Mamas Gluecksbuch
schlechte Gewissen wie ein Platzregen über uns hereinbricht, ist es schwer, entsprechend schnell einen Regenschirm parat zu haben. Trotzdem ist es am besten, wir reagieren sofort, denn sonst sitzen wir womöglich erschöpft und mutlos da und haben zu wenig Kraft für die schönen Dinge, die so wichtig sind, damit wir Stärke und gute Laune behalten für unser Kind und für unser Leben.
Ist ja nett, dass Helmut so überaus ehrlich seine Meinung verkündet, aber das hilft gerade jetzt leider gar nicht. Das Beste ist also, zum schlechten Gewissen freundlich zu sagen:
»Mach dir’nen Bunten und lass mich jetzt mal einen Moment von dem Streit mit meinem Kind erholen. Wir unterhalten uns später!« Für die Herzenswunschliste brauchen wir dieses Gewissen nämlich noch, aber das ist ein anderes Kapitel.
Nun ist erst mal der Moment gekommen, das Ganze abklingen zu lassen und mit dir selbst ein liebevolles Wörtchen zu sprechen. »Also, dafür, dass ich gerade richtig viel Stress um die Ohren habe und kaum zum Schlafen komme, kriege ich alles gut hin. Und das ist gar nicht so einfach! Eben war ein ziemlich heftiger Augenblick. Aber ich weiß schon, dass ich das auch anders lösen kann.«
Lass dich trösten
Du kannst stolz auf dich sein: zum Beispiel darüber, wie oft du schon ruhig und verständnisvoll reagiert hast, obwohl du innerlich dachtest, gleich seist du mit deiner Geduld am Ende. Ich wette, das war schon ziemlich oft.
Es kommt natürlich vor, dass sich Helmut nicht abschütteln lässt. Er hat sich in den Vordergrund gedrängt und möchte beachtet werden. In meinem Kopf und Bauch rumort er und zwickt mich entsetzlich mit Ideen, was alles an mir ganz und gar falsch ist. Unsere Gedanken, unsere Erziehung lassen sich eine Menge einfallen, um uns zu stören, auch wenn es in manchen Momenten überhaupt nicht nützlich ist. Da bleibt uns nichts anderes übrig als klare Besinnung: Wenn das schlechte Gewissen partout nicht stillhält, versuche, es wie ein Hintergrundradio zu akzeptieren, »Ja, ja. Ist gut, Helmut…«, und nimm das Gespräch mit dir selbst wieder auf.
Manche haben es sich längst angewöhnt, in solchen Stimmungen zu sich zu sagen: »Ich liebe mich dafür.« Klingt vielleicht ein bisschen seltsam, hat aber eine große Wirkung! »Ich liebe mich. Ja, so ist es nun mal. So, wie ich bin! Mit allem Drum und Dran! Auch wenn ich manchmal totalen Unsinn mache, wenn ich dies und das nicht hundertprozentig kann. Jawohl, weil ich nicht makellos bin, deshalb mag ich mich.«
Es ist nämlich schön, wenn du nach einem solchen Wutausbruch offenherzig mit dir selbst umgehst. Du bist wesentlich empfänglicher für die guten Seiten, die in dir stecken, wenn du dir nicht erklärst, du seist leider nun mal ein grauenhafter Mensch und solch ein Orkan ein verdammenswerter Teil deiner Persönlichkeit. Du legst dich nicht fest und bleibst frei für neue Verhaltensweisen.
Das Wissen um deine Stärken, deine guten Seiten, deine hervorragenden Fähigkeiten helfen nicht nur dir selbst, sondern auch deinem Kind, denn dadurch könnt ihr beide euch sofort versöhnen. Deine Gedanken kreisen nicht um deine Unzulänglichkeiten, sondern um die Gegenwart: Es geht weiter – und zwar jetzt! Und dann ist die Sache vorerst auch erledigt. Denn je mehr du solch einer Situation Gewicht gibst, je mehr du darüber nachgrübelst, desto größer, wichtiger und bedrohlicher wird sie. Sie ist aber nicht groß, nicht wichtig und auch nicht bedrohlich. Sie war laut, aber sie ist Vergangenheit. Und darin klein und kurz und ganz nichtig. Darauf kommt es an. Und darauf, deine Geduld, deine Liebe, deine Fantasie zu spüren und wachsen zu lassen. Denn worauf man seine Aufmerksamkeit lenkt, das wird stärker. Beim Kind und auch bei dir.
Das ist ziemlich wichtig, denn Helmut, unser schlechtes Gewissen, hat manchmal noch ganz andere Tricks auf Lager, bei denen wir die Ruhe bewahren dürfen. In Momenten größter
Niedergeschlagenheit ist er beispielsweise ernsthaft in der Lage, mitzuteilen: »So! Dir geht es also schlecht! Ist dir klar, dass andere Menschen viel schlimmere Sachen erlebt haben? Mann, bist du undankbar!« Das hilft natürlich kein bisschen, so ein Hinweis in aktueller Tieftaucherstimmung.
Es gibt noch etwas, worauf die Helmuts dieser Welt ausgesprochen pikiert reagieren: Gefühle, die man selbst nicht gerne empfinden möchte. Zum Beispiel, wenn man sein herrliches, wunderbares, einzigartiges Kind auf einmal total blöd und dämlich findet.
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