Man tut, was man kann (German Edition)
Schamski, inzwischen stolzer Besitzer eines Stents, daraufhin gefragt. Auch er packte seine Sachen, um den Sommer in einer Klinik an der Ostsee zu verbringen. Dort wollte er ein paar Kilo abnehmen, sich das Rauchen abgewöhnen, eine Sportart für sich entdecken und idealerweise ein Verhältnis mit einer jungen Ärztin anfangen. Wie ich später erfuhr, nahm Schamski im Laufe des Sommers zwei Kilo zu. Er wechselte außerdem die Zigarettenmarke, wurde leidenschaftlicher Boule-Spieler und schlief mit einer Kardiologin. Zumindest befand er sich also beim Sex unter ärztlicher Aufsicht.
Jutta und Bronko ließen es tatsächlich ruhig angehen, zumindest auf dem Hinflug nach Shanghai. Dort angekommen, verbrachten sie eine ganze Woche im Flughafenhotel, verließen kaum das Bett, und mehr als einmal wurden ihre Orgasmen für Geräusche startender Jets gehalten.
Günther und Iggy gingen für ein paar Monate in die Staaten. Die CIA zeigte sich großzügig und gewährte Günther ein beachtliches Salär für seine Dienste. Außerdem mietete man für die beiden ein Haus in Manhattan, wie sich später herausstellte nicht Manhattan, der berühmte Stadtteil von New York, sondern Manhattan, die nicht sehr berühmte Kleinstadt in Kansas. Günther und Iggy nahmen es gelassen, New York wäre ihnen sowieso zu anstrengend gewesen, außerdem fanden sie in Kansas viele neue Freunde, wenngleich sie ein paar auch sofort wieder verloren, meist in Folge von Gesprächen über die Evolutionstheorie. Meinen Hinweis, dass es von Kansas aus idealerweise gleich weit zum Pazifik und zum Atlantik wäre, fanden Iggy und Günther übrigens unisono nicht witzig.
Iggy verkaufte ihre Anteile am Pan Tao für unwesentlich mehr als den Gegenwert einer warmen Mahlzeit an Ken, der zu Lin zog und im Pan Tao eine Dependance seiner irischen Softwareschmiede aufmachte. Ken investierte außerdem in die Qualität der Speisen und Getränke und rettete den Laden damit vor dem Bankrott.
An dem Tag, als Frau Hoffmann ihren Schreibtisch räumte, überließ ich Engelkes mein Büro. Ich dachte eigentlich, dem Moment seines vorläufig größten Triumphes beizuwohnen, aber er wirkte merkwürdig gedämpft. Engelkes, frischgebackener Ehemann und bald Vater, zeigte bei dem Gedanken, plötzlich ganz allein für fast fünfhundert Mitarbeiter verantwortlich zu sein, offenbar dann doch Nerven.
«Kann ich Sie eigentlich anrufen, wenn es nötig ist?»
«Lieber nicht. Das hier ist jetzt Ihr Job.»
Er nickte, vielleicht wurde ihm in diesem Moment bewusst, dass er in den vergangenen Monaten in jeder Beziehung ein ganz schönes Tempo hingelegt hatte. Jetzt musste er eben mit den Konsequenzen klarkommen.
«Jedenfalls viel Glück», sagte ich und kümmerte mich dann darum, Frau Hoffmann in den Ruhestand zu entlassen. Die hatte schon Wochen zuvor zu verstehen geben, dass sie keinen Wert auf große Abschiedszeremonien legte. Allenfalls ein Glas Sekt im Stehen, mehr Aufhebens wollte Frau Hoffmann definitiv nicht um ihre Person machen.
Ich überlegte lange, ob ich ihren Wunsch einfach ignorieren und ein großes Fest für sie organisieren sollte. Vielleicht übte sie sich ja nur in Bescheidenheit, dachte ich. Dann aber wurde mir klar, dass Frau Hoffmanns Wunsch eigentlich war, das Ende ihrer beruflichen Laufbahn so zu zelebrieren, wie sie auch in den vergangenen Jahrzehnten ihren Job erledigt hatte, nämlich ruhig, diskret und ohne Aufsehen zu erregen.
Ich tat ihr also den Gefallen und begleitete sie an ihrem letzten Arbeitstag zum Flughafen, um sie zu verabschieden, als würde sie nur eine kleine Dienstreise antreten und nicht zu ihrer Familie nach Detroit fliegen, um dort ein neues Leben anzufangen.
Vielleicht wunderte sich Frau Hoffmann dann doch ein wenig, dass ich nicht einmal für ein Glas Sekt im Büro gesorgt hatte. Wenn es so war, ließ sie es sich nicht anmerken. Selbstredend wollte ich Frau Hoffmann nicht einfach so gehen lassen. Zum Abschied hatte ich Champagner in der Erste-Klasse-Lounge organisiert, die sie zunächst zögerlich und mit sichtlichem Respekt betrat.
«Wundert mich, dass wir hier überhaupt reinkommen», lächelte Frau Hoffmann, sichtlich erfreut über meine Idee, das luxuriöse Ambiente und den guten Tropfen.
«Warum?», fragte ich unschuldig.
«Na, eigentlich kommen doch hier nur Passagiere der First Class rein.»
Wesentlich besser hätte die Situation sich kaum entwickeln können, denn nun brauchte ich lediglich einen Umschlag aus der Tasche zu ziehen,
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