, irgendwann auch bei Hermann gesehen habe. Als Fotografie. In Farbe. Etwa so groß.« Sie hielt die ausgestreckten
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