Malloreon 1 - Herrn des Westens
Tante Pol.«
»Dann wird dir nichts übrigbleiben, als mir ganz einfach zu vertrauen, nicht wahr?«
»Natürlich tue ich das, Tante Pol. Es ist nur…«
»Was, Liebes?«
»Nichts.«
Im Spätwinter kehrte Kapitän Greldik aus dem Süden zurück. Ein Sturm hatte eine Plankenverbindung gesprengt, und das Schiff schöpfte Wasser, als es schwerfällig um die Landzunge zum Hafen bog.
»Ich dachte schon, ich müßte das letzte Stück schwimmen«, brummte der bärtige Chereker, als er auf den Kai sprang. »Wo kann ich meine arme alte Seekuh ans Land bringen? Ich muß sie kalfatern.«
»Die schmale Bucht dort ist dazu gut geeignet.« Garion deutete.
»Ausgerechnet im Winter!« fluchte Greldik. »Kann ich hier irgendwo was zu trinken kriegen?«
»Oben bei uns in der Zitadelle.«
»Danke. Übrigens, ich habe den Gast mitgebracht, wie Polgara es wollte.«
»Einen Gast?«
Greldik drehte sich um und trat mehrmals gegen die Schiffshülle. »Wir sind hier!« brüllte er. Dann wandte er sich wieder Garion zu. »Ich segle gar nicht gern mit Weibern an Bord. Ich bin ja wirklich nicht abergläubisch, aber manchmal denke ich doch, daß sie tatsächlich Unglück bringen. Außerdem muß man ständig aufpassen, daß man sich nicht verkehrt benimmt.«
»Ihr habt eine Frau an Bord?« staunte Garion.
Greldik brummelte: »Hübsches kleines Ding. Sie hat wohl ergebenes Benehmen erwartet, aber dazu ist kaum Zeit, wenn die ganze Mannschaft mit Wasserschöpfen beschäftigt ist.«
»Hallo, Garion«, rief eine zarte Stimme vom Deck.
»Xera?« Garion starrte verblüfft auf das zierliche Gesicht der Base seiner Frau. »Bist du es wirklich?«
»Natürlich«, antwortete die rothaarige Dryade ruhig. Sie war bis über die Ohren in dicken Pelz gehüllt, und ihr Atem dampfte in der frostigen Luft. »Ich bin so rasch gekommen, wie ich nur konnte, als ich Lady Polgaras Nachricht erhielt.« Sie lächelte den sauertöpfischen Greldik süß an. »Kapitän«, bat sie, »hättet Ihr die Güte, diese Ballen von Euren Leuten für mich tragen zu lassen?«
»Dreck!« schnaubte Greldik. »Ich segle mitten im Winter zweitausend Seemeilen, um ein kleines Mädchen, zwei Tonnen Wasser und vier Ballen Dreck zu befördern!«
»Muttererde, Kapitän«, berichtigte ihn Xera. »Muttererde! Da ist ein Unterschied, wißt Ihr?«
»Ich bin Seemann, für mich ist Dreck eben Dreck«, knurrte Greldik.
»Wie Ihr meint, Kapitän«, sagte Xera gewinnend. »Und nun seid so lieb und laßt die Ballen zur Zitadelle schaffen – und die Tonnen brauche ich ebenfalls.«
Brummelnd erteilte Kapitän Greldik die Befehle.
Ce'Nedra war außer sich vor Freude, als sie erfuhr, daß ihre Base in Riva angekommen war. Die beiden flogen einander um den Hals und machten sich sofort auf Suche nach Polgara.
»Sie mögen sich sehr, nicht wahr?« stellte Durnik fest. Der Schmied trug Pelz und ein Paar gut geteerte Stiefel. Obwohl es tiefster Winter war, hatte Durnik bald nach seiner Ankunft einen großen Teich nördlich der Stadt entdeckt, durch den ein Bergbach floß. Mit erstaunlicher Selbstbeherrschung hatte er zehn Minuten in das eisumrandete Wasser geblickt, ehe er sich auf die Suche nach einer Angel machte. Seither verbrachte er den größten Teil des Tages dort und ließ die gewachste Schnur in das wirbelnde Wasser hängen, um den Lachsen nachzustellen, die unter der bewegten Oberfläche lungerten. Zum erstenmal hatte Garion erlebt, daß Tante Pol ihren Mann wirklich ausschalt, als er bei einem heftigen Schneesturm die Zitadelle verlassen wollte, um angeln zu gehen.
»Wo soll der ganze Kram hin?« erkundigte sich Greldik brummig und deutete auf Xeras Ballen und Tonnen, die von sechs kräftigen Seeleuten die lange Treppe zur Zitadelle hochgeschleppt worden waren.
»Oh«, sagte Garion. »Laßt alles dort drüben abstellen.« Er deutete auf eine Ecke des Eingangs, den sie gerade betreten hatten. »Ich werde mich dann erkundigen, wohin die Damen das Zeug haben möchten.«
»Gut.« Greldik rieb sich die Hände. »Und jetzt was zu trinken…«
Garion hatte nicht die geringste Ahnung, was seine Frau, ihre Base und Polgara vorhatten. Meistens unterbrachen die Damen ihre Unterhaltung, sobald er das Gemach betrat. Zu seiner Verblüffung fand er die vier Ballen Erde und zwei Tonnen Wasser am Abend ziemlich unordentlich in einer Ecke des königlichen Schlafgemachs aufgestapelt.
Ce'Nedra verweigerte energisch eine Erklärung, doch der Blick, mit dem sie ihn bedachte, als er fragte, weshalb
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