Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
Zandramas«, sagte Poledra kalt. »Jedesmal, wenn du dich gegen die Bestimmung zu stellen versuchst, die uns alle lenkt, werde ich dich davon abhalten!«
»Und ich habe dir immer wieder gesagt, daß ich dich nicht fürchte, Poledra!« fauchte die Zauberin.
»Also gut«, schnurrte Poledra fast. »Dann wollen wir die Seherin von Kell rufen, damit sie ihre Wahl hier und jetzt trifft – aufgrund des Ausgangs dieser Begegnung.«
»Du bist nicht das Kind des Lichtes, Poledra. Das vorherbestimmte Treffen ist nicht zwischen dir und mir.«
»Ich kann Belgarions Platz einnehmen, wenn es sich als nötig erweist«, entgegnete Poledra, »denn die Begegnung zwischen dir und ihm ist nicht die, von der das Schicksal der Schöpfung abhängt. In dieser endgültigen Begegnung wirst du nicht mehr das Kind der Finsternis sein und er nicht mehr das Kind des Lichtes. Andere sind dazu bestimmt, diese Bürden auf sich zu nehmen; also mag die letzte Auseinandersetzung zwischen dir und mir an Ort und Stelle stattfinden!«
»Du würdest auf alles das Chaos herabbeschwören, Poledra!« schrillte Zandramas.
»Nicht auf alles, glaube ich. Belgarion ist das Kind des Lichtes, und er wird von hier weiterziehen zu dem Ort, der nicht mehr ist. Du bist das Kind der Finsternis, aber wenn wir unseren Kampf hier austragen und du fallen solltest, wer wird dann deine Bürde übernehmen? Urvon, vielleicht? Oder Agachak? Oder ein anderer? Du, jedenfalls, wirst nicht erhoben werden, und ich glaube, dieser Gedanke ist mehr als du ertragen kannst. Denk darüber nach, Zandramas, und triff deine Entscheidung.« Die beiden standen einander gegenüber, während das letzte Wetterleuchten im Westen ihre Gesichter in gespenstisches Licht tauchte. »Nun, Zandramas?«
»Wir werden uns ganz gewiß wiedersehen, Poledra, und dann wird die Entscheidung fallen – doch nicht hier. Dies ist nicht der Ort meiner Wahl.« Dann schimmerte das Kind der Finsternis und verschwand, und Garion hörte und spürte das Tosen ihrer Translokation.
15
S ie kam gemessenen Schrittes auf ihn zu, und ihre goldenen Augen waren voll Rätsel. »Steck dein Schwert weg, Garion«, wies sie ihn an. »Du brauchst es jetzt nicht.«
»Ja, Großmutter.« Er langte über die Schulter, schob die Klingenspitze in die Scheide und ließ das Schwert durch sein eigenes Gewicht hineingleiten. »Du hast alles gehört, nehme ich an?« »Ja, Großmutter.« »Dann verstehst du?« »Nicht ganz, nein.«
»Mit der Zeit wirst du es. Gehen wir ins Haus. Ich muß mit meinem Mann und meiner Tochter reden.«
»Gut.« Garion war nicht sicher, was sich in diesem Fall schickte, und ebensowenig wußte er, wie er reagieren würde, wenn er versuchte, ihr den Arm zu reichen und feststellte, daß sie unstofflich war. Das gute Benehmen verlangte jedoch, daß ein Herr einer Dame über unebenen Boden half, so biß er die Zähne zusammen, streckte die Hand aus und langte nach ihrem Ellbogen.
Sie war so stofflich wie er, und er fühlte sich sogleich besser.
»Danke, Garion.« Sie lächelte schelmisch. »Hast du wirklich geglaubt, deine Hand würde durch mich hindurchgreifen?« Er errötete. »Du hast gewußt, was ich dachte!«
»Natürlich.« Sie lachte warm. »Das ist wirklich nicht wundersam, Garion. Du bist ein Wolf in deiner anderen Gestalt, und Wölfe drücken ihre Gedanken sehr offen aus. Du sprachst deine in vielen Bewegungen und Gesten aus, deren du dir nicht einmal bewußt warst.« »Davon hatte ich keine Ahnung!«
»Es liegt viel Reiz darin. Welpen tun es die ganze Zeit.«
»Danke!« sagte er trocken, während sie durch das Tor in den Hof traten. Durnik und Toth waren dabei, die letzten Flammen an der versengten Wand der Scheune mit Wasser aus Eimern zu löschen, die Silk, Eriond und Sadi herbeibrachten. Die Drachin hatte glücklicherweise nicht genug Zeit gehabt, die Gebäude mit ihrem feurigen Atem richtig in Brand zu setzen, deshalb hatte auch keines der Feuer wirklichen Schaden angerichtet. Polgara überquerte den Hof mit Ce'Nedra und Sammet. »Mutter«, sagte sie einfach.
»Du siehst gut aus, Polgara«, sagte die braunhaarige Frau, als hätten sie sich erst vergangene Woche gesehen. »Die Ehe bekommt dir.« »Sie gefällt mir«, gestand Polgara lächelnd.
»Das dachte ich mir. Ist er da? Ich muß mit euch allen reden!«
»Er ist in einer Kammer im Obergeschoß. Du weißt doch, wie er sich bei solchen Begegnungen fühlt.«
»Würdest du ihn bitte holen, Garion? Ich habe nur wenig Zeit, und es gibt
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