Manche Maedchen raechen sich
nicht.“
„Dann kann ich nichts für Sie tun. Tut mir leid.“
Dr . Fadden ist so gemein. Und er ist richtig gut darin, mir wehzutun.
„Ich mache Ihnen ein Angebot“, sage ich. „Sie versprechen mir, Neil da nicht mit hineinzuziehen, und ich erzähle Ihnen, was ich weiß.“
„Eliza, so funktioniert das nich t …“
„Doch! Doch, das tut es! Sie müssen nur wollen. Und Sie haben selbst gesagt, dass Sie keiner von diesen gefühlsduseligen Trotteln sind, die sich von irgendwelchem Herz-Schmerz-Scheiß einlullen lassen. Sie sind Wissenschaftler, für Sie zählen nur die Fakten. Also versprechen Sie mir, Neil da rauszulassen, oder ich sage gar nichts mehr und Sie werden mich wegsperren müssen. Das ist mein voller Ernst.“
Ich beuge mich vor und drücke die Aus-Taste. Dann schnappe ich mir die Kassette aus dem Rekorder, zerre das Band heraus und werfe den Bandsalat in die Ecke.
„Glauben Sie mir, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas so ernst gemeint.“
Direktor Hollerings wollte natürlich sofort wissen, wie es zu dem Zwischenfall gekommen war. Ich sagte ihm die Wahrheit. Dass ich Jeremy Biggins hasste wie die Pest und ihm schon seit Monaten eine reinhauen wollte, genauer gesagt seitdem ich ihn in Geschichte auf die Hand geschlagen hatte. Das hätte mich auf den Geschmack gebracht.
Marianne behauptete, sie hätte mich dazu angestachelt und Lexi erzählte, dass sie den Streit überhaupt erst vom Zaun gebrochen hätte. Und alles in allem war das ja noch nicht mal gelogen.
Als Nächstes fragte Direktor Hollerings, ob wir unser Verhalten bedauerten und ob wir ihm erklären könnten, warum wir so gehandelt hätten. Ich behauptete, ich hätte einfach Lust auf eine Schlägerei gehabt. In diesem Fall, verkündete Direktor Hollerings daraufhin, müsse er uns das Recht auf eine selbst gewählte Strafe, so wie es das Motto unserer Schule eigentlich vorsah, verwehren. Erkenne dich selbst. Belohne dich selbst. Bestrafe dich selbst . – Dieses Recht könne für uns nicht mehr gelten, denn schließlich hätten wir auch Jeremy Biggins’ Rechte mit Füßen getreten. Er würde uns also auf ganz klassische Weise bestrafen.
Marianne verlor das Amt als Vorsitzende des Ballkomitees. Sie konnte entscheiden, ob sie freiwillig zurücktrat oder vor versammelter Mannschaft rausgeschmissen wurde. Lexi wurde von der Wahl zur Ballkönigin des Jahres ausgeschlossen. Und weil man mir den Ball nicht mehr verbieten konnt e – dafür hatte ja bereits meine Mutter gesorg t – ereilte mich die fürchterlichste Strafe: Ich wurde mal wieder zum Kantinendienst verdonnert. Außerdem durften wir das Schulgelände bis zu den Prüfungen nicht mehr betreten.
Früher habe ich mir in schillernden Farben ausgemalt, wie es wäre, einmal wegen schlechten Benehmens von der Schule verwiesen zu werden: Wie ein Westernheld sah ich mich mit glänzendem Revolver bewaffnet ins Sonnenlicht hinaustreten und als sepiafarbenes Standbild in die Geschichte eingehen. Vor den Augen aller Schüler wollte ich vom Platz schreiten und ihnen zum Abschied den Finger zeigen.
Aber als Marianne, Lexi und ich noch vor der Mittagspause das Schultor passierten, war es totenstill. Weit und breit war niemand zu sehen. Und wir verschwanden, so schnell wir konnten.
Mariannes Eltern waren stinksauer. Wieder und wieder hielten sie Marianne vor, wie enttäuscht sie von ihr seien, obwohl das an der Situation doch nichts mehr ändern konnte. Marianne ließ das Gezeter einfach stumm über sich ergehen. Zum Glück waren ihre Eltern trotz allem fest überzeugt, dass ihre Tochter den besten Abschluss machen und die Sache irgendwie wieder geradebiegen würde. Wenn sie einmal wirklich großen Mist bauen sollte, hatte Marianne mal gesagt, dann würde sie sich weniger vor der Strafe ihrer Eltern fürchten als davor, dass sie sie danach nicht mehr so lieben würden wie vorher.
Lexis Vater sagte gar nichts. Während Lexi vor ihm stand und alles gestand, sprach er kein Wort. Als sie fertig war und sich schuldbewusst auf der Lippe herumbiss, nickte er bloß. Dann ging er aus dem Zimmer. Lexis größte Angst ist es, ihrer verstorbenen Mutter nicht gerecht zu werden. Sie weiß, dass sie so gut wie versagt hat.
Und meine Mutter? Die war gar nicht da. Sie war mal wieder auf Geschäftsreise. Direktor Hollerings versuchte zwar, sie auf dem Handy zu erreichen, aber sie ging nicht ran.
„Ich komm schon allein zurecht“, versicherte ich ihm. „Ich hab mein Leben lang nichts anderes
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