Management - von den Besten lernen
Zweiten Weltkrieg hatte kaum jemand derartig viele und wichtige Personalentscheidungen zu treffen wie er. Die Treffsicherheit seiner Entscheidungen trug maßgeblich zum Sieg der Alliierten bei und führte nicht zuletzt auch dazu, dass er sich als Einziger im Kreis von Roosevelt, Churchill und Stalin als gleichberechtigt respektierter Partner etablieren konnte. Unter Berücksichtigung der Grundprämissen, die Sie bei Jack Welch kennengelernt haben, ging er zumeist nach folgendem Schema vor:
1. Schritt: Das Assignment durchdenken
Marshall durchdachte immer sehr gründlich die Assignments. Als Assignment bezeichnet man jene Schlüsselaufgabe, die für die nächste überschaubare Periode die höchste Priorität hat. Eine solche Periode wird häufig 15 bis 24 Monate umfassen, was aber nur zur groben Orientierung dienen soll, weil ihr genauer Umfang immer vom jeweiligen Auftrag abhängt. Ganz allgemein kann man erfahrungsgemäß die folgenden anderthalb Jahre recht gut überblicken. Während die Stelle und die Stellenbeschreibung für eine lange Zeit unverändert bleiben können, verändert sich das Assignment häufiger. Die Stellenbeschreibung definiert die Aufgaben, die aufgrund von organisatorischen Gesichtspunkten in dieser Stelle zusammengefasst sind und von denen man erwartet, dass sie von dieser Stelle auf unbestimmte Zeit zu erfüllen sind. Hiermit sind aber noch keine Prioritäten verbunden, denn diese werden erst mit dem Assignment definiert. Wichtig ist, dass durch das Assignment eine Konzentration erfolgt, weshalb auch möglichst wenige Schwerpunktaufgaben vom betreffenden Mitarbeiter zu erledigen sein sollten. Im Idealfall wird ihm nur ein Assignment zugewiesen; je mehr es sind, desto größer ist die Gefahr der Verzettelung.
2. Schritt: Immer mehrere Kandidaten in Betracht ziehen
Marshall achtete darauf, immer mehrere Kandidaten in Erwägung zu ziehen, wobei sein Hauptaugenmerk immer darauf lag, dass Person und Assignment zusammenpassten. Nicht ob Person und Stelle im allgemeinen Sinne zusammenpassen, sondern ob der Kandidat in Bezug auf den konkret anstehenden Schlüsselauftrag der geeignete ist, war die Frage. Hier liegt in der heutigen Praxis der Unternehmensführung häufig das Problem, denn das Konzept, Stellen mit Blick auf konkrete Assignments zu besetzen, ist immer noch nicht überall verbreitet. Wo es hingegen konsequent angewendet wird, entstehen innerhalb relativ kurzer Zeit leistungsstarke Einheiten und Organisationen.
3. Schritt: Leistungsausweise studieren
Da Leistung nur auf der Basis von Stärken entstehen kann, versuchte Marshall immer, die Stärken der Kandidaten herauszufinden. Gerade George Patton ist hierfür ein hervorragendes Beispiel: Für Marshall und Eisenhower war 1942 klar, dass man Pattons Stärken in der Truppenführung für das unmittelbar anstehende Assignment im Rahmen der Operation Torch (Landung in Marokko und Algerien) brauchen würde und dass diese Fähigkeiten auch in der Folgezeit von besonderer Wichtigkeit sein würden. Dies bestätigte sich später unter anderem in der Operation Overlord bei der Landung in der Normandie.
Seine eingangs erwähnten Schwächen interessierten Marshall nur insofern, als er die Person eben nicht dort einsetzte, wo diese Schwächen von Relevanz gewesen wären. Damit konnte er gelegentliche Entgleisungen von Patton zwar nicht verhindern, was die britische und amerikanische Presse natürlich aufgriff, er konnte den Schaden aber begrenzen. Vor allem aber konnte Marshall auf diese Weise sicherstellen, dass die jeweilige Schlüsselaufgabe mit höchster Kompetenz vom am besten geeigneten Mann der US-Armee erfüllt wurde.
4. Schritt: Mit ehemaligen Mitarbeitern und Vorgesetzten der potenziellen Kandidaten sprechen
Marshall war der Ansicht, dass er die besten und zuverlässigsten Informationen über die Person aus informellen Gesprächen mit Vorgesetzten und Kollegen erhalten könnte, weswegen er immer mit diesen Personen sprach, bevor er eine Personalentscheidung traf.
5. Schritt: Sicherstellen, dass die ausgewählte Person das Assignment verstanden hat
Für Marshall war es von allergrößter Bedeutung, dass die Person das Assignment 100-prozentig verstanden hatte, weshalb er hierauf besonderes Augenmerk legte. In der Praxis hat es sich bewährt, den ausgewählten Kandidaten das Assignment zunächst gründlich durchdenken und es dann schriftlich niederlegen zu lassen. 100 Tage später stellte man diese Zusammenschrift des Assignments noch
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