Man nehme: dich und mich
Karten gereicht hatten, dann sagte sie: “Ich meinte unsere Geschäftsbeziehung.”
Auch das Speisenangebot stammte eindeutig aus den Fünfzigern. Hackbraten. Schnitzel. Gulasch und Kartoffelbrei. Damit es keine Missverständnisse gab, war neben jedem Gericht ein entsprechendes Foto abgebildet. Nett.
“Was willst du?”, fragte er.
“Weg von hier”, murmelte sie, schaute aber doch noch in die Karte. “Ich hätte mich gar nicht erst darauf einlassen sollen.”
“Warum nicht?”
“Es fühlt sich einfach nicht richtig an. Schon die ganze Zeit nicht. Wenn ich in die Küche komme und du mich nicht beachtest, weiß ich nicht, ob du nur viel zu tun hast oder noch sauer auf mich bist. Und natürlich sollte mir das egal sein – ist es aber leider nicht. Und es wäre sogar verständlich, wenn du noch sauer bist, aber was soll ich machen? Mehr als entschuldigen kann ich mich ja schließlich nicht.”
Ihm fielen da auf Anhieb noch andere Arten der Wiedergutmachung ein, aber auf die würde sie sich nie einlassen.
Warum legst du ihr nicht einfach die Hand aufs Knie?, fragte seine lüsterne innere Stimme. Du könntest den Rock ein Stück nach oben schieben und –
Quatsch. Halt den Mund. Verdammt, seine Libido …
“Wie bitte?”
Oh nein, jetzt hatte er auch noch laut gedacht. Hoffentlich hatte er nach “Quatsch” aufgehört. “Äh, nichts, ich …”
Zum Glück kam in dem Moment die Kellnerin, um ihre Bestellung aufzunehmen.
“Wir hätten gerne eine Flasche Wein”, sagte er.
“Weißen oder roten?”
“Frankie?”
“Roter ist okay. Nein, weißer. Warte, doch roten.” Sie stützte die Stirn auf die Hand. “Ach, was weiß ich.”
“Wir nehmen von beidem eine Flasche”, bestimmte Nate und bestellte sich den Hackbraten.
“Zwei Flaschen sind viel zu viel”, wandte Frankie ein.
“Dann such dir eine Farbe aus. Was isst du?”
“Auch den Hackbraten. Also roten.”
Aus dem Augenwinkel sah Nate, wie ein großer Mann mit zwei blonden Kindern im Schlepptau den Diner betrat. Die Kinder wollten am Tresen sitzen, also hob der Mann das kleinere Mädchen auf einen Barhocker, während die Größere allein raufkrabbelte.
Schnell schaute Nate weg, als er den vertrauten Schmerz in der Brust spürte. Hörte das denn nie auf? Jedes Mal dasselbe, wenn er Kinder sah: Bedauern, eine vage Sehnsucht.
Sogar im
White Caps
war er jetzt vor Kindern nicht mehr sicher, weil zwei Familien dort Ferien machten.
“Nate?”
Er bemerkte, dass Frankie ihn fragend ansah. “Was?”
“Was ist nun also mit unserer Geschäftsbeziehung?”
Nachdem die Kellnerin den Wein gebracht und er eingeschenkt hatte, holte er tief Luft. “Ganz ehrlich? Ich habe schon immer meine Probleme mit Leuten gehabt, die den Chef rauskehren – und du bist wirklich ein Kontrollfreak. Also werden wir uns wohl immer wieder in die Haare geraten.”
“Aber ich habe mich doch entschuldigt!”
“Ja, ich weiß, und das ist nett von dir. Aber es ändert nicht viel, oder?”
Sie funkelte ihn ärgerlich an. “Und wieso sind wir dann heute hier?”
Weil er ein Masochist war? Himmel, diese Frau sah zum Anbeißen aus, wenn ihre blauen Augen so blitzten.
Als der Salat gebracht wurde, nahm sie zwar die Gabel in die Hand, doch er sah, dass sie die Blätter nur hin und her schob.
“Was hast du für ein Problem mit Autorität?”, fragte sie.
“Dasselbe wie jeder, nehme ich an. Ich mag es nicht, wenn man mir sagt, was ich tun soll.”
“Aber wenn dein Chef recht hat?”
“Wenn er recht hat, wusste ich das vorher schon und muss es nicht gesagt bekommen. Und wenn er falsch liegt, verschwendet er nur meine Zeit.”
“Das ist ziemlich arrogant.”
“Du beschwerst dich doch schon die ganze Zeit über mein Ego, also überrascht dich das sicher nicht.”
Beinah hätte sie gelächelt, doch sie beherrschte sich im letzten Moment. “Aber Henri hat gesagt, dass er dir völlig freie Hand gelassen hätte, weil er dich unbedingt behalten wollte. Du hättest niemanden über dir gehabt. Wieso bist du trotzdem gegangen?”
“Weil ich trotzdem immer nur sein Nachfolger gewesen wäre. Er hat das
La Nuit
groß rausgebracht, also hätte ich mir nie einen eigenen Namen machen können.”
“Willst du denn berühmt werden?”
“Ich möchte respektiert werden. Und etwas haben, das nur mir gehört. Deshalb will ich mit Spike zusammen mein eigenes Restaurant aufmachen.”
“Und New York ist deine erste Wahl.”
“Ja.”
Sie schob ihren Teller weg und schaute
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