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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03. Sturmwind der Zaertlichkeit
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dran, du bist ein Junge, sagte sie sich immer wieder im Stillen vor. Und werde bloß nicht rot!
    »Gewiß«, gab sie kurz zur Antwort und verzog dabei keine Miene.
    Und schon sah sie ihn wieder kommen, den teuflischen Ausdruck auf seinem Gesicht - die eine Braue hob sich un-merklich, und in seinen grünen Augen blitzte ein zynisches Lächeln.
    Sie war ja auf einiges vorbereitet, trotzdem verschlug ihr seine nächste Frage schier den Atem.
    »Weißt du das vom Hörensagen ... oder sprichst du aus Erfahrung?«
    Georgina schnappte empört nach Luft und verschluckte sich bedauerlicherweise derartig, daß sie heftig anfing zu husten. Hilfsbereit klopfte ihr der Kapitän den Rücken, während sie ihre Rippen unter seinen kräftigen Schlägen förmlich krachen hörte.
    »Ich glaube nicht, Kapitän Malory, daß meine Erfahrung oder aber meine Unwissenheit auf diesem speziellen Gebiet irgend etwas mit der Arbeit hier an Bord zu tun haben.« Sie hätte noch einiges mehr zu seiner unverschämten Frage zu sagen gewußt, aber sein trocken hingeworfenes »Ganz recht« nahm ihr den Wind aus den Segeln. Wahrscheinlich zu ihrem Glück, denn sie befand sich bereits wieder auf dem besten Wege, aus ihrer angenommenen Rolle zu fallen.
    Ihre Antworten verhießen schon wieder viel mehr Verstand, als man einem zwölfjährigen Knirps zubilligen konnte. »Du mußt mir verzeihen, Georgie. Es ist eine Angewohnheit von mir, abfällige Bemerkungen zu machen, und deine wütende Reaktion stachelt mich erst richtig an. Nimm's nur nicht persönlich, denn ehrlich gesagt erheitern mich deine Zornausbrüche bloß.«
    Noch nie hatte sie sich etwas derart Unverschämtes anhö-
    ren müssen. Kein Fünkchen Reue hatte in seiner Rede mitge-klungen. Er versuchte, sie mit voller Absicht aufzustacheln, zu hänseln und zu verletzen. Zur Hölle mit ihm! Er war ein noch viel gemeinerer Schuft, als sie zu Anfang angenommen hatte.
    »Können Sie diese Provokationen nicht unterlassen, Sir?«
    Die Verärgerung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    Mit einem dunklen Auflachen ergänzte er ihre Bitte: »...
    und auf deine netten, kleinen Geistesblitze verzichten? Nein, mein Junge, diesen Spaß gedenke ich keineswegs aufzuge-ben, auch nicht dir zuliebe. Ich gönne mir ja sonst kein Vergnügen.«
    »Kein Mitleid mit anderen, stimmts? Nicht einmal mit kranken Kindern! Dann betrachten Sie mich wohl als gene-sen, so daß ich jetzt aufstehen kann?«
    »Ganz recht, es sei denn, du bettelst um Mitleid. Das werde ich dann natürlich in Zukunft berücksichtigen. Ist es das, was du beabsichtigst?«
    »Was ...?«
    »Um Mitleid betteln?«
    Zum Teufel mit ihm, jetzt versuchte er, sie an ihrem Stolz zu packen. Und für Jungen in ihrem Alter ist Stolz und Eh-re bekanntlich eine ganz wichtige Sache. Damit hatte dieser miese Schuft gerechnet. Ein Mädchen von zwölf Jahren hät-te vielleicht um Mitleid gebettelt, und nicht nur das, es wä-
    re überdies in einen Sturzbach von Tränen ausgebrochen, aber ein Junge, niemals - der wäre lieber gestorben, als sich von diesem Kerl kleinkriegen zu lassen. Verdammt, am liebsten hätte sie ihm ihre fünf Finger rechts und links ins Gesicht geknallt, aber dahin führte leider kein Weg - nicht unter der Maske von Georgie, der so etwas niemals tun wür-de.
    Wie er jetzt wieder dastand, mit ausdruckslosem Gesicht zwar, jedoch in angespannter Haltung, konnte man beinahe annehmen, daß er von ihrer Antwort doch ein wenig betroffen war. Höchstwahrscheinlich hatte er jedoch wieder eine sarkastische Bemerkung im Hinterkopf, die er schleunigst loswerden mußte.
    »Ich habe Brüder, Kapitän, die alle älter sind als ich«, ließ sie ihn mit frostiger Stimme wissen, »und mich ärgern, quä-
    len und foppen gehört zu ihren Lieblingsbeschäftigungen.
    Das ist weiß Gott nichts Neues für mich. Meine Brüder sind alle Meister in dieser Kunst..., auch wenn sie Ihnen bei weitem nicht das Wasser reichen können.«
    »Gut formuliert, Kleiner«, spöttelte er.
    Zum Teufel, er fühlte sich offenbar geschmeichelt! Wie gerne würde sie ihm seine Bosheiten heimzahlen, bevor sie die Maiden Anne verließ. Da plötzlich spürte sie eine neue Welle unbekannter Gefühle über sich hereinbrechen, als sich der Kapitän unvermittelt über sie beugte und nach ihrem Kinn griff, genau wie es zuvor Mr. Sharpe getan hatte, und ihr Gesicht aufmerksam von beiden Seiten musterte. Verwirrt bemerkte sie seine zarten Finger, die sich sanft auf ihre linke Wange legten, ganz anders als

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