Manche Maedchen raechen sich
Aardant im Türrahmen. Ich bemerkte ihn zuerst. Seine Nase schien verheilt zu sein, aber irgendwie sah sie jetzt schief aus. Lexi diskutierte gerade mit Marianne, weil die sich auf dem Tisch derart breitmachte, dass für Lexis Sachen kein Platz mehr war.
Aardant schaute in unsere Richtung. Und dann starrte er Lexi an. Die beschwerte sich gerade bei Marianne und versuchte, sich etwas Platz auf dem Tisch zurückzuerobern. Plötzlich wurde Aardant abgelenkt und sein Blick wanderte in die hinteren Reihen. Auf einmal war das Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden. Während er an uns vorbeiging, schaute er wieder zu Lexi und das war der Moment, in dem sie ihn bemerkte.
Ich konnte spüren, wie sie zitterte, als ihre Blicke sich trafen. Dann verschwand er aus unserem Sichtfeld. Dreh dich nicht um, betete ich innerlich. Noch mehr Schüler strömten ins Klassenzimmer und ich war froh, dass wir nicht länger allein waren.
Fünf Minuten später hatte M r Steele seinen großen Auftritt.
„So, Leute, jetzt ist Schluss mit lustig. Das Schuljahr ist fast vorbei. Nun wird sich zeigen, wer von Ihnen zukünftig zur Elite und wer nur zum oberen Durchschnitt gehören wird. Wenn ich jetzt um Ihre letzten Aufsätze bitten dürfte? Und damit meine ich auch: jetzt.“
Er ging nach hinten und fing an, unsere Arbeiten einzusammeln. Normalerweise hätte ich mich umgedreht und den armen Schweinen zugegrinst, die ihre Hausarbeiten vergessen hatten, aber im Augenblick schien mir das keine besonders gute Idee zu sein.
„Ihre Hausarbeiten bitte, meine Damen.“
M r Steeles Hand tauchte plötzlich vor uns auf. Ich zog meine Hausarbeit aus der Plastikhülle und gab sie ihm.
„Vielen Dank, Miss Boans. Miss Gutenberg?“
Lexi streckte ihm ihre Arbeit entgegen.
„Danke, Miss Gutenberg. Ich bin beeindruckt, dass Sie während Ihrer Therapie noch Zeit dafür hatten. Geht es Ihnen besser? Schön. Miss Jones?“
Marianne sah schlimmer aus denn je. Sie starrte M r Steele an und wurde weiß wie ein Gespenst.
„Ic h … ich hab sie zu Hause. Auf meinem Computer. Ich bin nur durcheinandergekommen, weil ich heute normalerweise gar kein Englisch hätt e …“
„Keine Ausreden, Miss Jones. Ein bisschen mehr Organisationstalent darf ich ja wohl erwarten, erst recht von Ihnen, meiner besten Schülerin. “
Ich zuckte zusammen. Diese Bemerkung war wie ein Schlag ins Gesicht.
„Vielleicht habe ich irgendwo noch einen Entwurf in meinem Ordner“, sagte Marianne kleinlaut.
M r Stelle wartete geduldig, während Marianne einen anderen dicken Ordner aus ihrer Tasche zog und hastig darin zu blättern begann.
Auf meinen Knien unter dem Tisch balancierte ich einen weiteren sauber getippten, druckfrischen und akkurat gestapelten Aufsatz. Ich hatte für alle Fälle noch eine zweite, komplett andere Arbeit geschriebe n – für Lexi. So wie es aussah, hätte ich mir um sie keine Sorgen zu machen brauchen. Sondern um Marianne.
Ich schob Lexi die Arbeit unter dem Tisch zu. Sie schaute mich fragend an. Ich warf einen bedeutungsvollen Blick auf Marianne. Lexi nickte kaum merklich.
„Komm, Marianne, ich helf dir beim Suchen“, sagte sie und nahm Marianne vorsichtig den Ordner ab. Dann ließ sie ihn fallen. Als der übervolle Ordner auf den Boden knallte, flogen Hunderte loser Blätter heraus.
„Oh, tut mir leid!“, rief Lexi und bückte sich, um die Blätter wieder einzusammeln. Marianne schaute entsetzt auf das Chaos, das Lexi angerichtet hatte.
„Oh, Mari, hier ist sie ja!“
Lexi hielt Marianne meine Hausarbeit unter die Nase. Marianne riss sie ihr aus den Händen und betrachtete die Titelseite. Dann überreichte sie M r Steele stumm den Stapel Papier.
„Danke“, sagte M r Steele kühl. „Auch für die höchst unterhaltsame, dramatische Showeinlage.“
Er schaute auf das Deckblatt.
Wir hielten die Luft an.
„Da fehlt Ihr Name“, sagte M r Steele nach einer gefühlten Ewigkeit und gab ihr die Arbeit zurück.
„Verzeihung, Sir“, antwortete Marianne und ließ den Kopf hängen. „Ich habe Ihnen doch gesagt, es ist nur ein Entwurf.“
Hastig kritzelte sie ihren Namen auf die Vorderseite. M r Steele fischte die Arbeit vom Tisch und legte sie zu den anderen auf den Stapel.
Mariannes Blick streifte mich kurz und ich zwinkerte ihr zu. Sie sollte wissen, dass ich ihr verziehen hatte.
„Vielen Dank. Dann schlagen Sie jetzt bitte Ihre Bücher auf. Falls Ihnen die Probeklausuren schon zu schwer waren, werden Sie in den Prüfungsklausuren
Weitere Kostenlose Bücher