Manche Maedchen raechen sich
zielen.
Ich wollte sie beschützen. Und darum dachte ich, dass es das Beste wäre, auf sie zuzurennen und sie zu umarmen.
„Was ist denn mit dir los?“ Sie stieß mich weg.
„Nichts“, formten meine Lippen, aber es kam kein Ton heraus.
Marianne rieb sich die rechte Hand und verzog kurz das Gesicht. Als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete, ließ sie die Hand sinken.
„Was hast du denn?“, fragte ich und sah auf ihre Hand, doch sie verbarg sie schnell hinter dem Rücken.
„Nichts.“
Das war keine befriedigende Antwort. Also griff ich nach ihrem Arm und zog ihn hinter ihrem Rücken hervor. Marianne schaute weg.
„Wer war das?“
Auf ihrem Handgelenk leuchtete ein roter Abdruck. Jemand mit viel Kraft und viel Wut musste sehr fest zugedrückt haben.
„E r … er war’s“, sagte sie schließlich. Sie wollte seinen Namen aussprechen, aber sie brachte ihn einfach nicht über die Lippen. „Er hat mir vor der Mädchentoilette aufgelauert. Er muss mir hinterhergeschlichen sein.“
„Hat euch jemand beobachtet?“
„Was glaubst du denn? Selbst wenn ich die Leute fragen würde, die in der Nähe gewesen sin d – von denen würde doch jeder behaupten, er hätte nichts gesehen.“
„Warum hat Aardant das gemacht?“, fragte ich.
Marianne sah zu Boden.
„Ich glaube, er fand es nicht gerade lustig, das s … Du weißt schon, nach Englisch gestern? Er hat gesagt, dass er mir den Finger bricht, wenn ich das noch mal mache.“
„Aber Aardant ist nicht das Gesetz!“
Marianne lachte.
„Doch, das ist er“, antwortete sie und sah mich eindringlich an. „ Erkenne dich selbst. Belohne dich selbst. Bestrafe dich selbst. Weißt du, warum er nur für eine Woche von der Schule suspendiert wurde? Weil er der Meinung war, dass das eine angemessene Strafe sei. Und sie haben ihm zugestimmt.“
Ich nahm Mariannes andere Hand und zog sie zum Klassenzimmer. Lexi saß schon auf ihrem Platz und wartete auf uns.
„Habt ihr die Probeklausur bearbeitet? Ich konnte alle Fragen beantworten, bis auf die letzte. Ich hab keine Ahnung, was ich da schreiben soll. Hättet ihr was dagegen, wenn ic h …“
„Ist schon gut, Lex“, sagte ich. „Wir sind ja jetzt da. Alles ist gut.“
Lexi verstummte. Tränen rollten ihr über die Wangen.
Ich schaute aus dem Fenster. Auf der Wiese am See lag Neil unter dem alten Eukalyptusbaum und las in einem dicken Lehrbuch. Kurz darauf schleuderte er es auf die Wiese und holte stattdessen einen Comic hervor. Ich verdrehte die Augen und musste grinsen. Doch das Grinsen verging mir schlagartig, als ich mich wieder umdrehte. Daniel Smalls, Jeremy Biggins und Aardant kamen zur Tür herein. Ich war froh, dass M r Chifley direkt hinter ihnen lief.
„Die heutige Stunde dürfen Sie selbst gestalten“, sagte M r Chifley. „Mir ist klar, dass die meisten von Ihnen nur herumlümmeln, quatschen und meine Zeit verschwenden werden, aber selbst wenn sich keiner von Ihnen für Politik interessiert, so sind Sie doch alle an einem Abschluss interessiert, nicht wahr? Bitte holen Sie die Probeklausuren heraus.“
Dieser Fiesling. Ich hasste seinen Unterricht. Ich holte meine Mappe heraus und beugte mich zu Lexi, um zu sehen, welche Aufgabe sie nicht hatte lösen können. Dann spürte ich einen leichten Luftzug. Meine Arbeitsblätter flatterten. Aardant ging an mir vorbei nach vorne. Lexi bebte.
Er stellte sich so vor M r Chifley, dass der uns nicht mehr sehen konnte. Ich schüttelte den Kopf und beugte mich wieder zu Lexi.
Hinter uns fing jemand an zu kichern, aber ich kümmerte mich nicht darum. Wahrscheinlich waren es Kerry Croft und ihre Anhängerinnen, die sich mal wieder über irgendeinen Hinterkopf amüsierten oder über einen Jungen gackerten.
Aber das Gekicher hörte nicht auf. Es kam immer näher, bis ich es direkt in meinem Rücken hörte. M r Chifley lief unterdessen zu Hochform auf. Aardant musste ihm irgendeine tolle Frage gestellt haben. Eigentlich dachte ich, M r Chifley würde die Klasse jetzt mal zur Ordnung rufen, aber dann wurde mir klar, dass unser Politiklehrer das Gekicher überhaupt nicht mitbekam, weil er gerade vollkommen gebannt seiner eigenen Rede lauschte. Jemand tippte mir auf die Schulter.
Hinter mir saß Cathy-Ann Moss. Sie streckte mir einen gefalteten Zettel entgegen und grinste bis über beide Ohren. Ich hätte denselben Fehler kein zweites Mal machen und eine Nachricht von ihr annehmen sollen. Aber ich hatte das heimtückische Funkeln in ihren Augen nicht
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