Malloreon 2 - König der Murgos
»Durnik, wirf mal einen Blick auf den Gang. Sieh nach, ob sie Wachen postiert haben, die auf uns aufpassen sollen.«
»Was habt Ihr vor?« erkundigte sich Silk.
»Ich muß die Bibliothek finden«, antwortete Belgarath, »und muß feststellen, ob Jaharb recht hatte, daß dieses Buch sich tatsächlich hier befindet.«
»Wäre es nicht besser, bis heute nacht zu warten?«
Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Es dauert vielleicht eine Weile, bis wir finden, was wir suchen. Agachak wird bis Mitternacht im Palast sein, also ist jetzt wahrscheinlich die günstigste Zeit, uns umzusehen.« Er lächelte dem kleinen Drasnier flüchtig zu. »Auch wenn du es vielleicht unnatürlich findest, aber manchmal fällt man tagsüber weniger auf, als wenn man spätnachts herumschleicht.«
»Das ist wahrhaftig unnatürlich!« erklärte Silk.
»Der Gang ist leer, soweit ich sehen kann!« meldete Durnik.
»Gut.« Belgarath verschwand in den Zellen und kehrte mit zwei Grolimkutten zurück. »Da!« Er streckte Garion eine entgegen, »Zieh das an.« Während die beiden aus ihren grünen Gewändern schlüpften und die schwarzen Kutten über den Kopf zogen, hielt Durnik weiter Wache an der Tür. »Beeilt euch«, flüsterte er. »Ich höre Schritte am hinteren Ende.«
Der alte Mann nickte und zog sich die Kapuze ins Gesicht. »Gehen wir«, wandte er sich an Garion.
Die Korridore waren von rauchigen Fackeln an den Wänden nur schwach beleuchtet. Wenige Grolimpriester waren unterwegs. Sie bewegten sich mit merkwürdig schwingendem Schritt, hatten die Hände in die Ärmeln gesteckt, den Kopf gesenkt, und die Kapuze bedeckte fast das ganze Gesicht. Garion nahm an, daß ihr seltsam steifbeiniger Schritt eine bestimmte Bedeutung hatte, deshalb bemühte er sich, ihn nachzuahmen, während er seinem Großvater folgte.
Belgarath bewegte sich mit vorgetäuschter Sicherheit, als wüßte er genau, wohin er ging. Sie erreichten einen breiteren Korridor. Der alte Mann schaute zu seinem Ende, wo eine Flügeltür weit offen stand. Dahinter befand sich ein Raum, aus dem das tanzende Licht züngelnder Flammen zu sehen war. »Nicht in diese Richtung«, flüsterte er Garion zu.
»Was ist das?«
»Das Allerheiligste mit dem Altar.« Rasch überquerte er den Korridor und betrat einen Nebengang.
»Auf diese Weise irren wir vielleicht Stunden herum, Großvater«, gab Garion zu bedenken.
Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Die Bauweise der Grolims ist überall ziemlich gleich«, entgegnete er. »Wir befinden uns im richtigen Teil des Tempels. Du siehst hinter den Türen auf dieser Seite nach, ich auf der anderen.«
Sie schritten den Gang entlang, und öffneten vorsichtig jede Tür.
»Garion«, flüsterte Belgarath. »Sie ist hier!«
Sie kamen in einen großen Raum, in dem es nach altem Pergament und modrigen Ledereinbänden roch. Reihe um Reihe von Bücherregalen erstreckten sich hier, in kleinen Alkoven standen je ein Tisch und zwei Bänke, und darüber hingen Öllampen an langen Ketten.
»Nimm ein Buch«, forderte Belgarath Garion auf. »Irgendeines, und setz dich an einen Tisch. Tu, als studiertest du. Doch laß den Blick nicht von der Tür, während ich mich umsehe. Huste, wenn irgend jemand hereinkommt.«
Garion nickte. Er nahm einen dicken Band aus einem Regal und setzte sich damit an einen Tisch in Türnähe. Die Minuten schleppten sich dahin, während er blicklos auf die Seiten starrte und gleichzeitig wachsam auf Geräusche lauschte. Was sollte er tun, falls ein Priester eintrat? Etwas sagen oder stumm über das Buch gebeugt sitzen bleiben? Wie war es hier üblich? Er dachte sich mehrere Strategien aus, doch als die Tür aufschwang, folgte er einer, die er überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte – er ergriff die Flucht und tauchte hinter die hohen, dunklen Regale, um Belgarath zu suchen.
»Können wir hier ungestört reden?« hörte er jemanden fragen.
Eine andere Männerstimme brummte: »Niemand kommt je noch hierher. Worüber willst du reden?«
»Haben wir nicht schon genug durch sie durchgemacht? Seid auch ihr anderen bereit, etwas gegen sie zu unternehmen?«
»Doch nicht so laut, du Narr! Wenn jemand dich hört, und es ihr erzählt, schmort dein Herz nach dem nächsten Glockenschlag auf den Kohlen!«
»Ich hasse diese narbengesichtige Hexe!« zischte der erste Grolim.
»Genau wir wir alle. Aber unser Leben hängt davon ab, daß sie es nicht merkt. Solange sie Agachaks Liebling ist, ist ihre Macht unbegrenzt.«
»Sie wird es
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