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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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Eingeweide rauszureißen.
    Vayl räusperte sich und lenkte damit ihre Aufmerksam- keit auf sich. »Ich möchte, dass ihr drei in das neue Zelt geht, das sie für uns aufgestellt haben, und so tut, als wür-
det ihr die nächste Show vorbereiten. Wir wollen schließ- lich nicht, dass eventuelle Beobachter sich über unser Ver- halten wundern.«
    Cole blickte hoch und wollte offenbar etwas sagen, doch wir brachten ihn mit unseren Blicken zum Schwei- gen. »Es ist Bockmist, der Neuling zu sein«, sagte er schließlich.
    »Ich gehe mich umziehen«, meinte ich nur.
    Ich ging ins Schlafzimmer, nahm Pengfeis Kleid vom Bügel und zerrte es mir über den Hintern. Da es an beiden Seiten Schlitze bis zum Oberschenkel hatte, gab es kein Versteck für mein Beinholster. Das war der Nachteil. Der Vorteil war, obwohl es ziemlich förmlich wirkte, bot der Schnitt viel Bewegungsfreiheit.
    Die farblich abgestimmten flachen Slipper, die ich in Pengfeis Schrank gefunden hatte, passten mir nicht. Ihre Füße waren zu schmal, sodass ich mir vorkam wie Aschenputtels Stiefschwester. Cassandra hatte ein schi- ckes Paar, das ich aber nur tragen konnte, solange es mir nichts ausmachte, eine Woche lang Blasen an den Fersen zu haben. Was es jedoch tat. Also hielt ich mich an mei- ne Stiefel. Lass die Leute lachen. Beim nächsten Mal könnte Pete mich wenigstens vorwarnen, dass ich bei meinem Auftrag irgendwann wie eine Geisha herumlau- fen müsste.
    Vayl kam herein und setzte sich still aufs Bett, während ich an meinem Make-up arbeitete. Ich merkte, dass ihn irgendetwas bedrückte. Und der zunehmende Druck in meinem Magen verriet mir, dass es eines dieser schwie- rigen Themen sein würde. Also konzentrierte ich mich auf das Make-up und hoffte, dass er mich weiterhin so tun lassen würde, als gäbe es nichts zu besprechen.
    Die Augen waren am schwierigsten. Pengfei trug dick
auf und schaffte es trotzdem, nicht wie eine Nutte aus- zusehen, wenn sie aus der Tür ging. Ich schaffte es, eine einigermaßen gute Kopie zu erschaffen, und wandte mich dann den Accessoires zu. Lange schwarze Ohrringe. Ge- flochtene Perücke über meine streng festgesteckten Haa- re. Der Übersetzungsdraht wand sich fröhlich um die falschen Strähnen. Ich griff nach der Kette, die Cassandra gemacht hatte, und die ich auf die Kommode gelegt hatte, als wir reingekommen waren.
    Vayl rührte sich und ließ die Bettfedern protestierend quietschen. Ich stimmte ihnen zu. »Ich habe darauf ge- wartet, dass du es ansprichst, aber da du deine übliche Taktik des Ausweichens und Ignorierens anzuwenden scheinst, sage ich es jetzt ganz direkt: Letzte Nacht hast du geschlafen«, stellte er fest. »Ich habe dich bis zum Son- nenaufgang bewacht, und du hast keinen Muskel ge- rührt.«
    Ich drehte mich zu ihm um und schob mich nahe an ihn heran. »Richtig.«
    »Ich gehe also davon aus, dass die Probleme, die dein Schlafwandeln verursacht haben, sich gelegt haben.«
    Ich nickte vorsichtig. »Ich kann bei mir selbst nie sicher sein«, meinte ich. »Aber ich glaube, es ist vorbei.« An dieser Stelle wollte ich aufhören. Ich versuchte es. Aber ein Mann, der stundenlang bei dir sitzt, um sicherzustel- len, dass dein Schnarchen sich nicht irgendwann in Schüs- se verwandelt, verdient ein wenig mehr für seine Mühen. Also versuchte ich, das, was ich über die Träume gelernt hatte, in Worte zu fassen: »Ich musste, wollte, mich wei- terbewegen. Aber ich konnte es nicht, weil ich wusste, dass ich damit Matt loslassen müsste. Ich denke, deswe- gen war er in meinen Träumen immer ein Vampir. Weil er in dieser Form genauso wenig weiterleben wollte wie Jes-
se. In gewisser Weise wäre es am Ende leichter gewesen, mich von ihm zu verabschieden, wenn er sich verwandelt hätte.«
    Vayl nickte nüchtern. »Die Art, wie die Menschen uns verlassen, ist sehr wichtig. Vielleicht sollte das nicht so sein. Tot ist tot. Aber das Wie und Warum machen für die Überlebenden einen großen Unterschied.«
    Und ich bin eine. Das hat David mir gesagt. Nun erin- nerte ich mich auch wieder an Evies Worte: »Man kann nicht ewig weinen, irgendwann merkt man, dass es nicht mehr hilft.« Ich hatte genug geweint. Die Zeit der Trauer war vorbei. Denn ich wusste: Matt hätte gewollt, dass ich nun glücklich wurde. Doch eines musste ich Vayl noch klarmachen: »Ich werde Matt immer lieben. Manch- mal werden mich bestimmte Dinge an ihn erinnern. Und manchmal werde ich ihn vermissen. Wenn ich bereit bin, mich auf einen anderen

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