Man lebt nur zweimal
gäbe. Sie freute sich so riesig über ihre perfekte Inszenierung, dass sie ganz aufgeregt war vor Glück. Ich brachte es einfach nicht übers Herz, ihr diese Freude zu nehmen. Ich ließ sie in dem Glauben, dass ich ihr die Story abkaufte, und zwar mit allem Drum und Dran. So hatte nicht nur ich immer schöne Geschenke zu Weihnachten, sondern auch meine Mutter bekam ständig eines von mir, von dem sie allerdings nichts ahnte.
Kurz vor dem Erreichen der Volljährigkeit klärte ich sie dann auf. Man muss eben wissen, wann eine Lüge ausgedient hat.
FILM IST KRIEG
»Film ist nicht lustig. Film ist Krieg. Ein 100 Millionen Dollar Stahlgewitter.«
So oder ähnlich ist mein Text in Rossini , dem Helmut Dietl-Film, der 1997 ein großer deutscher Kinoerfolg wurde und in dem ich den Filmproduzenten Oskar Reiter spiele.
Reiter schlittert in diesem Film in der Tat von Schlachtfeld zu Schlachtfeld.
Da steht kurz vor Drehbeginn der Banker auf der Matte und will sein Geld zurück, es droht eine feindliche Übernahme, die ganze mediengeile Schauspielerbagage und Produzentenschickeria überbietet sich gegenseitig an Intriganz und Durchtriebenheit. Auch wenn der Film gnadenlos überzeichnet – ausnahmslos harmonisch geht es wirklich nicht zu in der deutschen Filmbranche. Für nettes Geplauder und christliche Nächstenliebe sind die Summen, die in dem Business gehandelt werden, wohl schlicht zu groß.
Dass einem kurz vor Drehbeginn der Geldhahn zugedreht wird, das habe ich sogar selbst schon einmal miterleben müssen. Wenn auch ein paar Nummern kleiner als in Rossini .
In dem Gangsterdrama Harms habe ich ja nicht nur die Titelrolle, sondern, wie schon erwähnt, gemeinsam mit Niki Müllerschön auch die Produzentenrolle übernommen. Als Geldgeber hatten wir schon lange vor der Fertigstellung des Drehbuchs einen Mann mit an Bord, der eigentlich im internationalen Filmverleih tätig war. In dieser Rolle hatten wir ihn auch kontaktiert. Doch nachdem wir ihm die Geschichte des Films erzählt hatten, war er so begeistert, dass er beschloss: »Ich steige ein!«
Mit der Summe, die er beizusteuern bereit war, hätten wir den Film drehen können. Wir hatten dementsprechend noch keine anderen Geldgeber im Boot. Also fuhren wir auch als Erstes zu ihm, als das Drehbuch fertig war.
Wir hatten uns für einen Montagmorgen in seinem Büro verabredet. Niki und ich lachten und scherzten während der Fahrt dorthin. Im Autoradio sang Bob Dylan Don’t think twice , und ich freute mich auf die bevorstehenden Dreharbeiten. Endlich loslegen.
Am Buch arbeiten war das eine. Das hatte Spaß gemacht. Aber das Drehen war noch mal eine völlig andere Nummer. Wir hatten alle Leute selbst gecasted. Das Team war handverlesen. Mit so vielen guten Leuten einen Film zu machen, von dem wir wirklich überzeugt waren – was Besseres konnte einem eigentlich kaum passieren.
Die erste Fassung des Drehbuchs hatten wir unserem Geldgeber auch schon vorgelegt. Was uns von seinen Anmerkungen ganz gut erschien, hatten wir sogar übernommen. Wir wollten der anderen Seite schließlich signalisieren, dass wir sie ernst nahmen. Jetzt ging es also noch um die letzten Details und vor allem mussten wir dem Kollegen von der Finanzseite sagen, wohin er das versprochene Geld überweisen sollte.
In seinem Büro wurden wir in einen Raum verfrachtet, wo wir erst Mal eine Weile auf den Herrn warteten. Wie übrigens jedes Mal, wenn wir mit ihm verabredet waren. Meine Einstellung zur Pünktlichkeit ist ja bekannt. Man brachte zwischenzeitlich zwei Latte Macchiato »für die jungen Männer« und schokolierte Kekse.
Als er irgendwann erschien, redeten wir eine Weile, was man halt so redete: Wetterwiederbesser …jasoeinGlück …, gesternSpielKölngegenDüsseldorfauchgesehen …, Eurokriseschlimmschlimm, blablabla, jaja.
»Gutes Buch«, begann er endlich. Niki und ich nickten erst uns an und dann ihn.
Ich rieb mir die Hände und sagte:
»Dann kann’s ja endlich losgehen!«
Dabei fing ich schon mal dezent an, in meiner Hosentasche nach dem Zettel zu suchen. Ich hatte mir doch die Verbindung für das Konto, das wir eigens für das Filmprojekt eingerichtet hatten, irgendwo notiert.
»Gutes Buch, zumindest in weiten Teilen«, setzte er seine Kritik fort.
»Was heißt das?«, wollten Niki und ich fast synchron wissen. Er erzählte uns dann das eine oder andere über die Geschichte, die ja eigentlich wir entwickelt hatten. Er erzählte uns etwas über das Gangstergenre im
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