MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
ließ er den Blick über die Menge schweifen.
Links und rechts des Podiums standen seine Begleiter. Der rechts stehende hielt eine merkwürdige Flagge. Die Diener überragten den Mönch, obwohl der wegen des Podestes größer erschien. Die Fahne flatterte im Wind, und die Menschen drehten den Kopf, um etwas zu erkennen. Eine lateinische Inschrift stand kreisförmig um drei Zeichen in der Mitte der ovalen Fahne. Das größte, ein grünes Kreuz mit beulenartigen Astkrüppeln, überragte die anderen. Links daneben schwebte über angedeutetem Boden ein Olivenzweig, während rechts ein Schwert die Klinge in den Himmel streckte. Nur wenige Bewohner Villanuovos konnten lesen.
Alba, die Verwalterin von Ignacios Olivenplantage, entzifferte die Worte und prägte sie sich ein, denn Ignacio lag mit einer schweren Erkältung im Bett. Um Kreuz, Olivenzweig und Schwert stand geschrieben: „EXURGE DOMINE ET JUDICA CAUSAM TUAM.“
Mit schmeichelnder Stimme begann der unheimliche Mönch seine Rede: „Ihr lieben Brüder im wahren christlichen Glauben. Es wurde von hoher Stelle verfügt, dass ich euch über den Glauben, besonders aber über die Gefahren für unseren Glauben erleuchten soll.“ Sein stechender Blick fing jeden Zuhörer ein.
„Ich möchte euch helfen, euren Glauben zu verteidigen und die Feinde eures Glaubens zu erkennen. Was wäre euer Leben ohne die Hilfe und den Schutz des Herrn? Wer gäbe euch Brot, wenn nicht der Herr im Himmel? Was würdet ihr tun, wenn euch das genommen würde, einzig, weil ihr unachtsam seid?“
Die Stimme wurde nun schneidender, er seufzte tief, und es hatte den Anschein, als würde ihm allein schon der Gedanke an eine Beschmutzung des Glaubens körperliche Schmerzen bereiten. Mit allerlei Glaubensbekenntnissen fuhr er fort und beschwor die Zuhörer, den reinen christlichen Glauben zu leben. Dabei erzählte er Geschichten aus der Christenwelt, die zeigten, was geschähe, wenn Menschen sich von den Lehren der wahren Kirche entfernten.
Am Ende schwoll seine Stimme an, sie ließ ihn selbst wachsen, und sein schwarzer Schatten legte sich in der blutroten Abendsonne über die Menschen. „Ihr, die ihr den wahren Glauben lebt“, die dürren Arme richtete er wie Pfeile auf die Zuhörer, „handelt!“, schrie er mit sich überschlagendem Krächzen.
„Geht nach Hause, beratet euch, denkt nach und berichtet!“
Die Zuschauer, meist arme Bauern, schauten einander eingeschüchtert an. Was wollte dieser grässliche Zwerg von ihnen? Konnten sie nun endlich gehen?
Doch der Mönch machte nur eine kurze Pause, wobei er wieder den Arm ausstreckte und einen Halbkreis über die Versammelten beschrieb. Mit eindringlicher Stimme stieß er hervor: „Bis zum Mittag werdet ihr Bericht erstatten! Erzählt mir alles über die Feinde des Glaubens unter euch! Alles, was euch seltsam dünkt, müsst ihr mir sagen! Habt keine Angst vor denen, die vom Stand oder vom Besitz her über euch stehen. Denn sie sind es, die den wahren Glauben verraten. Und merkt euch: Wer die Feinde des Glaubens schützt, ist genauso schuldig und wird hart bestraft!“
Das bleiche Gesicht zeigte nun einen roten Glanz. Auf der Stirn stand dem Mönch der Schweiß vor Eifer und Anstrengung, als er das Podium verließ und mit seinen Helfern verschwand.
Jeder wusste, wen der Mönch mit der Person von Stand oder Besitz meinte. Denn es gab nur einen in Villanuovo: Ignacio.
Allgemein herrschte die Meinung, dass Ignacio ein gerechter Herr sei, trotz der Strenge, die er seinen Arbeitern gegenüber zeigte. Der Gedanke, dass er bestraft oder gar eingesperrt werden könnte, widerstrebte ihnen. Ignacio gab vielen im Dorf Arbeit, was in der armen Region Grund genug war für hohes Ansehen und Respekt. Einen Feind des Glaubens konnten sie nicht in ihm erkennen. Hatte er nicht eine großzügige Kapelle zu Ehren Gottes erbaut? Niemand würde dem Mönch Bericht erstatten. Niemand?
Als Sedat bin Tarkan einige Wochen zuvor auf dem Höhepunkt seiner Rachsucht nach Valencia gereist war, wusste er genau, wen er sprechen musste. Ignacio hatte viele Feinde; einige waren mächtig und ertrugen es nicht, dass ein Mann, der nicht von Stand war, wohlhabender und bedeutender geworden war als sie selbst. Einen dieser Neider kannte Sedat bin Tarkan, obwohl es für Araber immer schwieriger wurde, solche Verbindungen zu pflegen. Sedat bin Tarkan wollte den Mann für seinen Plan zur Vernichtung Ignacios gewinnen, und dieser Mann sollte dann mit weiteren mächtigen
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