Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
glücklich machen würden.«
»Irgendwo muß man seine Grenzen ziehen«, entgegnete Silk von oben herab.
Sammet drehte sich im Sattel und blickte zu ihnen zurück. »Das war das faszinierendste Gespräch, das ich je hörte, meine Herren«, lobte sie. »Die Erkenntnisse auf dem Gebiet vergleichender Moralität sind absolut umwerfend.« Sie schenkte ihnen ein sonniges Lächeln, bei dem ihre Grübchen sichtbar wurden.
»Uh – Markgräfin Liselle«, sagte Sadi. »Zith ist nicht zufällig wieder bei Euch?«
»O doch, Sadi.« Das honigblonde Mädchen hob die Hand, um seinen Einwand abzuwehren. »Aber ich habe sie diesmal nicht geholt. Sie kroch mitten in der Nacht in mein Zelt und kuschelte sich ganz von allein in ihr Lieblingsversteck. Das arme Ding zitterte regelrecht vor Kälte.« Silk erblaßte.
»Möchtet Ihr sie jetzt zurück?« fragte Sammet den kahlgeschorenen Eunuchen.
»Nein.« Sadi seufzte uns strich sich über den Kopf. »Ich glaube nicht. Solange sie sich dort glücklich fühlt, wo sie jetzt ist, lassen wir sie am besten.«
»Sie ist sehr glücklich. Sie schnurrt ganz laut.« Sammet runzelte plötzlich die Stirn. »Ich finde jedoch, daß Ihr ihr ein bißchen weniger zu fressen geben solltet, Sadi. Sie bekommt ein Bäuchlein.« Sammet lächelte wieder.
»Wir möchten doch keine fette Schlange, oder?« »Entschuldigt mich!« sagte Sadi sehr gekränkt.
Am höchsten Punkt des Passes stand ein abgestorbener Baum. Der blaugestreifte Falke hatte sich auf einem der kahlen Äste niedergelassen und putzte mit dem krummen Schnabel eifrig sein Gefieder. Als sie näher kamen, flog er hinunter, und Beldin stand fluchend auf dem Pfad vor ihnen.
»Irgendwas passiert, Oheim?« erkundigte sich Polgara.
»Ich bin in einen Seitenwind geraten«, erklärte er brummig. »Er hat mein Gefieder zerzaust. Du weißt doch, wie das ist.«
»O je! Das passiert mir auch immer wieder. Der Nachtwind ist so unberechenbar.« »Deine Federn sind zu weich.«
»Ich habe die Eule nicht erschaffen, Ohm, also gib nicht mir die Schuld an der Beschaffenheit des Gefieders.«
»An einer Kreuzung, ein Stück voraus, ist eine Schenke«, wandte sich Beldin nun an Belgarath. »Möchtest du nicht eine Rast einlegen, um in Erfahrung zu bringen, was unten auf der Ebene vorgeht?«
»Das wäre keine schlechte Idee.« Belgarath nickte. »Besser, als unvorbereitet in Schwierigkeiten zu reiten, wenn es sich vermeiden läßt.« »Dann warte ich in der Wirtsstube auf euch.« Beldin flog wieder davon.
Polgara seufzte. »Warum muß es immer eine Schenke sein?« beschwerte sie sich.
»Weil Leute, die schon ein wenig getrunken haben, sich gern reden hören, Pol«, erklärte Belgarath freundlich. »In einer Schenke erfährt man in fünf Minuten mehr als in einer Teestube in einer Stunde.«
»Ich wußte doch, daß dir eine Ausrede einfallen würde!« »Natürlich.«
Sie ritten den bewaldeten Paß hinunter und auf einem schattigen Weg zu der Schenke. Es war ein niedriges Haus aus Stämmen, abgedichtet mit Lehm. Wetter und Alter hatten die Dachschindeln aufplatzen lassen. Braune Hühner kratzten im Schmutz des Hofes, und ein Wurf Ferkel saugte glücklich grunzend an einer große Sau, die es sich im Schlamm bequem gemacht hatte. Ein paar lahme Gäule waren am Geländer angebunden, und ein Karandeser in mottenzerfressenem Pelz schnarchte auf der Veranda.
Polgara zügelte ihr Pferd, als sie sich der Schenke näherten und ein Hauch des Geruchs aus dem Innern ihre Nasenflügel erreichte. »Meine Damen, ich glaube, wir sollten vielleicht lieber dort drüben im Schatten warten.«
»Ja, da kommt wahrhaftig ein gewisser Duft aus dieser Tür«, murmelte Sammet.
»Du bleibst bei uns, Eriond«, bestimmte Polgara. »Es ist nicht nötig, daß du in deinem Alter bereits schlechte Angewohnheiten annimmst.« Sie ritt zu einer Gruppe hoher Fichten in einiger Entfernung von der Schenke und saß im Schatten ab. Durnik und Toth wechselten einen raschen Blick, dann schlossen sie sich ihr mit Sammet, Ce'Nedra und Eriond an. Sadi machte sich daran, vor der Schenke vom Pferd zu steigen, als ihm durch die Tür eine Geruchswolke entgegenschlug. Er würgte leicht. »Das ist auch nichts für mich, meine Herren«, erklärte er. »Ich werde ebenfalls im Freien warten. Außerdem ist es Zeit, daß ich Zith füttere.«
»Mach, was du willst.« Belgarath zuckte die Schultern, saß ab und ging voraus zum Haus. Sie stiegen über den schnarchenden Karandeser und traten ein. »Verteilt
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