Malloreon 2 - König der Murgos
wahr, Durnik?« Das klang fast anklagend.
Durnik blickte ihn verwirrt an.
»Wußtest du denn nicht, daß Unangenehmes wahr wird, wenn man davon spricht?«
»Aber Silk, das ist purer Unsinn!«
»Ich weiß«, gestand der kleine Mann. »Aber es stimmt trotzdem!«
Das Frühstück aus Brot, Trockenfrüchten und Speck, das Tante Pol für sie zubereitete, war einfach, aber reichlich. Als sie sich gestärkt hatten, packten sie alles wieder zusammen und löschten das Feuer mit Wasser aus dem eisigen Bach. Dann folgten sie seinem Ufer durch den Wald, den steilen Hang abwärts.
Durnik ritt neben dem Stummen. »Sag mir, Toth, hast du schon mal geangelt?« Er blickte auf das Wildwasser, das weiß schäumend über die moosigen Felsbrocken rauschte.
Der Hüne lächelte scheu.
»Ich habe Angelschnüre und Haken in meinem Beutel. Vielleicht, wenn wir dazu kommen…«
Toths Lächeln wurde zum breiten Grinsen.
Silk richtete sich in den Steigbügeln auf und spähte voraus. »Der Sturm ist nur noch eine knappe halbe Stunde entfernt«, sagte er.
»Wenn er erst mal zuschlägt, werden wir nicht mehr sehr schnell vorankommen«, brummte Belgarath.
»Ich hasse Schnee.« Silk schüttelte sich.
»Das ist aber sehr merkwürdig für einen Drasnier.«
»Warum, glaubt Ihr, bin ich von Drasnien weg?«
Die schwere Wolkenbank vor ihnen kam immer näher. Die Morgensonne erbleichte und verschwand, als die vorderen Schneewolken herbeirasten und sich vor das leuchtende Blau des Herbsthimmels schoben. »Es ist soweit!« rief Eriond vergnügt, als die ersten Schneeflocken fielen und im Wind wirbelten, der ihnen hangauf entgegenblies.
Silk bedachte den jungen Mann mit säuerlichem Blick, ehe er seinen Hut über die Ohren zog und sich fester in seinen schäbigen Umhang hüllte. »Ich nehme an, Ihr habt nicht vor, etwas dagegen zu unternehmen?« fragte er Belgarath spitz.
»Es wäre keine gute Idee.«
»Ihr enttäuscht mich manchmal sehr, Belgarath.«
Die Schneeflocken fielen dichter, und in dem bewegten weißen Vorhang, der sich den Wald hochschob, wurden die Bäume zu Schemen.
Etwa eine Meile weiter hangab kamen sie aus dem Birken- in einen dunkelgrünen Wald hoher Nadelbäume. Ihr dichtes Immergrün brach die Stärke des Windes, und der Schnee filterte bedächtig zwischen den Zweigen hindurch und bestäubte den nadelbestreuten Waldboden. Belgarath schüttelte den Schnee aus den Falten seines Umhangs und blickte sich um.
»Wieder verirrt?« fragte Silk.
»Nicht wirklich.« Der alte Mann drehte sich zu Durnik um. »Wie weit müssen wir noch bergab, ehe wir da herauskommen?«
Durnik kratzte sich am Kinn. »Schwer zu sagen«, antwortete er. Er wandte sich an den Stummen neben ihm. »Was meinst du, Toth?«
Der Hüne hob den Kopf und schnupperte in die Luft, dann machte er eine Reihe von Gesten mit der Rechten.
»Du hast wahrscheinlich recht«, bestätigte Durnik. Er wandte sich an Belgarath. »Wenn der Hang so steil bleibt, müßten wir irgendwann am Nachmittag unter die Schneegrenze kommen – wenn wir uns nicht aufhalten.«
»Dann schauen wir wohl besser, daß wir weiterkommen«, meinte Belgarath und ritt in holprigem Trott voraus.
Es hörte nicht zu schneien auf. Aus dem feinen Staub am Boden wurde eine dicke Schicht, und die Düsternis zwischen den Bäumen erhellte sich durch den Schnee.
Gegen Mittag machten sie eine kurze Rast, um sich ein paar Bissen Brot und Käse zu gönnen, dann ging es weiter bergab auf Arendien zu. Nachmittags wurden aus den Flocken allmählich eisige Regentropfen, genau wie Durnik und Toth es vorhergesagt hatten, bis der Schnee ganz zurückblieb und nur noch Regen durch die Zweige sickerte.
Am Spätnachmittag blies der Wind stärker, und der Regen, den er vor sich herpeitschte, war kalt und unangenehm. Durnik schaute sich um. »Es wird Zeit, daß wir ein uns ein Plätzchen zum Übernachten suchen. Wir brauchen Schutz vor diesem Wind, und trockenes Holz zu finden dürfte ein Problem sein.«
Der riesenhafte Toth, dessen Füße zu beiden Seiten seines Pferdes fast über den Boden schleiften, deutete auf ein Dickicht aus jungen Nadelbäumen am Rand der breiten Lichtung, auf die sie soeben gekommen waren. Wieder gestikulierte er auf merkwürdige Weise. Durnik beobachtete ihn aufmerksam, dann nickte er, und die beiden ritten zu dem Dickicht, saßen ab und machten sich an die Arbeit.
Das Lager, das sie aufschlugen, lag tief zwischen den schlanken Stämmen des Dickichts, wo die Kraft des Windes gebrochen wurde
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