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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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ihn der verdutzten Frau Hoffmann zu reichen und zu sagen: «Sie fliegen ja auch erster Klasse, Frau Hoffmann. Danke für alles.»
    Ich hatte die Idee gehabt, weil mir auf dem Flug nach Detroit aufgefallen war, wie unwohl sich Frau Hoffmann gefühlt hatte. Zuerst schien mir die bevorstehende Begegnung mit ihrem Sohn der Grund zu sein, dann aber war mir klar geworden, dass ihr Zustand auf einer Mischung aus Klaustrophobie und Flugangst fußte. Ich dachte, in der ersten Klasse wäre das leichter zu ertragen, nebenbei konnte ich so meine Bonusmeilen für einen guten Zweck auf den Kopf hauen. Jedenfalls war das der Moment, in dem Frau Hoffmann mich in der VIP-Lounge umarmte und eine ganze Weile nicht mehr losließ.
    Wenige Tage später schloss Tommi mich unweit dieser Stelle ebenfalls in seine Arme. Wir hatten gerade Sophie und Jennifer zum Gate gebracht, ein paar Tränen vergossen oder verdrückt, je nach Naturell, und die beiden für ein Jahr nach Detroit entlassen. Wem der Abschied schwerer fiel, kann ich schlecht beurteilen. Ich erinnere mich aber, dass Jenny und Sophie sich auf dem Weg zum Sicherheitscheck ganz selbstverständlich an den Händen fassten. Ein schönes Bild, fand ich und hoffte in diesem Moment sehr, sie würden eine gute Zeit miteinander haben.
    Als die beiden aus unserem Sichtfeld verschwunden waren, begann Tommi unvermittelt auf mich einzureden. Er sei damals überfordert gewesen, als Sophie von ihren lesbischen Neigungen erzählt habe. Er sei mir ewig dankbar für meine damalige Reaktion und natürlich auch für meine Bemühungen mit Frau Hoffmann. Überhaupt sei die Art und Weise, wie ich die Sache schließlich geregelt habe, ganz, ganz toll. Kurzum, er sei glücklich, mich in der Familie zu wissen.
    Dann schlang Tommi einfach die Arme um mich.
    Hinter seinem Rücken sah ich das Gesicht von Lisa. Es war ihr Nun-hab-dich-nicht-so-Gesicht. Da meine Exfrau eine tolle Tochter hat und früher mal die Frau war, die ich geliebt habe, erwiderte ich also Tommis Umarmung. «Schon okay», sagte ich und klopfte ihm sacht auf die Schulter. Seitdem bete ich zu Gott, dass wir nicht Freunde werden müssen.
    Die Trennung von seiner Frau ging an Dr.   Raakers nicht spurlos vorüber. Er meldete sich zunächst eine Weile krank, nahm dann noch ein paar Tage Urlaub und kehrte schließlich an seinen Arbeitsplatz zurück, ohne auch nur ansatzweise arbeitsfähig zu sein. Ein grober Fehler in der Quartalsbilanz nahm Görges zum Anlass, Raakers zu einem ernsten Gespräch zu bitten. Der gelobte Besserung, die jedoch nicht eintrat, und wurde dann obendrein von einem Mitarbeiter in einer Schwulenbar gesehen. Das Gerücht, der prüde Finanzvorstand des Unternehmens wäre wahrscheinlich schwul, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Raakers reichte noch in derselben Woche seine fristlose Kündigung ein und machte dummerweise das Gerücht damit zur Tatsache.
    Görges, ganz Pragmatiker, versuchte nun offensiv, mich für den Posten des Vorstandsvorsitzenden zu gewinnen und gleichzeitig Raakers als Finanzvorstand zurück ins Boot zu holen. «Ich bin sicher, die Eigentümer wollen keinen Schwulen als Vorsitzenden eines konservativen Blattes. Deshalb ist Raakers aus dem Rennen. Wenn es allerdings um das Finanzressort geht, dann ist es mir persönlich scheißegal, ob er auf Dreitagebärte oder kurzgeschorene Schafe steht.»
    «Sind Schafe jetzt doch wieder erlaubt?», warf ich ein, und Görges amüsierte sich.
    «Oder sehen Sie das anders?», fragte er.
    «Nein. Wir sind da völlig einer Meinung», erwiderte ich.
    «Gut. Dann lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln.»
    Ich krempelte also die Ärmel hoch und verbrachte den Sommer mit Arbeit. Mit viel Arbeit. Raakers überzeugte ich davon, dass er im Unternehmen gebraucht würde, außerdem war ich der Ansicht, er müsse sich der Situation stellen. Er nahm diesen Rat zum Anlass, in schwarzer Ledermontur im Verlag zu erscheinen. Glücklicherweise passierte das an einem Samstag, weshalb nur ein paar Mitarbeiter vom Reinigungsservice erschreckt wurden. Raakers und ich einigten uns anschließend darauf, dass er sich zunächst mit Hilfe einer Gesprächstherapie an seine homosexuelle Identität herantasten und sich ansonsten unauffällig verhalten würde.
    Görges wollte, dass ich mir von sämtlichen Abteilungen des Verlages ein Bild machte. Ich verschaffte mir also Klarheit über die laufenden Projekte, über geplante Titel, über Abverkaufszahlen, über die Pro-Kopf-Umsätze in den einzelnen

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