Malina
auf und stöhnten ... um nichts mehr zu hören, vergrub sie den Kopf in ihren Armen ... Sie konnte nicht vor und nicht zurück, sie hatte nur die Wahl zwischen dem Wasser und der Übermacht der Weiden.
Antoinette Altenwyl steht in Salzburg auf dem Bahnhof und verabschiedet am Zug gegenüber ein paar Leute, die nach München zurückfahren. Immer war mir dieser Bahnhof zuwider mit seinen absurden Wartezeiten und Abfertigungen, aber diesmal muß ich mich nicht abfertigen lassen, dennich bleibe, ich gehöre zu INLAND . Warten muß ich doch, bis Antoinette sich durch alle Leute gegrüßt und geküßt hat, dann winkt sie dem abfahrenden Zug nach, als wären ganze Völkerscharen zu grüßen, huldvoll, und mich hat sie natürlich auch nicht vergessen. Atti freue sich wahnsinnig auf mich, er wird bald regattieren, so? das wisse ich nicht? Antoinette vergißt immerzu, wofür ein anderer Mensch sich interessiert, und Atti will also morgen vormittag mit mir nach St. Gilgen hinüberfahren, denn diese erste Regatta mache er natürlich nicht mit. Ich höre Antoinette unsicher zu. Warum Atti auf mich wartet, verstehe ich nicht, Antoinette wohl auch nicht, sie hat es aus lauter Herzlichkeit erfunden. Malina läßt dich grüßen, sage ich trocken.
Danke, warum seid ihr denn nicht miteinander, nein, sowas, die arbeiten jetzt noch! wie geht es denn unserem lieben Schwerenöter?
Daß sie in Malina einen Schwerenöter sieht, ist mir eine solche Überraschung, daß ich zu lachen anfange: Aber Antoinette, du verwechselst ihn vielleicht mit dem Alex Fleisser oder mit dem Fritz! Ach, bist du jetzt mit dem Alex? Ich sage freundlich: Du bist wohl verrückt. Aber ich stelle mir immer noch vor, wie Malina als Schwerenöter, allein in der Wohnung in Wien, es schwerhaben könnte. Antoinette fährt jetzt einen Jaguar, die englischen Wagen sind eben die einzig möglichen, und sie fährt schnellund sicher, auf einem von ihr entdeckten Umweg, aus Salzburg heraus. Sie wundert sich, daß ich heil angekommen sei, man höre dauernd solche komischen Sachen über mich, ich käme nirgendwo an, jedenfalls nie zu der Zeit und nie an dem Ort, wo man mich erwartet. Ich erzähle umständlich, wann ich zum erstenmal in St. Wolfgang war (und die Hauptsache lasse ich aus, einen Nachmittag in einem Hotelzimmer), und daß es die ganze Zeit geregnet hätte und eine sinnlose Reise gewesen war. Obwohl ich es nicht mehr weiß, lasse ich es regnen, damit Antoinette mir jetzt als Ausgleich ein regenloses, sonniges Salzkammergut anbieten kann. Damals konnte ich mich auch nur selten eine Stunde mit Eleonore treffen, weil sie Küchendienst hatte im Grand Hotel, Antoinette unterbricht mich irritiert: Nein, was du nicht sagst, die Lore, ja wieso denn? in welcher Küche? im Grand Hotel, das gibt es doch gar nicht mehr, die haben falliert, aber gewohnt hat man dort gar nicht schlecht! Und ich begrabe rasch Eleonore und verzichte darauf, Antoinette aufzuklären und mich zu verwunden. Ich hätte nie mehr hierherkommen dürfen.
Bei den Altenwyls sind schon fünf Leute zum Tee, zwei sollen noch dazukommen zum Abendessen, und ich habe den Mut nicht mehr, zu sagen: AberIhr habt mir doch versprochen, daß niemand da ist, daß es ganz still sein wird, wir ganz unter uns! Und morgen kommen also die Wantschuras, die sich ein Haus gemietet haben für den Sommer, und am Wochenende nur noch die Schwester von Atti, die darauf besteht, Baby mitanzuschleppen, die sich, hörst du mir zu? eine unglaubliche Geschichte, diesen Rottwitz in Deutschland erheiratet hat, diese geborene Hochstaplerin, sonst sei sie ja nicht sehr geboren, und sie soll draußen einen succès fou haben, die Deutschen fallen ja auf alles herein, die glauben wirklich, die Baby sei mit den Kinskys verwandt und auch mit ihnen, den Altenwyls, man staune nur so. Antoinette findet aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Aus der Teestunde stehle ich mich weg, ich wandre durch den Ort und am Ufer entlang, und weil ich schon hier bin, mache ich meine Besuche. Die Leute verändern sich merkwürdig in diesen Gegenden. Die Wantschuras entschuldigen sich dafür, daß sie am Wolfgangsee ein Haus gemietet haben, ich habe es ihnen nicht vorgeworfen, ich bin ja auch da. Christine rennt ruhelos durch das Haus, mit einer alten Schürze vorgebunden, damit man darunter das Saint-Laurent-Kleid nicht sieht. Es sei ein reiner Zufall, ihr wäre es in der hintersten Steiermarklieber. Aber nun sind die Wantschuras eben doch da, obwohl ihnen besonders die
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