Malory
Aufgaben übernehmen. Nichts Besonderes also, das schaffst du mit links.«
Allzeit bereit zu seinen Diensten, genau was sie befürchtet hatte! Es lag ihr auf der Zunge zu fragen, ob sie ihm vielleicht auch noch den Buckel schrubben und den Hintern ab-putzen sollte - aber sie wollte ihn nicht unnötig provozieren.
Das Ganze war geradezu lächerlich! Drews Schiffsjunge hatte nichts weiter zu tun, als ihm sein Essen zu bringen, und sie hatte sich von allen Kapitänen im Hafen ausgerechnet den aussuchen müssen. Nicht genug damit, daß er ein aufgeblasener Engländer war, nein, er mußte auch noch ein so verwöhnter Aristrokrat sein ... Wenn er sich in seinem ganzen Leben schon jemals die Hände mit Arbeit schmutzig gemacht hatte, dann wollte sie auf der Stelle ihre Mütze fressen.
Kein Sterbenswörtchen kam über ihre Lippen, obwohl sie innerlich vor Wut kochte. Bloß die Klappe halten!
Es kostete James einige Mühe, sich das Lachen zu verbei-
ßen. Dieses Weib hatte sich verdammt gut unter Kontrolle.
Dabei hatte er die Hälfte ihrer Aufgaben dazuerfinden müssen, besonders die des Kammerdieners, denn einen solchen hatte er die letzten zehn Jahre schon nicht mehr gehabt. Aber je länger er sie in seiner Kabine beschäftigt hielt, um so weniger Zeit blieb ihr, die übrige Mannschaft kennenzulernen und, was noch wichtiger war, seine Leute hatten weniger Gelegenheit, sie zu sehen. Niemand sollte ihr Geheimnis auf-decken, bevor er es nicht an der Zeit fand. Und das sollte noch eine Weile dauern.
Im Augenblick jedoch sah er sich genötigt, etwas mehr Distanz zu ihr zu halten. Während er sie so betrachtete, wie sie in seinem Bett lag, regten sich in seinem Innersten Gefüh-le, die er jetzt noch nicht zulassen konnte.
Selbstbeherrschung, alter Junge, ermunterte er sich. Wenn du das nicht kannst, wer denn dann?
Kein schlechter Witz, gerade zu dem jetzigen Zeitpunkt.
Es war schon lange her, daß ihn eine Frau derartig in Wal-lung versetzt hatte. Selbstbeherrschung ist ein Kinderspiel, wenn die eigenen Gefühle durch Langeweile und Überdruß abgestumpft sind - aber wehe, wenn sie anfangen, Purzelbaum zu schlagen, dann sieht die Sache ganz anders aus.
Georgina hatte indes beschlossen, daß eine, wenn auch amüsante, Unterhaltung mit Kapitän Malory keineswegs den ganzen Ärger, den sie mit sich brachte, wert war. Zum anderen könnte ein beharrliches Schweigen ihn vielleicht da-zu bewegen, sich seine Zeit mit etwas anderem zu vertrei-ben, zum Beispiel sein Schiff zu kommandieren. Zumindest könnte es ihn veranlassen, seine Kabine zu verlassen und ihr die Möglichkeit geben, das Gleiche zu tun.
Der Schuß ging jedoch nach hinten los. Durch ihr penetrantes Schweigen scheinbar unruhig geworden, sah sie den Kapitän plötzlich aufstehen, ans Bett herantreten und sich mit besorgter Miene über sie beugen. »Aha, immer noch sehr blaß«, konstatierte er. »War doch die richtige Entscheidung, dich ins Bett zu stecken, bis sich dein nervöser Magen wieder beruhigt hat.«
»Oh ja, Kapitän«, stimmte sie ihm zu.
»Und nun? Nicht mehr so nervös?«
»Kein bißchen.«
»Ausgezeichnet, dann darfst du wieder aufstehen. Aber immer mit der Ruhe. Bis zur nächsten Malzeit hast du nichts zu tun. Ich bin der Meinung, ein kleines Nickerchen würde dir guttun.«
»Ich bin aber kein bißchen ...«
»Du willst doch hoffentlich nicht schon wieder anfangen, mit mir zu diskutieren?« fiel er ihr ins Wort, und es sah ganz nach einem Donnerwetter aus, würde sie trotzdem wagen, ihm zu widersprechen. Mit seinem leutseligen Geplauder hatte er sie derartig eingelullt, daß sie darüber ganz vergessen hatte, was für ein gefährlicher Mann er eigentlich war.
»Ja, Sie haben ganz recht, ich konnte letzte Nacht wirklich nicht gut schlafen.«
Offensichtlich war dies die richtige Antwort, denn sein Gesichtsausdruck entspannte sich sogleich - was aber nicht hieß, daß er nun übermäßig freundlich war. »Für das, was meine Mannschaft letzte Nacht getrieben hat, bist du eigentlich noch viel zu jung - also, was hat dich um deinen Schlaf gebracht?«
»Das Gegröhle ihrer Leute, Kapitän.«
Er bedachte sie mit einem anzüglichen Lachen. »Warf noch ein paar Jährchen, mein Junge, dann wirst du für solche Dinge mehr Verständnis aufbringen.«
»Ich bin nicht so unerfahren wie sie glauben, Kapitän. Ich weiß ganz genau, was Seeleute an ihrem letzten Abend im Hafen so treiben.«
»Schau einer an, der Knirps kennt sich anscheinend aus?«
Denk
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