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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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genommen hatte. Es konnten Hunder-
te, wenn nicht sogar Tausende von Leben davon abhän- gen, dass ich heute Nacht Pengfeis Aufenthaltsort heraus- fand, und mein Gespür hatte sich nicht mehr gemeldet, seit …
    »Hey, Moment mal.« Ich zeigte auf Vayl als hätte er et- was falsch gemacht. »Du glühst nicht.«
    »Ich …« Er blickte an sich herab, als wüsste er nicht, ob er seinen Körpergeruch überprüfen oder nach Blasen su- chen sollte. »Wie bitte?«
    »Ich kann deine Kraft nicht wahrnehmen. Ich kann dich überhaupt nicht spüren. Du bist für mich wie ein großes, schwarzes Loch!« Ich erhob mich, während die Angst in dichten Wellen durch meine Brust spülte. Dann streckte ich die rechte Faust aus und schüttelte sie in seine Rich- tung. »Den Ring spüre ich auch nicht. Normalerweise ist da eine Wärme an meinem Finger, besonders wenn du in der Nähe bist. Was zur Hölle ist mit mir los?«
    Cassandras Stimme drang dröhnend an mein Ohr: »Hör mir zu, Jasmine.«
    »Was denn?«
    »Ich glaube, die Magie des Medaillons unterdrückt dein Gespür. Nimm es ab.«
    Leichter gesagt als getan, wenn es in einem engen Kleid unter einer langen Perücke versteckt ist, in der auch noch ein Übersetzungsdraht verflochten ist. Was für ein Mist. Doch sobald ich es abgelegt hatte, durchströmte mich Erleichterung. Ich spürte die vertraute, gemächliche Brandung von Vayls kalter, kontrollierter Kraft. Jetzt konnte ich auch wieder besser sehen, als wäre ich mitten in der Nacht mit Sonnenbrille rumgerannt und hätte ge- rade erst daran gedacht, sie abzunehmen. Mit dem Me- daillon in der Hand ließ ich mich in den Sitz fallen und stützte die freie Hand gegen das Polster. So hoffte ich, das
Gleichgewicht zu halten, als das Boot scheinbar anfing zu schwanken. Doch stattdessen flüsterte es: »Pengfei.« Aber nicht laut genug. Diesem leisen Murmeln würde ich nie den ganzen Weg bis zu seinem Ursprung folgen können.
    Also lehnte ich mich über den Rand des Bootes und starrte ins Wasser. Ich wusste genau, was ich nun tun muss- te, war aber unsicher, wie ich das Thema ansprechen soll- te. Vayl hatte sich schon beim ersten Mal mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, und damals hatte er es dringend gebraucht.
    »Ich spüre, dass die Zeit knapp wird«, sagte ich und starrte weiter, fast schon hypnotisiert, auf die kleinen Wellen, die durch die Bewegungen des Bootes entstanden. Schließlich riss ich meinen Blick los, mit dem Gedanken, dass Vayls Augen nicht viel anders waren. Tiefe Seen, in denen man sich für immer verlieren konnte, wenn man es wollte.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Ich kann sie spüren, aber es reicht nicht aus. Ich muss diese Fähigkeit verstärken. Und ich kenne nur einen Weg, um das zu tun.«
    Sein Blick wurde scharf und konzentrierte sich ganz auf mich. »Du meinst, ich soll dein Blut nehmen.«
    Vielstimmiges scharfes Luftholen, als unsere Mann- schaft reagierte. Ich hatte schon fast vergessen, dass sie uns hören konnten.
    »Jawohl. Und bevor wir die nächsten zwanzig Minuten damit verbringen, über die moralischen Aspekte dieser Sache zu diskutieren, gib doch einfach zu, dass ich Recht habe, dass es eine großartige Idee ist und dass wir dadurch eine Menge Leben retten könnten.«
    Seine Präsenz, die sich als konstantes Summen in mei- nem Hinterkopf manifestierte, nahm an Intensität zu. Es
war so, als hätte meine Bitte ein riesiges Schloss in seinem Inneren gesprengt und eine quietschende alte Tür geöff- net, wodurch er nun von dem wahren Blut seiner Persön- lichkeit erfüllt werden konnte. Einen Moment lang spürte ich das ganze Ausmaß seiner Kraft. Sie wirbelte aus ihm hervor wie ein Tornado und beleuchtete einzelne Bilder wie Blitze. Ich sah das Labyrinth aus Wut, Schmerz und Gewalt, das er auf dem Weg von seinem tiefen Fall bis zu mir bezwungen hatte. Seine Stärke und Zielstrebigkeit beeindruckten mich. Ich erkannte seine Hingabe an den Job, seine Leidenschaft für die Gerechtigkeit. Und die Hoffnung, dass er seine Jungs eines Tages wiedersehen würde, die allem anderen Form und Richtung verlieh. Beim Allmächtigen, wenn man seine Essenz in Ton oder Öl festhalten könnte, hätte man ein wahres Meisterwerk. Und dann, ebenso plötzlich, wie es hervorgebrochen war, zog es sich wieder zurück. »Also gut«, sagte er, und die Nuancen, die er nicht in Worte fassen konnte, machten seine Stimme rau.
    »Wow«, flüsterte ich und kämpfte darum, bei klarem Verstand zu bleiben. Er hatte so eine Art,

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