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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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groß soll denn die Wahrscheinlichkeit sein, dass wir Sie beide – bis aufs letzte Wort genau – gleich missverstanden haben?« Welche Minustemperaturen erreicht flüssiger Stickstoff? Das Raumklima jedenfalls war nun auf diesem Level angekommen.
    Der Herr grinste vor sich hin. Ich weiß nicht, ob er noch über meine Aussage nachdachte, jedenfalls sagte er nichts.
    Niki und ich schwiegen ebenfalls. Unser Kaffee war auch kalt.
    Schließlich setzte er uns das Messer an die Brust. Entweder wir tanzten nach seiner Pfeife, oder aber unsere komplette Finanzierung würde zusammenbrechen. Und das drei Wochen vor Drehbeginn. Der Obergau. Das Büro war angemietet. Das ganze Team war schon mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die Kostüme hingen bereits auf der Stange, die Locations waren angemietet und so weiter.
    Vermutlich stellten Niki und ich gerade ähnliche Rechnungen im Kopf an: Es war drei Wochen vor Drehbeginn. Die Leute standen auf der Matte. Wir mussten für alles aufkommen. Ob der Film nun gedreht würde oder nicht. Mit einer fünfstelligen Summe wären wir locker dabei. Jeder. Aber was noch viel schlimmer war: Man riss die ganzen Leute mit rein. Die sollten sowieso schon unter Extrembedingungen für uns arbeiten. Wir hätten sie alle wieder ausladen müssen. Viele hatten andere Engagements für unseren Film abgesagt. Jeder Einzelne von ihnen rechnete mit dem Geld, es war so schon wenig genug.
    Wie gesagt, wir hatten diesen Geldgeber ursprünglich nur kontaktiert, weil wir jemanden für den internationalen Vertrieb brauchten. Er sollte später helfen, den Film weltweit in die Kinos zu bringen. Ursprünglich war da ja von einem Investment überhaupt gar keine Rede gewesen. Erst auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin hatten wir ihn als Geldgeber an Bord genommen.
    Nachdem er uns zugesagt hatte, sich mit einer stattlichen Summe an dem Film zu beteiligen, hatten wir sofort aufgehört, nach weiteren Finanziers zu suchen. Denn von dem Geld konnten wir, wenn wir zusätzlich mit Rückstellungen arbeiteten, den Film ganz gut herstellen.
    Die Erfahrung mit diesem Herrn war aber nur eine von vielen im Zusammenhang mit unserer Produktion. Jeden Tag flatterten irgendwelche Hiobsbotschaften ins Produktionsbüro. Mal hatte ein Darsteller die Grippe, dann wurde uns ein besonders wichtiger Drehort gecancelt. Es war für Niki und mich nicht einfach, uns auf unsere Hauptaufgaben zu konzentrieren. In seinem Falle war das die Regie: Das hieß, für alles, was am Drehort passierte, verantwortlich zu sein. Für jeden ein offenes Ohr zu haben und vom kleinsten bis größten Problem alle zu lösen. Meine Aufgabe war, die Haupt- und Titelrolle zu spielen. Die Leitfigur, die Lokomotive, an der alles hing. Wenn die Person Harms nicht funktionierte, würde es der Film schon zweimal nicht.
    Auch ohne unseren Geldgeber ist der Film fertig geworden. Und das Resultat kann sich, wie ich finde, sehen lassen. Von dem Geldgeber haben wir uns noch am gleichen Tag getrennt. Niki und ich waren – wie immer – einer Meinung.
    FILME MÜSSEN FRAUENAFFIN SEIN
    Vermutlich war der Plot ja auch nicht »frauenaffin« genug. Oder das, was die Leute sich unter diesem nervigen Modebegriff vorstellen. Heute müssen alle Filme frauenaffin sein. Wie ich es liebe, dieses Marktforschungs-Gequatsche.
    Ich bin auch ziemlich frauenaffin.
    Dieses Wort geistert jetzt schon seit einer ganzen Weile durch die Film- und Fernsehwelt. Als hätten Frauen früher nicht ferngesehen. Es wird auch gerne verwendet, um ein Thema abzulehnen oder eine gute Ausgangsidee im Nachgang zu verwässern.
    Ursprünglich haben uns das die Marktforscher eingebrockt, die herausgefunden haben, was Frauen wirklich wollen. Das sind dann angeblich so Themen wie Familie, Gesundheit, Mode und Kosmetik. Und die Liebe natürlich, ein Dauerthema.
    Ich frage mich, wer diesen Unsinn ermittelt. Und erinnere mich, dass die Kumpels, die früher bei der Marktforschung gejobbt haben, diese Bögen oft selbst ausgefüllt haben. Weshalb Marktforschung zwar immer etwas herausfindet, aber nicht, was die Leute wirklich denken. Sondern nur das, wovon die Marktforschungsmitarbeiter denken, dass die Leute es denken.
    Ich finde es natürlich nicht verkehrt, Filme zu machen, die Frauen gefallen. Ich weiß nur nicht, ob man das geschlechtlich trennen sollte. Die Verantwortlichen sollten sich vornehmen, gute Filme zu machen. Die gefallen dann nämlich Männern und Frauen. Ich fürchte, wo so viele Männer arbeiten wie im

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