Malloreon 2 - König der Murgos
um mich anzuschwärzen.« Er seufzte. »Ich hätte so gern sein Gesicht gesehen, als sie ihn küßte.« Er griff nach seinem Rasiermesser.
»Warum schaben alle Nyissaner ihre Köpfe kahl?« fragte ihn Ce'Nedra neugierig.
»Weil es in Nyissa verschiedene Arten blutsaugender Insekten gibt, Eure Majestät. Und Haar ist für sie ein bevorzugter Nistplatz.«
Sie starrte ihn erschrocken an und fuhr sich unwillkürlich durch die kupferroten Locken.
»Macht Euch keine unnötigen Sorgen«, beruhigte er sie lächelnd. »Meistens schlafen sie im Winter.«
Gegen Mittag, mehrere Tage später, führte die Straße, der sie folgten, aus dem Dschungel ins Bergland. Die feuchte Kälte, die über den üblicherweise dampfenden Sümpfen gehangen hatte, blieb allmählich zurück, je höher sie kamen, und in dem Hartholzwald entlang der Ostgrenze war es angenehm warm. Der Fluß plätscherte hier über Steine und Felsbrocken, und tiefer in den Bergen wurde sein in der Ebene trübes Wasser ganz klar.
»Die Furt ist da vorne«, erklärte Sadi, als sie um eine weite Kurve bogen. Einst hatte dort eine Brücke den Fluß überspannt, doch die Zeit und das Wildwasser hatten ihr Fundament angenagt, so daß sie schließlich eingestürzt war. Das Wasser rauschte gischtend über ihre Steine. Flußauf von den Brückentrümmern erstreckte sich ein breites Stück seichtes Kiesbett, wo das Wasser über den Steinen in der Sonne glitzerte. Ein vielbenutzter Weg führte zur Furt hinunter.
»Wie sieht es mit Blutegeln aus?« Silk beäugte das Wasser mißtrauisch.
»Die Strömung ist zu stark für sie, Fürst Kheldar«, antwortete Sadi. »Ihre weichen Leiber überstehen es nicht, wenn sie gegen die Steine geschmettert werden.« Unbeirrt ritt er voraus in das seichte Wasser und führte sie auf die andere Seite.
»Die Ortschaft, die ich erwähnte, liegt nicht weit von hier«, erklärte er, als sie den Fluß durchquert hatten, der hier schon nicht mehr viel mehr als ein Bach war. »Ich brauche bestimmt nicht länger als eine Stunde, um alles zu besorgen, was wir benötigen.«
»Dann warten wir hier«, bestimmte Belgarath. »Du begleitest ihn, Silk.«
»Ich komme gut allein zurecht!« protestierte Sadi.
»Davon bin ich überzeugt. Nennen wir es eine Vorsichtsmaßnahme.«
»Und wie soll ich dem Kaufmann erklären, wie ich zu einem Drasnier als Begleiter komme?«
»Lügt ihn an. Bestimmt könnt Ihr das überzeugend.«
Garion saß ab und stieg die Uferböschung hoch. Er mochte seine Gefährten, aber manchmal schmerzte ihn ihr müßiges Geplänkel. Obwohl er wußte, daß sie sich nichts dabei dachten, fand er, daß sie in ihrer gleichmütigen Frivolität keine Achtung vor seiner persönlichen Tragödie zeigten – und wesentlicher noch, für Ce'Nedras. Er stand oben am Flußufer und starrte mit blicklosen Augen die abschüssige Klamm hinunter, durch die sich der Schlangenfluß brach, und hinüber zu dem dichten Laubdach des Dschungels. Er war froh, wenn sie Nyissa endlich hinter sich hatten. Das lag weniger an dem haftenden Schlamm, dem Gestank der Sümpfe, ja nicht einmal so sehr an den Insektenschwärmen, die ständig in der Luft schwirrten. Das wirkliche Problem mit Nyissa war, daß man in keine Richtung weiter als ein paar Fuß sehen konnte. Aus irgendeinem Grund hatte Garion das schier überwältigende Bedürfnis, in weite Ferne blicken zu können. Die Bäume und das Dickicht, die ihm seit Betreten Nyissas die Aussicht versperrten, hatten ihn von Tag zu Tag gereizter gemacht. Ein paarmal hatte er sich gerade noch im letzten Moment zurückhalten können, nicht mit seinem Willen einen breiten, durch gehenden Streifen durch den Dschungel zu roden.
Als Silk und Sadi zurückkehrten, machte der Drasnier ein grimmiges Gesicht.
»Sie sollen doch nur der Täuschung dienen, Fürst Kheldar!« erklärte der Eunuch. »Wir werden ja nicht wirklich Sklaven treiben, also muß auch niemand sie tragen!«
»Es ist allein die Vorstellung, die mir zuwider ist!«
»Worum geht es?« fragte Belgarath.
Sadi zuckte die Schultern. »Ich erstand ein paar Ketten und Sklavenglöckchen. Das gefällt Kheldar nicht.«
»Ich habe auch was gegen die Peitschen!« warf Silk ein.
»Das habe ich Euch doch erklärt, Kheldar.«
»Trotzdem finde ich es abscheulich.«
»Sicher ist es das. Nyissaner sind eben abscheuliche Leute. Ich dachte, das wißt Ihr.«
»Wir können die Eigenschaften verschiedener Völker später miteinander vergleichen«, unterbrach sie Belgarath. »Jetzt
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