Man lebt nur ewig
Schnecken bestellt.«
Vayl und ich hockten eng zusammengedrückt neben dem Wohnmobil wie zwei Klatschtanten im Beautysalon. »Hast du das gehört?«, zischte ich.
»Natürlich habe ich das gehört. Ich bin schließlich ein Vampir!«
»Willst du jetzt schnippisch werden?«
»Vielleicht. Aber wenn, liegt das nur daran, dass ich Fra- gen nicht mag, bei denen die Antwort auf der Hand liegt.«
Ach, wirklich? »Denkst du das Gleiche, was ich gerade denke?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wir müssen uns diese Catering-Frau schnappen. Mit ihr auf die Jacht gehen. Nachsehen, ob Lungs Tagesver- steck irgendwo an Bord ist. Und ein paar Kameras instal- lieren.«
»Scheint so, als hätte ich das Gleiche gedacht wie du.«
»Nein, hast du nicht. Denn in Wirklichkeit habe ich gedacht, dass ich dir eine Frage stellen muss.«
»Und welche wäre das?«
»Meinst du, wir sollten Ziegenbart fragen, wo wir die Catering-Frau finden können?« Ich schenkte ihm ein un- schuldiges Lächeln, als er die Augenbrauen so heftig zu- sammenzog, dass sie sich an der Nasenwurzel begegne- ten.
»Ich werde dich nie wieder an meinen kleinen Launen teilhaben lassen.«
»Sollen wir Bergman fragen, ob er uns ein paar Kameras fertig macht?«
»Jasmine!«
»Und vielleicht diese schlauen Kommunikationsgeräte rausholt, damit wir uns auch noch unterhalten können, wenn wir in verschiedenen Räumen landen?«
Es passierte so plötzlich, dass ich keine Chance hatte zu reagieren. In der einen Sekunde starrte Vayl mich böse an und war sprachlos vor Empörung, und ich fühlte mich selbstgerecht und überlegen. Im nächsten Moment waren
seine Lippen auf meinen. Nur eine kurze Berührung der Lippen, gefolgt von einem schnellen Rückzug. Aber die Geste an sich machte mich atemlos.
»Das wird dich lehren, einen Vampir zu weit zu trei- ben«, sagte Vayl, und seine heisere Stimme stand in star- kem Kontrast zu der Strenge in seinen Augen. Die Worte, zusammen mit diesem Blick, erinnerten mich sofort an unsere vierte gemeinsame Mission.
Wir hatten den Auftrag bekommen, einen Vampir na- mens Leonard Potts auszuschalten, der ein kleines Ver- mögen damit gemacht hatte, andere seiner Art in die Vereinigten Staaten zu schmuggeln. Es ist für Andere so schwierig, legal einzuwandern, dass Artenschmuggel ein ziemlich blühender Geschäftszweig geworden ist. Aber es ist kein Vergehen, das mit dem Tod bestraft wird. Es sei denn, man versorgt seine Kunden mit unschuldigen Zivi- listen, die als Snack nach der Landung dienen. Um ehrlich zu sein, wäre selbst das wahrscheinlich ein lokaler Zwi- schenfall geblieben, wenn Potts nur Obdachlose und den ein oder anderen verirrten Touristen benutzt hätte. Doch als er sich die Tochter eines Kabinettsmitglieds schnappte, brachte er sich damit einen Fahrschein nach Smokesville ein - ohne Rückfahrkarte.
Als wir uns darauf vorbereiteten, Potts in seinem Haus in Connecticut zu stellen, warnte Vayl mich, es ruhig an- gehen zu lassen. »Ich verstehe nicht, warum du es vor- ziehst, unsere Ziele in Rage zu bringen, bevor wir sie aus- löschen, aber in diesem Fall würde ich es begrüßen, wenn du ein wenig Selbstkontrolle übst. Potts ist bekannt für seine Feigheit. Er wird sich wahrscheinlich leicht ergeben, solange du ihn nicht reizt.«
Ich ging mit den besten Absichten rein. Aber als ich sah, wie er auf dem Sofa lag und David Letterman schaute,
während einige seiner Kunden das Mädchen aussaugten, als sei sie ein Erdbeershake, konnte ich mich nicht beherr- schen.
»Er gehört mir«, knurrte ich und überließ Vayl die hungrigen Vampire, während ich mich auf Potts ein- schoss, der sich gerade von der Couch erhob. Er war der erste Vampir, der bei meinem Anblick Angst zeigte.
»Was ist nur mit dir los?«, fragte ich ihn und schubste ihn zurück auf das Sofa. »Es gefällt dir wohl, wehrlose Frauen zu schikanieren?« Ich schubste ihn noch mal, fest genug, dass er rückwärts von der Couch fiel. Als er auf- stand, wirkte er genervt. Es war mir egal. Hinter mir hör- te ich Kampfgeräusche. Ich ging davon aus, dass Vayl ge- winnen würde, aber auch darüber machte ich mir keine weiteren Gedanken.
»Wer sind Sie?«, wollte Potts wissen. »Was machen Sie in meinem Haus?«
»Wir sind nur so vorbeigekommen, auf der Suche nach ein bisschen Action«, erklärte ich.
»Sieh her«, ich hielt die Hände hoch, »keine Waffen. Also komm schon, du großer, tapferer Vampir. Zeig mir, wie böse du sein kannst.«
Er sprang über die
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