Malloreon 2 - König der Murgos
vorsichtig. »Es ist nicht klug, offen zu erzählen, daß man mit ihm bekannt ist. Ihr wißt doch, daß der Kaiser einen Preis auf seinen Kopf ausgesetzt hat, nicht wahr?«
»Auf Naradas? Unmöglich!«
»Tut mir leid, Euer Ehren, aber das weiß jeder in Tol Honeth. Falls Ihr Auskunft geben könnt, wo er festgenommen werden kann, könnt Ihr Euch ohne große Mühe tausend Goldkronen verdienen.«
»Tausend Kronen!«
Silk schaute sich verschwörerisch um. »Ich möchte nicht, daß dies noch weiter verbreitet wird«, fuhr er halb flüsternd fort, »aber in Tol Honeth munkelt man, daß seine Goldmünzen, mit denen er so freigiebig ist, falsch sind.«
»Falsch?« Dem Edlen quollen plötzlich die Augen hervor.
»Sehr geschickte Fälschungen«, erklärte Silk. »Gerade genug Gold mit unedlen Metallen gemischt, um die Münzen echt erscheinen zu lassen, aber sie sind nicht ein Zehntel soviel wert, wie ihre Prägung besagt.«
Des Edelmanns Gesicht wurde kreidebleich, und er legte unwillkürlich die Hand um den Beutel an seinem Gürtel.
»Das Ganze ist ein Komplott, um die tolnedrische Wirtschaft zu schädigen«, fügte Silk hinzu. »Irgendwie waren die Honether darin verwickelt, deshalb bringt man sie alle um. Und natürlich wird jeder gehängt, der mit einer dieser Münzen in seinem Besitz erwischt wird.«
»Was?«
»Verständlich.« Silk zuckte die Schultern. »Der Kaiser will diesem Hochverrat ein Ende machen. Da sind strenge Maßnahmen erforderlich.«
»Ich bin ruiniert!« stöhnte der Edle. »Schnell, Balera!« Er wendete sein Pferd. »Wir müssen sofort nach Tol Borune zurück!« Und schon trabte er mit seiner verstörten Gemahlin zurück.
»Wolltet Ihr denn nicht wissen, welches Land dahintersteckt?« rief ihnen Silk nach. Dann krümmte er sich vor Lachen im Sattel.
»Großartig, Kheldar«, murmelte Sammet bewundernd.
»Dieser Naradas kommt ganz schön herum«, brummte Durnik.
»Ich glaube, ich habe ihm gerade einen Hemmschuh verpaßt.« Silk grinste. »Wenn sich dieses Gerücht erst ausbreitet, dürfte er Schwierigkeiten haben, etwas für sein Gold zu bekommen. Von denen gar nicht zu sprechen, die das Interesse an der angeblichen Belohnung in gewissen Kreisen auslösen wird.«
»Aber trotzdem warst du gemein zu dem armen Edlen«, sagte Sammet nun. »Jetzt reitet er nach Tol Borune zurück und wird seine ganzen Goldmünzen vergraben.«
Silk zuckte die Schultern. »Das hat er davon, daß er sich mit Angarakanern einläßt!«
Ohne anzuhalten ritten sie durch Tol Borune und weiter südwärts zum Wald der Dryaden. Als dieser uralte Wald am Horizont in Sicht kam, zügelte Polgara ihr Pferd neben dem des im Sattel dösenden Belgarath. »Ich glaube, wir sollten Xantha unsere Aufwartung machen, Vater«, sagte sie.
Der alte Mann blinzelte verschlafen und schaute in die Richtung des Waldes. »Vielleicht«, brummte er.
»Wir schulden es ihr, Vater. Und es ist nicht wirklich ein Umweg.«
»Na gut, Pol. Aber nur ein kurzer Besuch. Zandramas hat bereits einen Vorsprung von Monaten.«
Sie überquerten die letzten offenen Wiesen und ritten durch die alten, moosigen Eichen, die das Laub längst abgeworfen hatten und deren Äste sich dunkel vom Himmel abhoben.
Eine eigenartige Veränderung überkam Ce'Nedra im Wald. Obwohl es hier nicht viel wärmer war, schob sie ihre Kapuze zurück und schüttelte die kupferfarbenen Locken aus, daß die kleinen, ahornförmigen Goldohrringe melodisch klingelten. Ihr Gesicht wurde seltsam ruhig und spiegelte nicht mehr das Leid, das es seit der Entführung ihres Sohnes gezeichnet hatte. Mit weichen, fast blicklosen Augen murmelte sie in die stille Luft unter den mächtigen Baumkronen: »Ich bin zurückgekehrt.«
Garion spürte die weiche, wispernde Erwiderung mehr, als daß er sie hörte. Ringsum erklang ein sanftes Säuseln, obwohl es völlig windstill war. Es war fast wie ein Chorgesang, gerade unterhalb der Hörschwelle, ein ruhiges, wehmütiges Lied voll Bedauern und doch voller Hoffnung.
»Weshalb sind sie traurig?« fragte Eriond leise Ce'Nedra.
»Weil es Winter ist«, antwortete sie. »Sie trauern um ihr gefallenes Laub und bedauern, daß die Vögel sie verlassen haben und südwärts geflogen sind.«
»Aber es wird doch wieder Frühling!« sagte er.
»Das wissen sie, trotzdem macht der Winter sie immer traurig.«
Sammet blickte die zierliche Königin erstaunt an.
»Ce'Nedras Abstammung macht sie sehr empfänglich für die Gefühle der Bäume«, erklärte ihr
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