Malloreon 1 - Herrn des Westens
das Zeug so dicht beim Bett herumstehen mußte, war fast keß gewesen.
Etwa eine Woche nach Xeras Ankunft, nach einem plötzlichen Wetterumschwung, ließ sich die Sonne wieder sehen und die Temperatur hielt sich knapp über dem Gefrierpunkt. Kurz vor Mittag, während Garion sich bei einer Besprechung mit dem drasnischen Botschafter befand, betrat ein Diener zaudernd das königliche Arbeitsgemach. »Bi-bitte, Eure Majestät«, stammelte der Bedauernswerte. »Bitte, verzeiht, daß ich Euch störe, aber Lady Polgara befahl mir, Euch sofort zu ihr zu bringen. Ich versuchte ihr zu erklären, daß wir Euch nie stören, wenn Ihr beschäftigt seid, aber sie – sie beharrte darauf.«
»Dann geht besser gleich, Eure Majestät«, riet ihm der drasnische Botschafter. »Wenn Lady Polgara mich gerufen hätte, wäre ich bereits unterwegs zu ihr.«
»Ihr braucht wirklich keine Angst vor ihr zu haben, Markgraf«, sagte Garion. »Sie würde Euch nicht tatsächlich etwas tun.«
»Darauf möchte ich mich lieber nicht verlassen, Eure Majestät. Wir können unser Gespräch ein andermal fortsetzen.«
Stirnrunzelnd ging Garion den Korridor entlang zu Tante Pols Gemach. Er klopfte und trat ein.
»Ah, da bist du ja. Ich wollte gerade einen zweiten Diener nach dir schicken.« Sie trug einen pelzgefütterten Umhang mit Kapuze, die ihr Gesicht umrahmte. Ce'Nedra und Xera, beide gewandet wie sie, standen hinter ihr. »Ich möchte, daß du Durnik suchst«, sagte sie. »Er ist wahrscheinlich beim Angeln. Wenn du ihn gefunden hast, komm mit ihm zur Zitadelle zurück. Besorg dir eine Schaufel und eine Spitzhacke, und bring Durnik und das Werkzeug zum Garten vor dem Fenster deiner Privatgemächer.«
Er starrte sie mit großen Augen an.
Sie schnippte ungeduldig mit einer Hand. »Beeil dich, Garion, der Tag vergeht!«
»Jawohl, Tante Pol«, antwortete er, ohne lange zu überlegen. Er drehte sich um und rannte fast den Gang entlang. Erst am Ende des Korridors erinnerte er sich, daß er der König hier war und daß man ihn eigentlich nicht so herumkommandieren dürfte.
Durnik folgte dem Ruf seiner Gattin sofort – nun ja, fast sofort. Tatsächlich warf er die Leine noch einmal aus, ehe er sie einholte und Garion zur Zitadelle begleitete. Als die beiden zu dem kleinen Privatgarten vor den königlichen Gemächern kamen, standen Tante Pol, Ce'Nedra und Xera bereits unter den ineinander verschlungenen Eichen.
»Hört zu, was getan werden muß«, sagte Tante Pol. »Ich möchte, daß ihr die Erde rund um diese beiden Bäume ein bis zwei Fuß tief aufgrabt.«
»Uh – Tante Pol«, sagte Garion erschrocken, »der Boden ist zumindest leicht gefroren. Graben dürfte nicht einfach sein.«
»Dafür habt ihr ja die Spitzhacke, Liebes«, erinnerte sie ihn geduldig.
»Wäre es nicht einfacher zu warten, bis der Boden aufgetaut ist?«
»Wahrscheinlich, aber es muß jetzt geschehen. Grab, Garion!«
»Ich habe Gärtner, Tante Pol. Wir könnten ein paar kommen lassen.« Voll Unbehagen blickte er auf Hacke und Schaufel.
»Es ist wahrscheinlich besser, wenn es in der Familie bleibt, Liebes. Du kannst hier anfangen.«
Garion konnte sich aus dem Folgenden keinen Reim machen. Durnik und er hackten und schaufelten den gefrorenen Boden bis spät in den Nachmittag hinein. In die frisch ausgehobene Grube schütteten sie die vier Ballen Erde, stampften den lockeren Boden fest und gossen die dunkle Erde gründlich mit dem Wasser aus den beiden Tonnen. Danach wies Tante Pol sie an, das Ganze wieder mit Schnee zu bedecken.
»Verstehst du, was das soll?« fragte Garion Durnik, als sie ihr Werkzeug in den Gärtnerschuppen nahe dem Marstall zurückbrachten.
»Nein«, gestand Durnik, »aber ich bin sicher, sie weiß, was sie tut.« Er blickte zum Abendhimmel und seufzte. »Es ist vermutlich schon zu spät, zum Teich zurückzukehren«, murmelte er bedauernd.
Tante Pol und die beiden Mädchen gingen jeden Tag in den Garten, doch Garion konnte nicht herausfinden, was genau sie da machten. In der folgenden Woche wurde seine Aufmerksamkeit durch den unerwarteten Besuch seines Großvaters Belgarath abgelenkt. Der junge König saß in seinem Arbeitsgemach mit Botschaft, der ihm ausführlich von dem Pferd erzählte, das Garion ihm vor ein paar Jahren geschenkt hatte, als die Tür unsanft aufschwang und Belgarath, voll Reisestaub und mit Gewittergesicht, hereinstürmte.
»Großvater!« rief Garion und sprang auf. »Woher…«
»Halt den Mund und setz dich!« brüllte
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