Malloreon 2 - König der Murgos
bei klarem Verstand gewesen zu sein.«
»Jedenfalls war sie nicht von einer Art, die ich so leicht vergessen würde.«
Issus ging nicht darauf ein. »Jemand in der Stadt möchte Euch sehen.«
»Bedauere, Freund«, entgegnete Belgarath, »aber wir sind in Eile. Ich glaube nicht, daß es jemanden in Sthiss Tor gibt, mit dem wir sprechen müßten.«
Issus zuckte die Schultern. »Wie Ihr meint. Ich wurde lediglich bezahlt, auf Euch zu warten und es Euch auszurichten.« Er drehte sich um und kehrte durch das Gestrüpp zum Ufer zurück. Plötzlich hielt er inne. »Oh, das hätte ich fast vergessen. Der Mann, der mich schickte, trug mir noch auf, daß er etwas über jemanden namens Zandramas weiß. Falls Euch das etwas sagt.«
»Zandramas?« fragte Ce'Nedra scharf.
»Wer immer das ist.« Wieder zuckte Issus die Schultern. »Solltet Ihr interessiert sein: Ich habe ein Boot. Ein paar von Euch könnte ich übersetzen.«
»Gebt uns einen Moment, uns zu besprechen«, brummte Belgarath.
»Laßt Euch Zeit. Ehe es nicht dunkel ist, können wir sowieso nicht übersetzen. Ich warte im Boot, bis Ihr Euch entschieden habt.« Er stapfte weiter durchs Dickicht zum Ufer.
»Wer ist er?« fragte Silk Garion.
»Er heißt Issus und tut alles für Geld. Als ich ihn das letzte Mal sah, arbeitete er für Sadi, den Obereunuchen in Salmissras Palast – , aber ich habe das Gefühl, daß er für jeden arbeiten würde, solange er gut bezahlt wird.« Er wandte sich an Belgarath. »Was meinst du, Großvater?«
Der alte Mann zupfte an einem Ohrläppchen. »Es könnte eine Falle sein. Aber irgend jemand da drüben weiß offenbar allerhand über uns. Und ich würde gern herausfinden, wer dieser Jemand ist.«
»Aus Issus kriegt Ihr nichts heraus«, versicherte ihm Silk. »Ich habe es bereits versucht.«
Belgarath überlegte kurz. »Schau doch mal nach, wie groß dieses Boot ist.«
Silk ging zum Straßenrand und spähte durch das Gebüsch. »Alle faßt es nicht. Mehr als vier von uns kann er nicht mitnehmen.«
Belgarath kratzte sich am Kinn. »Also dann, du, ich, Pol und Garion«, entschied er. Er wandte sich an Durnik. »Geh du mit den anderen und den Pferden ein Stück in den Dschungel. Es kann eine Weile dauern, bis wir zurück sind. Macht kein Feuer, das von der Stadt aus gesehen werden könnte.«
»Ich kümmere mich darum, Belgarath.«
Das stumpf schwarze Boot, mit dem Issus über den Fluß gerudert war, war an einem halb versunkenen Baumstamm vertäut, und überhängende Zweige schützten es vor zufälligen Blicken. Der Einäugige sah Garion zweifelnd an. »Müßt Ihr dieses riesige Schwert mit herumschleppen?«
»Ja«, antwortete Garion bündig.
Issus zuckte die Schultern. »Wie Ihr wollt.«
Als das Zwielicht sich über den Fluß legte, stiegen Schwärme von winzigen Stechmücken aus dem Buschwerk auf und belästigten sie im Boot, wo die fünf auf die Dunkelheit warteten. Abwesend schlug Silk auf seinen Hals.
»Paßt auf, das Boot kippt leicht!« warnte Issus. »Die Egel sind in dieser Jahreszeit besonders hungrig, da ist Schwimmen nicht ratsam.«
Zusammengekauert saßen sie in dem kleinen Boot und erduldeten die Mücken, während das Licht allmählich nachließ. Nach einer sehr ungemütlichen halben Stunde spähte Issus durch die tarnenden Zweige. »Es ist dunkel genug«, erklärte er. Er löste das Tau und stieß es mit einem Ruder vom Ufer. Dann setzte er sich und paddelte auf die Lichter von Sthiss Tor zu. Etwa zwanzig Minuten später steuerte er das Boot in die tiefen Schatten unterhalb des Piers, der von der drasnischen Enklave – der Handelszone im Hafen, in der Kaufleute aus dem Norden Geschäfte machen durften – ins Wasser ragte. Ein geteertes Tau hing als Haltegriff unter dem Pier, und Issus zog sich und das Boot im Schutz des Piers zu einer Leiter und vertäute es an einem Pfosten. »Hier müssen wir hoch«, erklärte er. »Versucht möglichst leise zu sein.«
»Wohin genau bringt Ihr uns?« fragte Polgara.
»Es ist nicht weit«, antwortete er jedoch nur und kletterte die Leiter hoch.
»Haltet die Augen offen!« murmelte Belgarath. »So ganz traue ich dem Burschen nicht.«
Es war dunkel auf den Straßen von Sthiss Tor, da alle Fenster im Erdgeschoß mit Läden geschlossen waren. Issus schlich lautlos wie eine Katze dahin und hielt sich in den Schatten – ob aus Notwendigkeit oder Gewohnheit wußte Garion nicht. Als sie an einer engen Gasse vorüberkamen, hörte er ein leicht scharrendes Geräusch irgendwo in
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