Man lebt nur ewig
ziehen und zum Hinterausgang des Zelts zu schieben.
Ich blieb stehen und richtete meine 38er auf Pengfei. Sie schrie Lung auf Chinesisch an, während sie zwei Wurf- sterne aus ihren Taschen zog. Als sie ausholte, schoss ich auf sie, und sie wurde zur Seite geschleudert. Sie hatte es jedoch noch geschafft, einen der Sterne zu werfen, der
sich in Vayls Oberschenkel grub. Das brachte ihn so weit aus dem Gleichgewicht, dass sich sein Griff um Lung lo- ckerte, der sich daraufhin losriss und Pengfei schnappte.
Inzwischen hatten die Flammen auf das gesamte Zelt- dach übergegriffen. Es konnte jeden Moment herunterfal- len, und dann würden wir gut durchgebraten. Cole und Bergman rannten rückwärts auf den Vorderausgang zu und brüllten: »Raus hier! Raus hier!« Preston und Cas- sandra konnte ich nirgendwo entdecken, was wohl hieß, dass sie bereits weg waren.
Ich rannte zu Vayl, der sich den Wurfstern aus dem Bein gezogen hatte. Das Blut sprudelte in regelmäßigen Schü- ben aus der Wunde, durchnässte seine Hose und hinterließ eine konstante Spur, als ich ihn hinter die Bühne und aus dem Zelt schleifte. Dort erwarteten uns Cole und Berg- man, Letzterer mit den Wohnmobilschlüsseln in der Hand.
»Hilf mir mit ihm«, sagte ich zu Cole, als ich Vayl zur Kaimauer führte. Wortlos schob Cole eine Schulter unter Vayls Arm. Meine Sorge verstärkte sich, als Vayl zuließ, dass er ihm half.
»Ist es in Ordnung, wenn ich das Wohnmobil um- parke?«, fragte Bergman.
»Sobald du uns den Erste-Hilfe-Kasten gebracht hast.«
Nachdem er das erledigt hatte, schaffte Bergman un- ser provisorisches Hauptquartier aus der Reichweite des Feuers, während Cole und ich versuchten, die Blutung unter Kontrolle zu bringen. Wenn der erste Schritt darin besteht, deinem Patienten einen Gürtel um den Ober- schenkel zu schnallen, steht es nicht gut um das Projekt.
»Hat dir in deinem ganzen langen Leben nie jemand gesagt, dass du nichts rausziehen sollst, das in dir steckt?«, zischte ich, während Cole den Gürtel festzog und ich den Mullverband auflegte.
Vayl antwortete nicht, doch ich spürte, wie sich sein Bein unter meiner Hand anspannte. Ich hielt es für eine Reaktion auf die Schmerzen, bis Cole sagte: »Vielleicht solltest du nicht den blutenden Kerl anschreien, der gera- de den verrückten Drachentyp von deiner hellseherischen Freundin runtergeholt hat, Jaz.«
»Oh Gott.« Ich schaute von Vayl zu Cole und wieder zurück. »Ich habe mich in meine Mutter verwandelt. Schnell, schau nach, habe ich verbitterte Nörgelfalten um den Mund?« Ich drehte den Kopf hin und her, damit sie besser sehen konnten.
»Ich lebe schon lange genug, um den Unterschied zwi- schen aufrichtiger Sorge und kleinlichem Gejammer zu erkennen«, sagte Vayl. Er lehnte seine Stirn gegen meine. »Und jetzt beruhige dich. Diese Blutung ist lediglich das Ergebnis meiner Weigerung, auf die Jagd zu gehen. Das Blut lebender Spender scheint eine gewisse Eigenschaft zu verlieren, wenn es abgepackt wird. Ich werde mich wie- der erholen, Jasmine, und zwar wesentlich schneller als jeder Mensch.« Um seine Augen bildeten sich feine Fält- chen. »Und die Sorge in deinem Gesicht zu sehen, war die Wunde wert.«
Als der Gürtel schließlich gelöst werden konnte und der Mullverband weiß blieb, saßen wir drei Seite an Seite auf dem Gehweg, den Rücken an die Mauer gelehnt, und sa- hen zu, wie die Feuerwehrmänner das letzte Wasser auf die qualmenden Überreste unseres Zelts spritzten. Was für ein Desaster. Doch es hätte wesentlich schlimmer kommen können.
Cassandra kam zu uns und schloss sich uns an. Durch den Rauch und die Kälte hatte sich ihr Outfit in Lumpen verwandelt. Ich sah an meinem eigenen Kostüm herab. Jawohl, ich ähnelte einer dieser bedauernswerten Seelen,
die aus den Trümmern einer Erdbebenregion geborgen werden. Doch während ich mich fühlte, als wäre ein Teil von mir noch immer unter einem Kühlschrank einge- klemmt, wirkte Cassandra, als hätte ihre gute Fee ihr gerade gesagt, dass sie ein neues Ballkleid und gläserne Schuhe bekommen sollte.
»Das Zelt ist völlig zerstört«, teilte sie uns fröhlich mit. »Aber im direkten Umfeld wurde nichts beschädigt. Es war unglaublich, wie schnell die Feuerwehr hier war. Jeri- cho sagt, sie gehören zu den Besten im ganzen Staat.«
»Wer ist Jericho?«, fragte Vayl müde.
»Der SWAT-Kerl«, erklärte Cassandra. »Jericho Pres- ton.«
Ich streckte die Hand aus, damit Cassandra sie abklat- schen
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