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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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SAMWEBER! HERR SAMWEBER! ICH MUSS MIT IHNEN REDEN! BLEIBEN SIE DOCH STEHEN!“
    Ich lief weiter und weiter, ich wusste, was der von mir wollte, ich wollte es doch auch, aber ich konnte die verdammten Schulden nicht tilgen, ich konnte nicht mal verhindern, dass sie jeden Monat größer wurden.
    Ich dachte, der Typ würde mich jeden Moment einholen, aber als ich zurückblickte, sah ich, dass er immer noch am selben Fleck stand.
    „HERR SAMWEBER! SEIEN SIE DOCH VERNÜNFTIG! LASSEN SIE UNS REDEN!“
    Ich lachte und zeigte ihm meine Mittelfinger.
    Als der Bankmensch wieder weg war, stoppte ich ein Taxi und fuhr zurück, der Taxifahrer warf mich vor der Bank raus, als ich ihm sagte, dass ich mein Geld vergessen hätte, und das war genau das, was ich wollte. Ich hätte keine Kraft mehr gehabt zurückzusprinten. Ich suchte nach der Kleinen, aber die Kleine war verschwunden. Ich suchte sie, suchte sie überall, eine halbe Stunde humpelte ich rum wie irr, die Straße auf und ab, aber sie war verschwunden.
    Ich fand nur einen verwahrlosten Hund, der ebenfalls hilflos umherirrte und glaubte, in mir seinen neuen Meister gefunden zu haben. Nachdem ich die Suche nach der Kleinen aufgegeben hatte und zurück zu meiner Bierkiste wollte, fing es an zu regnen und der Hund machte sich davon. Er hatte schnell kapiert, dass ich ihm nichts zu bieten hatte. In wenigen Sekunden ging ein Wolkenbruch nieder, aber ich wagte es nicht, mich in ein Lokal oder Geschäft zu flüchten.
    Ich hatte kein Geld.
    Tag für Tag lockten die beleuchteten Schaufenster, aber es hatte keinen Sinn, diese Läden zu betreten.
    Ich hatte kein Geld.
    Kein Geld für neue Jeans, eine neue Jacke, neue Schuhe, kein Geld für ein Buch oder eine CD . Die Shorts, die ich trug, hatten Löcher. Die Socken hatten Löcher.
    Scheiße, ja, diese Stadt fickt dich, wenn du kein Geld hast. Und ich hatte keins. Aber hätte ich eins gehabt, hätte ich die Kleine eingeladen, auf nen Wodka-Lemon oder zwei. Und das wär mein Tag geworden. Ich schwör. Mein Tag. Aber so trottete ich nach Hause, ohne Kohle und ohne die Kiste Bier, die mir irgendein Penner geklaut hatte.
    Oh ja, es gibt eine Welt jenseits von ihrer Welt. Eine Welt voller Angst und Sorgen, voller Schmerz, Verzweiflung und Traurigkeit. Eine Welt nahe dem Tod und dem Wahnsinn. Ich wandle zwischen der heilen Welt und der dunklen. Ich bin mal da, mal dort. Ich habe ein Dach über dem Kopf, ich friere nur selten und stinke nur manchmal, ja, verdammt, es gibt Leute in der Stadt, denen geht es viel dreckiger. Ich muss noch keine Essensreste oder Pfandflaschen in Müllkübeln suchen, ich muss nicht betteln oder meinen Arsch verkaufen. Aber manchmal bin auch ich ganz tief unten, dann spüre ich, wie schwer mein Herz schlägt, weil all der Druck auf mir lastet, all die Schulden, all die Sorgen, dann spüre ich, wie mit jedem Tag ein Stück Lebensfreude verschwindet.
    Heute Nacht haben sie ein fettes NO FUTURE an die Hauswand gegenüber gesprayt. Ja. NO FUTURE ist zurück. Ich habe das Gefühl, dass mir die Scheiße bis zum Hals steht und dass ich da nie mehr rauskomme. Das Gefühl, dass ich für immer verloren bin. Verdammt bin. No fucking future.
    Ich bin nicht neidisch auf die großen Autos, auf die schönen Wohnungen, auf die schicken Kleider. Jeder Arsch weiß, dass Glück was anderes ist. Dass Glück so was wie die Kleine ist. Dass Glück ist, so n Kumpel wie Shane zu haben. Keinen Hodenkrebs zu haben.
    Trotzdem wünsche ich mir einen Tag, an dem ich mir keine Sorgen um das Geld machen muss. Ich möchte eines Abends schlafen gehen ohne diesen Schatten über mir. Ich möchte eine Kanone auf den Spruch an der Wand da draußen richten und ihn in Grund und Boden bomben.
    Ich will eine Zukunft!
    Ich will leben. Ich will nen Job.
    Ich bin verdammt noch mal zu jung für No Future.
    ***
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stand Shane mit dem Rücken zu mir am Fenster. Seine Gestalt verdunkelte den Raum. Shane hatte mächtige Schultern. Wie ein Footballspieler.
    „Burcak will heiraten“, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    „Ne Bessere kriegst du nie wieder.“
    „Ich habe nicht gesagt, dass sie mich heiraten will.“
    „Sie will dich heiraten.“
    „Woher weißt du das?“
    „Sie hat mir gesagt: Ich kenne Shane, seit ich neun bin. Ich war schon so oft verliebt in ihn und er wollte nie was von mir wissen. Das ist meine letzte Chance. Und seine letzte Chance.“
    Shane steckte sich einen Kaugummi in den Mund. „Das hat sie

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