Malerische Morde
hier haben wollte.
Deborah drehte sich langsam um, und ein diabolisches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.
»Das könnte dir so passen, du verrückte alte Schachtel«, murmelte sie leise und drohend. »Von dir lass ich mich nicht verrückt machen.« Dann machte sie sich über den ersten Stoß Bilder her.
*
Ingrid Delamot drehte voller Scham den Kopf zur Seite, als sie Herbie erkannte. Ihre faltigen Hände fuhren unentwegt den Saum ihres Federbetts entlang. Draußen regnete es heftig. Ab und zu trieb eine Bö den Regen prasselnd gegen die Scheiben.
»Ich soll Sie nicht zu lange stören, meint der Arzt«, sagte Herbie so behutsam es eben ging.
»Ach was, Sie stören doch nicht«, erwiderte sie leise. Man hatte ihr das Gebiss aus dem Mund genommen, und unter ihre Worte mischten sich leise zischelnde Laute. »Sie sind so ein sympathischer junger Mann. Es tut mir so furchtbar leid, dass ich Sie da mit hineingezogen habe.«
Herbie hatte eine Weile vor der Tür warten müssen, bevor er zu ihr gelassen worden war. Während dieser Zeit hatte er sich sehr genau überlegt, was er sagen würde. All sein Zorn wegen der Dinge, die sie ihm verschwiegen hatte, war längst verraucht. Jetzt, wo er an ihrem Krankenhausbett stand und betrachtete, was aus der bemerkenswert frischen alten Dame, die er am Vortag bei einem Maarspaziergang kennen gelernt hatte, innerhalb weniger Stunden geworden war, fehlten ihm einfach die Worte.
Sein Begleiter Julius, der noch vorhin auf dem Flur, um ihn aufzumuntern, allerlei alberne Dinge mit den Essenswagen angestellt hatte, stand stumm und in sich gekehrt am Fußende des Bettes und sah aus, als befinde er sich auf einem Staatsbegräbnis.
Frau Delamot befreite Herbie aus der bedrückenden Situation, indem sie sagte: »Ich war nicht ehrlich zu Ihnen, wissen Sie.«
»Ach?«, war alles, was er hervorbrachte.
»Ich muss Ihnen gestehen, dass ich bereits in der Eifel war, als Hermann getötet wurde. Eigentlich waren wir für diesen Tag miteinander verabredet. Wir hätten uns nach all den Jahren endlich wiedergesehen.« Sie seufzte tief und schenkte Herbie einen Blick voll abgrundtiefer Trauer, dass es ihm schier das Herz brach.
»Der Gedanke, dass wir diese eine letzte Gelegenheit dann doch nicht mehr bekommen haben, hat mich einfach nicht mehr losgelassen. Ich wollte endlich diesen Schmerz nicht mehr spüren müssen«, sagte sie leise. »Deshalb liege ich jetzt hier.«
Herbie nickte stumm und verspürte den Drang, tröstend ihre Hand zu halten. Er griff danach. Sie fühlte sich kalt und schlaff an. Er hoffte inständig, dass Julius sich jetzt nicht zu irgendwelchen Albernheiten hinreißen lassen würde. Aber Julius zeigte ein für ihn ungewöhnliches Taktgefühl.
»Hermann hat sehr gelitten. Diese Frau hat ihn regelrecht ausgehöhlt. Sie hat ihn gebrochen. Auch wenn er mich damals sehr verletzt hat, hatte er das wirklich nicht verdient.«
Sie wies mit einer schwachen Handbewegung in eine Zimmerecke. »Holen Sie sich doch bitte einen Stuhl heran.«
Er tat, wie ihm geheißen, und nahm an ihrer Seite Platz.
»Es ist erst ein paar Wochen her, da hat er mich angerufen. Er war dabei nicht mehr nüchtern. Früher hat er kaum etwas getrunken. Und dann hat er am Telefon tatsächlich geweint. Ich versprach, einen Besuch in der Eifel zu machen und wir haben uns verabredet. Er war sehr froh darüber. Ich glaube, er hatte mir sehr viel zu erzählen. Er hat das alles am Telefon nur kurz angerissen, wissen Sie. Es waren eigentlich nur Andeutungen: Debbie, die ihm übel mitgespielt hat, die jungen Dinger, die ihn verrückt machten mit ihren nackten Leibern, seine Sehkraft, die nachließ … ach, er tat mir so unendlich leid.«
»Hat er Ihnen während des Telefonats etwas von Geldschwierigkeiten erzählt?«
»Nur andeutungsweise. Was ihm Sorgen bereitete, war die Tatsache, dass er im Moment nicht gefragt war. Er verkaufte schon seit geraumer Zeit keine Bilder mehr. Das Geld sitzt nicht mehr so locker bei den Kunden. Und im Moment, so erzählte er, hätten sich die Leute mit den entsprechenden Mitteln eben darauf verlegt, Bilder längst verstorbener Eifelmaler zu kaufen. Plötzlich will jeder einen von Wille, einen Degode, oder wie sie alle heißen. Er hat auch etwas von Dingen gesagt, die man eigentlich nicht tun sollte.«
»Was könnte das gewesen sein?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen. Er sagte nur, dass er Dinge täte, die er besser bleiben ließe, aber die er tun müsse, um Geld zu
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