Management - von den Besten lernen
der einen Großteil seiner Energie für die Förderung junger Künstler aufwendet, sich aber gleichzeitig nicht zu fein war, von seinen Protegés und Schülern zu lernen.
Was kann man nun bezogen auf das Management von Camille Pissarro lernen? Was hier an Pissarro und den ihm verbundenen Künstlern illustriert wurde, ist etwas, das man in allen Disziplinen, gesellschaftlichen Bereichen und natürlich auch in der Führung von Organisationen sehen kann: die Bedeutung von Vorbildern , Mentoren , Lehrern und vertrauensvollen Gesprächspartnern .
Doch man muss differenzieren, denn längst nicht alle Menschen, die Großes geleistet haben, konnten oder wollten auf Mentoren und Lehrer zurückgreifen. Viele haben sich völlig eigenständig entwickelt. Auch auf Gesprächspartner legten nicht alle einen gesteigerten Wert. Selbst Cézanne war über weite Strecken seines Lebens ein ausgesprochener Einzelgänger, für den Pissarro eher die Ausnahme von der Regel war. Vorbilder hingegen, und das geht aus zahlreichen Biografien hervor, hatte nahezu jeder.
Aus diesem Kapitel ist das die erste und vielleicht wichtigste Lehre: Vorbilder waren und sind für viele große Persönlichkeiten eine treibende Kraft . Üblicherweise wird dies einseitig darauf bezogen, dass Jüngere sich Ältere zum Vorbild nehmen, was sicher auch der Regelfall sein dürfte und ja auch für das Verhältnis zwischen Cézanne und Pissarro gegolten hat. Pissarro zeigt uns aber gleichzeitig, dass eine Lehrer-Schüler-Beziehung auch umgekehrt ausgerichtet sein kann, hat er sich selbst doch nachhaltig vom neoimpressionistischen Stil des eine ganze Generation jüngeren Seurat inspirieren lassen.
Auch wenn nicht alle Großen die Möglichkeiten, die ein Mentor eröffnet, nutzten, kommen doch die wenigsten ganz ohne Lehrer oder Förderer aus. Selbst Michelangelo hatte die Familie der Medici und sechs Päpste, die ihn förderten, insbesondere auch Papst Julius II., der ihm mit anspruchsvollsten Aufgaben große Chancen bot. Dass der Papst Michelangelo zumindest phasenweise eher gehasst haben muss (und anders herum), ist ein anderes Thema, gefördert hat er ihn in jedem Fall.
Jack Welch wies immer wieder auf die Wichtigkeit hin, die die Mentoren bei seiner eigenen Karriere und in seinem Leben gehabt haben. Dabei streicht er einen wichtigen Punkt heraus: „ Anscheinend suchen die Menschen immer den einen richtigen Mentor, der ihnen bei ihrem beruflichen Aufstieg helfen soll. Aber aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es nicht einen richtigen Mentor gibt. Es gibt viele richtige Mentoren .“ 109 Eine Erfahrung, die viele Sportler, Künstler, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer und Politiker bestätigen würden.
Als dritte Lehre sollten Sie sich merken, dass auch die Bedeutung von inspirierenden Gesprächspartnern keinesfalls unterschätzt werden darf. Für viele Künstler, mit denen Pissarro in Verbindung stand, war er weder Lehrer noch Mentor, vielleicht noch nicht einmal Vorbild, sondern eher ein vertrauensvoller und, wenn nötig, kritischer Gesprächspartner. Das mag alltäglich erscheinen, ist aber spätestens dann bemerkenswert, wenn man das hohe Niveau berücksichtigt, auf dem er den Kontakt und insbesondere auch die konstruktiv-kritische Auseinandersetzung suchte.
Die Diskussionsrunde um Édouard Manet und auch die von Pissarro mitinitiierte Runde der Impressionisten pflegten jenen kritischen Dialog, wie ihn auch wirksame Führungskräfte suchen und wie er in gut geführten Beiräten stattfindet. Ganz schlicht formuliert: Die Besten suchen sich Kritiker . Sie wollen, dass man ihre Positionen, Ansichten und Theorien infrage stellt, da sie wissen, dass man nur durch diesen kritischen Dialog zu solchen Lösungen gelangt, die in der Sache besser sind. Ob diese Funktion, wie in der Wirtschaft häufig, ein Beirat oder Aufsichtsorgan erfüllt, oder ob ein informeller Gesprächskreis beziehungsweise geschätzte Freunde dies leisten, ist dabei zweitrangig, für die Sache ist eine derartige Runde an sich schon höchst wertvoll. Kompetente Führungskräfte stellen sich bewusst diesem kritischen Dialog.
Wichtig ist, dass diese Menschen unabhängig sind, das waren ja auch die Kreise, die sich Pissarro suchte. Dieser unabhängige Rat kann nicht nur für die Organisation sehr wertvoll sein, bei praktisch allen Großen der Geschichte können Sie in den Biografien nachlesen, dass sie stets bestimmten Menschen ein besonderes Vertrauen entgegenbrachten und bei ihnen eine
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