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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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einmal kam Werner Herzog ins Studio marschiert, der zufällig in München war und seinen Freund Volker besuchen wollte. Nach ausführlichem Begrüßungs-Zeremoniell hockte sich Herr Herzog mit nach hinten und gab auch noch seinen Senf dazu. Nach dem ersten Take, für den wir in dieser Konstellation eine knappe Stunde brauchten, sagte ich leise zu Otto: »Da kann man ja fast von Glück reden, dass Fassbinder schon gestorben ist, sonst hätten wir fünf Regisseure.«
    Ich sprach zwar leise, aber diese Mikrofone sind unglaublich sensibel. Die deutschen Autorenfilmer auch, fürchte ich. Ich habe nämlich nicht mehr viel von ihnen gehört. Weder an dem Tag selbst, noch was Folgeaufträge betraf. Aber meine Meinung zum deutschen Autorenfilm ist ja bekannt. Insofern gibt es Schlimmeres.
    Am anstrengendsten sind Sexszenen und Karatefilme. Da muss man so viel ächzen und stöhnen, dass irgendwann der Kreislauf kollabiert.
    Bei den Pornofilmen tauscht man auch schon mal die Partner. Ich meine, man tauscht mit seinem Partner vor dem Rohr die Rollen. Die Partner in den Filmen tauschen natürlich sowieso dauernd ihre Partner. Ach Quatsch, ich erkläre das anders.
    Im Synchronstudio stehen zwei Schauspielerinnen und zwei Schauspieler vor dem Mikrofon. Es wird ein Pornofilm synchronisiert. Genauer gesagt, eine Szene, in der es zwei Paare wild miteinander treiben. Da die Damen und Herren auf der Leinwand nichts anhaben und sich mitunter sehr ähnlich sehen, muss man verdammt aufpassen, das man »seinen« im Gewühl nicht verliert. Schwierig wird es, wenn Haarfarbe, Frisur und Pornobalken (also Schnauzer) identisch sind. Dann muss man sich andere Merkmale suchen. Der mit den Socken, der mit der Tätowierung. Wenn nichts anderes geht, bleibt noch die Größe des Werkzeugs.
    Nun kommt es vor, dass man kräftig auf einen Rücken stöhnt, der sich umdreht und man sieht, dass es der Falsche war. Dann stupst man seinen Partner an und gibt ihm ein Zeichen, weiterzumachen. Den Frauen geht das natürlich genauso. Es ist sowieso sehr lustig, die Schauspielerinnen beim Synchronisieren von Pornofilmen zu beobachten. Sie sitzen dann im Studio auf einem Stuhl oder Sofa und warten, bis sie dran sind. Viele vertreiben sich die Wartezeiten mit unterschiedlichsten Dingen. Einige stricken oder häkeln beispielsweise. Dann werden sie von der Cutterin aufgerufen: »Tina, im nächsten Take bist du dran.« Sie legen ihr Strickzeug zur Seite gehen ans Mikrofon und stöhnen: »Ja, fick mich, du Sau!!« Dann gehen sie wieder zurück zu ihrem Stuhl, schnappen sich das Strickbesteck und stricken weiter am Strampler für den Filius.
    Im Sommer holen sich die Mädchen beim Synchronisieren von Pornos ganz gerne Eis in der Waffel. Passt perfekt zu den Lauten beim Oralverkehr. Ich hab die Damen oft heimlich beobachtet. Dabei hatte ich stets ein ambivalentes Verhältnis zu der Szenerie. Einerseits war es lustig. Anderseits auch ein bisschen erschreckend. Während die Damen bei Melodramen mitunter Schwierigkeiten hatten, ihre Rolle zu finden, fiel ihnen das Vortäuschen von Orgasmen vergleichsweise leicht.
    Aber auch Karatefilme sind alles andere als leicht verdientes Geld.. Wenn man den ganzen Tag im Studio steht und:»Hoooha, heiiitaaa!! Haaaajaaaa. Shaaakkkkaaa. Hoooo!« macht, weiß man abends, was man getan hat. Ich kann nicht sagen, was anstrengender ist: einen Porno zu stöhnen oder einen Kunstfilm zu synchronisieren, bei dem sich hinten die Intellektuellen wegen jeder Silbe in die Haare kriegen. Das Schlimmste wäre wohl ein japanischer Kunstfilm mit Karate und Bums-Szenen.
    MEIN BEITRAG ZUR DEUTSCHEN FERNSEHUNTERHALTUNG
    Ich werde ja auch ständig in irgendwelche Shows eingeladen. Spielshows oder Talkshows oder was weiß ich für Shows. Manchmal sind das wirklich interessante Runden mit guten Gästen, die was zu sagen haben. Hin und wieder wundere ich mich aber auch ein bisschen, was die Leute an bestimmten Konstellationen so interessant finden. Und warum es das Publikum unterhält, fremden Menschen, die gähnend langweilig sind, beim Quasseln zuzuhören. Die erzählen dann Storys, die man im Bekanntenkreis eher unter den Tisch fallen ließe – weil sie schlicht zu banal sind. Ich nehme mich da selbst gar nicht aus.
    Die Absprachen kann man sich in etwa so vorstellen: Meine Agentur weiß, wann ich auf Promo-Tour gehe für neue Filme, Bücher oder Projekte und signalisiert den Redaktionen gegenüber eine grundsätzliche Offenheit für alle Formen von

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