MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
Angst, der Boden könnte sein geringes Gewicht nicht tragen, mit wie zum Gebet gefalteten Händen um den Brunnen herum. Dabei betrachtete er, den Blick unter buschigen schwarzen Augenbrauen verborgen, aufmerksam Häuser und Straßen. Ihm entging nicht die Bewegung hinter dem Vorhang an einem Fenster.
Plötzlich gewann der Schritt des Mönchs an Kraft, und schnell wandte er sich dorthin. Gleich darauf klopfte er kräftig an die Tür, ein bestimmtes, energisches Klopfen, das keine Missachtung duldete. Eine Frau öffnete.
„Einen guten Morgen entbietet Euch die Heilige Römische Kirche“, krächzte es ihr heiser entgegen.
Die Frau erschrak. Sie hatte Angst. Der kleine Mann in seinem schwarzen Umhang war ihr unheimlich.
„I… ich …“, stammelte die Alte.
„Ihr müsst mein plötzliches Auftauchen entschuldigen“, unterbrach der Mönch sie, dessen formloses kleines Gesicht nur aus Augenbrauen und Mund zu bestehen schien.
Hilfe suchend schaute sie auf den Platz hinaus, konnte außer den seltsamen Begleitern des Mönchs aber niemanden sehen.
„Es … es ist n… nur, Ihr k… kommt unerwar…“
Wieder wurde sie unterbrochen.
„Lasst einen frommen Mann zu Euch ein!“, sagte der Mönch. Es gelang ihm nicht, die Schärfe seiner Worte hinter dem Krächzen zu verstecken.
Die Alte ergab sich in ihr Schicksal und ließ den Mönch ein. Er setzte sich und verlangte nach Wasser. Sie brachte ihm einen Becher. Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und fragte: „Wer seid Ihr?“
Der Mönch hob den Kopf und schaute sie durchdringend an, wobei die Augen unter den buschigen Brauen kaum zu sehen waren. „Ein unbedeutender Diener des Herrn und der Mutter Kirche“, antwortete er.
„Was ist Euer Begehr? Seid Ihr auf der Durchreise?“
„Nein, das Ziel meiner langen Reise ist Villanuovo“, zischte die Gestalt, und die Frau wich erschrocken zurück. Dann begann sie erneut: „Womit kann ich Euch dienen?“
„Helft mir bei meinem Amt“, forderte der Mönch. „Es ist mein Auftrag, den Gläubigen von Villanuovo Zeugnis zu geben von Jesus und vom wahren Glauben.“
Die Alte betrachtete den Mönch mit Unbehagen. „Wollt Ihr Euch genauer erklären, damit ich sehe, wie ich Euch nützlich sein kann?“, fragte sie.
„Ich habe Kunde für die Gläubigen der Gemeinde. Helft mir, dass alle sich zur Stunde des Sonnenuntergangs auf dem Platz versammeln!“
„Ihr wollt zu den Bürgern sprechen?“
„Ja, das will ich!“, sagte der Mönch bestimmt.
Die Frau atmete langsam aus. Sie sagte: „Aber die Menschen arbeiten hart und sind abends müde. Was soll ich ihnen sagen?“
„Sagt ihnen, es geht um ihr Seelenheil und mein Erscheinen bringt ihnen die Gnade der Kirche.“
Die Frau schien kurz zu überlegen. „Ich werde unseren Lehrjungen aussenden, wenn Ihr damit einverstanden seid.“
Yago und Rubén setzten zwanzig Tage für die Heimreise an.
Nach einigen Tagen wurde Yago von einer unbestimmten Unruhe erfasst, die er nicht verstand. Er war ständig gereizt und fahrig, obwohl ihre Rückreise nach Plan verlief und keine unerwarteten Hindernisse auftraten. Vielleicht war es die Freude auf das Wiedersehen mit dem Vater und mit seiner Frau. Im vergangenen Jahr hatte er Justyna geheiratet, die jüngste Tochter des polnischen Kontorleiters. Die Unruhe allerdings gärte weiter. Was war nur los mit ihm?
In der Nacht des einundzwanzigsten Reisetages, am 12. März 1492, hatten sie den Höhenzug des Javalambre hinter sich gebracht, und sie sogen bereits die Frühlingsdüfte des schönen valencianischen Hinterlandes ein, die bei Nacht besonders intensiv waren. Den Sternenhimmel verdeckten dahinziehende Nebelschleier, als Yago und Rubén durch das dunkle Villanuovo zur Plantage ritten.
„Was für ein Unterschied zum Treiben bei Tag“, sagte Yago.
Rubén nickte.
Es herrschte Totenstille. Niemand war zu sehen. Sie lenkten die Pferde um die letzte Biegung und sahen das große Holztor. Auch die kräftigen Hofhunde schlugen nicht an in dieser dunklen Nacht. Die Plantage lag dunkel da, ohne den müden Rückkehrern einen Lichtschein als Willkommensgruß zu senden.
Stille. Dunkelheit.
Zwei Wochen zuvor hatte sich die Gemeinde am Abend auf dem Dorfplatz von Villanuovo versammelt. Langsam ebbte das Gemurmel ab, als der Mönch mit schnellen Schritten auf das kleine Holzpodest stieg, das normalerweise dem Viehauktionator diente. Dann trat vollkommene Stille ein.
Der Mönch wartete. Unter seinen dichten schwarzen Augenbrauen
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