Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
Tage dauern.«
»Wir werden in Kürze alles an Bord haben«, versicherte ihm Silk.
»Wir können in See stechen, sobald Ihr bereit seid, Eure Hoheit.«
Silk nickte und trat zu Garion an der Reling. »Fühlst du dich inzwischen ein wenig besser?« fragte er ihn. »Was meinst du damit?«
»Du warst ein bißchen brummig nach dem Aufstehen.« »Tut mir leid. Ich habe eine Menge Sorgen.«
»Verteil sie«, schlug Silk vor. »Sorgen werden leichter, wenn man Freunde hat, mit denen man sie teilen kann.«
»Die Zeit wird immer kürzer«, sagte Garion. »Selbst wenn diese endgültige Begegnung nicht auf den Inseln stattfindet, sind es doch nur noch ein paar Monate.«
»Gut, ich werde es allmählich leid, aus einer Satteltasche zu leben.« »Aber wir wissen noch nicht, was geschehen wird.«
»Natürlich wissen wir es. Du wirst Zandramas gegenüberstehen, sie mit deinem großen Messer halbieren, und dann mit deiner Frau und deinem Sohn nach Riva zurückkehren, wohin ihr gehört.« »Aber das wissen wir nicht, Silk.«
»Wir wußten auch nicht, daß du den Zweikampf mit Torak gewinnen würdest, aber das hast du! Einer, der herumläuft und mit Göttern kämpft, hat wenig von einer zweitklassigen Zauberin zu befürchten.« »Woher wollen wir wissen, daß sie zweitklassig ist?«
»Sie ist kein Jünger, nicht wahr? Oder müßte es in ihrem Fall Jüngerin heißen?«
»Woher soll ich das wissen?« Garion lächelte schwach, dann wurde er wieder ernst. »Ich glaube, Zandramas ist mehr als ein Jünger. Sie ist das Kind der Finsternis, und das macht sie zu mehr.« Er schlug mit der Faust auf die Reling.
»Ich wünschte, ich wüßte, was ich tun soll. Als ich Torak jagte, wußte ich es. Diesmal bin ich mir nicht sicher.«
»Du wirst Anweisungen bekommen, sobald es soweit ist, davon bin ich überzeugt.«
»Aber wenn ich es wüßte, könnte ich mich darauf vorbereiten!«
»Ich habe so das Gefühl, daß dies nichts ist, worauf man sich vorbereiten kann, Garion.« Der kleine Mann blickte über die Reling auf die Abfälle, die neben dem Schiff im Wasser schwammen. »Bist du der Spur gestern abend bis ganz zum Hafen gefolgt?« fragte er.
Garion nickte. »Ja, beiden. Sowohl Zandramas wie der Sardion haben hier das Festland verlassen. Von Zandramas wissen wir ziemlich sicher, daß sie nach Melcena gesegelt ist. Aber wohin es den Sardion verschlagen hat, wissen nur die Götter.« »Wahrscheinlich nicht einmal die.«
Ein schwerer Wassertropfen fiel aus der im Nebel verborgenen Takelung platschend auf Silks Schulter.
»Warum immer auf mich?« beschwerte sich der Kleine.
»Was?«
»Jedesmal, wenn was Nasses von irgendwo herunterfällt, landet es auf mir!«
»Vielleicht will dir jemand was sagen.« Garion grinste.
Toth und Durnik führten die letzten Pferde die Planke hinauf und in den Laderaum hinunter.
»Alles an Bord, Käpt'n!« rief Silk. »Wir können aufbrechen.«
»Jawohl, Eure Hoheit.« Der Kapitän hob die Stimme und erteilte Befehle.
»Ich möchte dich eigentlich schon seit Tagen etwas fragen«, sagte Garion. »Früher hast du immer beinah so getan, als schämtest du dich deines Titels. Aber hier in Mallorea suhlst du dich regelrecht darin!« »Welch faszinierende Wortwahl!« »Du weißt schon, was ich meine.«
Silk zupfte sich an einem Ohr. »Im Westen ist mein Titel hinderlich, er ist mir nur im Weg. In Mallorea sind die Dinge anders. Hier wird man ohne Titel gar nicht ernst genommen. Und da ich einen habe, benutze ich ihn. Er öffnet mir gewisse Türen und ermöglicht mir Geschäfte mit Leuten, die für Ambar von Kotu oder Radek von Boktor überhaupt nicht zu sprechen wären. Im Grund genommen hat sich nichts geändert.« »Dann sind das ganze Getue und der Prunk nur Schau?«
»Natürlich, Garion. Du glaubst doch nicht gar, ich wäre zum prahlerischen Hohlkopf geworden.«
Ein eigenartiger Gedanke durchzuckte Garion. »Dann ist Fürst Kheldar ebenso eine Rolle wie Ambar und Radek, habe ich recht?« »Natürlich.« »Aber wo ist der wahre Silk?«
»Das ist schwer zu sagen, Garion.« Silk seufzte. »Manchmal glaube ich, daß ich ihn schon vor Jahren verloren habe.« Er schaute sich im Nebel um. »Gehen wir unter Deck«, schlug er vor. »Trübe Morgen führen offenbar immer zu trüben Gesprächen.«
Ein paar Meilen außerhalb der Wellenbrecher nahm der Himmel einen rötlichen Ton an, und der Nebel begann sich zu lichten. Die See ostwärts der malloreanischen Küste wogte in langen, trägen Wellen, die auf weite,
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