Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
Milch wohl noch warm ist?« murmelte sie. Sie streifte die Decke zurück und trippelte barfuß zur Tür. »Möchtest du auch etwas Milch?« fragte sie Garion. »Nein, danke, Liebes.« »Dann könntest du aber schlafen.« »Ich habe keine Schlaf Schwierigkeiten.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus und ging auf den Korridor.
Als sie eine kurze Weile später mit einem Becher Milch zurückkam, unterdrückte sie ein Kichern. »Was ist so komisch?« fragte Garion. »Ich habe Silk gesehen.« »Na und?«
»Er hat mich nicht gesehen, aber ich ihn. Er betrat eine Schlafkammer.«
»Meinst du nicht, daß er seine Schlafkammer verlassen und betreten kann, wie er will?«
Wieder kicherte sie und hüpfte ins Bett. »Das ist es ja, Garion. Es war nicht seine Schlafkammer!« »Oh!« Garion hüstelte verlegen. »Trink deine Milch.«
»Ich habe kurz an der Tür gelauscht«, gestand sie. »Interessiert es dich denn nicht, was sie gesagt haben?« »Nein.« Sie erzählte es ihm trotzdem.
Der Regen war weitergezogen, doch noch grollte ferner Donner, und Blitze zuckten am westlichen Horizont. Plötzlich schreckte Garion auf. Eine andere Art von Donner erklang viel näher und wurde hin und wieder von einem schrillen Trompeten begleitet. Leise stand er auf und trat auf den Balkon, der rings um das Wohnhaus führte. Eine lange Fackelreihe zog etwa eine halbe Meile westlich durch die Dunkelheit. Garion überlegte kurz, dann stellte er sich eindringlich die Wolfsgestalt vor. Das war zweifellos etwas, das ausgekundschaftet werden mußte! Die Fackeln bewegten sich in eigenartig langsamem Schritt. Als Garion näher kam, stellte er fest, daß sie viel höher waren als bei Fackelträgern auf Pferden. Das langsame Donnern und merkwürdige Trompeten hielt an. Neben einem Dornbusch blieb er stehen, um zu lauschen und zu beobachten. In einer langen Reihe stapften riesige graue Tiere in nordöstliche Richtung. Garion hatte zumindest das Bild eines Elefanten gesehen, als seine Tante Pol auf der Insel Verkat in Cthol Murgos den wahnsinnigen Einsiedler im Wald vertrieb. Doch das Trugbild eines Elefanten ist etwas anderes als die Wirklichkeit. Diese Tiere waren ungeheuerlich! Viel größer als irgendwelche, die Garion je zuvor gesehen hatte; und er fand, daß ihrem Schritt eine gewichtige Unerbittlichkeit anhaftete. Ihr Kopf und die Flanken waren mit Kettenrüstung geschützt. Garion schauderte bei dem Gedanken an dieses Gewicht, obwohl die Elefanten sich bewegten, als wäre der Kettenpanzer leicht wie Spinnweben. Die segelähnlichen Ohren der Tiere baumelten beim Gehen, und ihre pendelnden Rüssel hingen herab, aber dann und wann rollte der eine oder andere Elefant seinen Rüssel nach oben, berührte damit die Stirn, und dann erklang dieses erschreckende Trompeten.
Männer in einfacher Rüstung saßen auf diesen riesigen, schwerfälligen Tieren. Die mit den Fackeln hockten mit verschränkten Beinen auf den gewaltigen Tiernacken, während andere, mit Speeren, Schleudern und kleinen Bogen bewaffnet, hinter ihnen ritten.
An der Spitze des Zuges, rittlings auf dem Nacken eines Elefanten, der gut drei Fuß größer war als die übrigen, saß ein Mann in schwarzem Grolimgewand.
Garion schlich vorsichtig näher. Seine Pfoten verursachten keinen Laut in dem regennassen Gras. Er war zwar überzeugt, daß die Elefanten ihn mühelos wittern konnten, aber er hoffte, daß solche Giganten nicht wirklich auf ein so verhältnismäßig kleines Raubtier achteten, das keine Bedrohung für sie war. Ihnen gegenüber fühlte er sich winzig, unbedeutend wie ein Floh. Das war kein angenehmes Gefühl, schließlich wog er fast zweihundert Pfund, aber das Gewicht eines Elefanten wird in Tonnen gemessen, nicht in Pfunden.
Auf leisen Sohlen rannte er in einem Abstand von etwa fünfzig Metern neben dem Zug her. Seine Aufmerksamkeit galt hauptsächlich dem schwarzgewandeten Grolim auf dem Nacken des Leittieres.
Da erschien plötzlich auf dem Weg vor dem Leitelefanten eine Gestalt in glänzendem, schwarzem Satin, der im Fackelschein schimmerte. Der Zug hielt an, und Garion schlich näher.
Die Gestalt in Satin strich die Kapuze mit einer Hand zurück, die mit wirbelndem Licht gefüllt zu sein schien. Garion hatte in Ashaba und in Zamad ebenfalls flüchtig das Gesicht der Entführerin seines Sohnes gesehen, doch diese Begegnungen mit der darshivischen Zauberin waren so unheilschwanger gewesen, daß er nicht dazu gekommen war, sich ihr Gesicht wirklich einzuprägen. Doch nun, aus
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